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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Geldis. Schwindel erfasste sie. Kalter Schweiß perlte von ihrer Stirn. Keinesfalls durfte Ellin in das Innere des Kelches gelangen, der mit einer zähen, klebrigen Flüssigkeit gefüllt war, die jede Bewegung erschwerte und über Stunden und Tage hinweg zuerst die Kleidung, dann die Haut, das Fleisch und schließlich auch die Knochen zersetzte. Wer einmal im Kelch gefangen war, kam aus eigener Kraft nicht mehr hinaus, dazu verdammt, eines langsamen und qualvollen Todes zu sterben.
    Zwecklos , dachte Geldis, hastete zu Kylian zurück, öffnete seine Schwertscheide und zog das Schwert hinaus. Es war schwer, zu schwer für eine alte Frau. Keuchend schleppte sie es zu der gefangenen Ellin, hob es drei Handbreit an und ließ es auf die Tentakel sausen. Eine tiefe Kerbe grub sich in die grünen Schlingen. Gelber Saft quoll hervor. Die Talanis gab einen tiefen, fast unhörbaren Ton von sich, mehr ein vibrierendes Brummen, denn ein wirklicher Laut. Die Schlingen lösten sich und zogen sich zurück. Der Boden vibrierte, die Erdrisse bröckelten unheilvoll. Keuchend zerrte Geldis die regungslose Ellin zurück. Ihr Herz trommelte gegen ihre Rippen, setzte immer wieder einen Schlag aus. Schon erhoben sich weitere Schlingen, krochen wie hungrige Schlangen auf sie zu.
    Kylian, Nuelia und Jesh waren noch immer nicht aus ihrem Dämmerzustand erwacht. Mit verwirrten Gesichtern standen sie da und starrten in eine unbestimmte Ferne.
    Feuer, schoss es Geldis durch den Kopf. Feuer wirkt bei allen Lebewesen und gewiss auch bei diesem dämonischen Gewächs.
    Sie eilte zu den Grej Perlinos, die ohne die Führung ihrer Reiter nervös umhertänzelten, hin und her gerissen zwischen Angst und der Treue zu ihrem Herrn. Hektisch wühlte sie in den Satteltaschen nach den Feuersteinen und humpelte dann an den Rand des Feldes, wo sie trockene Halme aus dem Boden rupfte. Anschließend schnitt sie eine Handvoll kleinere Schlingen ab, was ein leichtes Vibrieren der Königstalanis und einen weiteren Erdrutsch zur Folge hatte. Offenbar waren sämtliche Blumen miteinander verbunden.
    Umso besser, dachte Geldis. Dann werde ich der Dämonensaat mal kräftig einheizen.
    Mit zitternden Fingern schlug sie die Feuersteine aneinander. Funken sprühten und entzündeten die Halme, doch sie pustete zu heftig und löschte die winzige Flamme, anstatt sie zu entfachen. Leise fluchend versuchte sie es erneut. Aus den Augenwinkeln sah sie einen voll beladenen Handkarren am Rand des Feldes liegen. Er war mit Staub und trockener Erde bedeckt. Die Vorderräder hingen in einem breiten Spalt. Daneben lag ein schmutziges Bündel.
    »Geldis?«, rief Kylian.
    »Ich bin hier.«
    »Wo ist mein Schwert?«
    Das Schwert! Sie hatte es bei der Talanis liegenlassen. Mit großen Schritten kam Kylian auf sie zu.
    »Kehr um, es liegt in Nähe des Blütenkelchs«, rief sie ihm entgegen.
    Er warf ihr einen wütenden Blick zu, machte kehrt und rannte zu der Königsblume. Die Schlingen griffen nach ihm, doch er trampelte sie entweder nieder oder wich ihnen aus. »Sie hat Ellin«, schrie er.
    Geldis blickte auf und beobachtete bestürzt, wie die Schlingen Ellin über den Rand des Kelches zogen, der mit wabernden Kontraktionen dabei half, sie hineinzubefördern.
    Sie zwang sich zur Ruhe und konzentrierte sich auf ihr Vorhaben. Um die Talaniskönigin musste sich nun Kylian kümmern. Während sie vorsichtig auf die winzige Flamme blies, erwachten auch Jesh und Nuelia aus ihrer Starre und eilten Kylian zu Hilfe. Gemeinsam schlugen sie auf den Blütenkelch ein, der nun heftig zu vibrieren begann. Grüne Schlingen verschiedenster Größe schoben sich aus den Erdspalten und krochen auf die Uthra zu. Die Risse wurden rasch breiter. An vielen Stellen rutschte die Erde ab. Hektisch versuchte Geldis, die abgeschnittenen Schlingen zu entzünden. Sie kokelten zuerst und glühten dann still vor sich hin, brannten jedoch nicht. Schnell rupfte sie so viel trockenes Gras aus dem Boden, wie es ihr in der kurzen Zeit möglich war, stopfte es um die Blütenkelche herum und legte die glimmenden Schlingen darauf, bis ein kleines Feuer entstand.
    Diesen Vorgang wiederholte sie mehrere Male an verschiedenen Stellen des Talanisfeldes. Kylian, Jesh und Nuelia versuchten derweil, Ellin aus dem Inneren des Kelches herauszuholen. Während Jesh und Nuelia die herannahenden Tentakel durchtrennten, stieß Kylian sein Schwert durch den glatten Blütenkelch. Eine zähe, nach Verwesung riechende Flüssigkeit ergoss sich aus

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