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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Vielleicht ein Omelett? Danach gedünsteten Fisch. Und dazu, meine Liebe, kannst du uns eine Karaffe von dem gelben Lorraner bringen.« Die Bedienstete zog sich zurück, und Karas griff wieder einmal nach meiner Hand.
    »Gefällt es dir, Elloran? Du kannst ab heute hier deine Mahlzeiten einnehmen, wenn du es nicht vorziehst, dir etwas auf dein Zimmer bringen zu lassen.« Er lächelte. »Aber es würde mich freuen, wenn wir auch manchmal gemeinsam speisen könnten; sofern du es ertragen kannst, einem lästigen alten Mann hin und wieder ein wenig Gesellschaft zu leisten ...«
    Ich erwiderte den Druck seiner Finger und lächelte ihn mit echter Zuneigung an. In meinem Hinterkopf hörte ich Leonies warnende Worte, aber ich schob sie unwillig beiseite. Wann war je ein Mensch so gütig zu mir gewesen, seit ich Salvok verlassen hatte – Uliv und seine Frau einmal ausgenommen – und wenn der Kammerherr dabei irgendein eigennütziges Ziel verfolgte, würde ich das schon noch rechtzeitig bemerken und könnte mich immer noch dementsprechend verhalten.
    Die Bedienung brachte unser Essen, und Karas ließ meine Hand los. Ich schob mir mit Genuß eine Gabelvoll von dem köstlich lockeren Pilzomelett in den Mund und probierte dann den dunkelgelben, ölig aussehenden Wein. Der entpuppte sich als ein Getränk von geradezu betäubendem Aroma, viel zu schwer für unser leichtes, spätes Mittagessen. Ich warf Karas einen verwunderten Blick zu und mischte mir den Wein mit sehr viel Wasser, um ihn mir genießbar zu machen.
    Der Kammerherr saß vor seinem Teller und zerpflückte gedankenverloren sein Essen. Die Frau, die uns bediente, kam und nahm meinen leeren Teller fort. Sie blickte auf das pilzübersäte Schlachtfeld, das Karas aus seinem Omelett gemacht hatte, und fragte besorgt: »War das Gericht nicht nach Eurem Geschmack, domu ? Soll ich den Koch kommen lassen?«
    Karas schreckte hoch und fragte: »Was?« Die Dienerin wiederholte ihre Worte, und er sagte begütigend: »Nein, nein, mein Kind. Das Omelett war ganz in Ordnung. Ich habe nur keinen rechten Appetit. Serviere uns nun ruhig den Fisch.«
    Der Fisch kam und war so sanft gedünstet, daß er bei der leisesten Berührung von den Gräten fiel. Dazu gab es in feine Streifen geschnittenen Lauch und buttrige kleine Kartoffeln, die verlockend dufteten. Karas schob seinen Fisch unentschlossen über den Teller, ließ ihn dann unberührt stehen und sprach statt dessen um so eifriger dem schweren, öligen Wein zu. Sein Gesicht war verschlossen und der sonst so weiche, kleine Mund zu einer harten Linie zusammengepreßt. Ich hatte kaum den letzten Bissen hinuntergebracht, da schob er seinen Stuhl zurück und stand auf. Ich beeilte mich, an seine Seite zu kommen, und er sah mich entschuldigend an.
    »Vergib mir meine Unhöflichkeit«, bat er leise, während wir den Raum verließen. Das blieben seine einzigen Worte, bis ich ihn zu seinem Quartier geleitet hatte. Dort legte er seine Hand auf meinen Arm und sagte: »Du wirst es gewiß noch oft bereuen, dich meinen Launen ausgesetzt zu haben. Aber sei versichert, daß ich dich sehr schätze, Elloran. Jetzt geh an deine Arbeit und denke bitte auch an den Schneider. Wir sehen uns morgen zum Frühstück wieder.« Ich wandte mich zum Gehen, da rief er mich noch einmal zurück. »Du kommst doch an der Schreibstube vorbei. Sei so gut, und gib Meister Rowald das hier mit meinem besten Dank zurück. Richte ihm aus, er habe das Bündnis zwischen den Inseln und der Krone gerettet.« Er drückte mir das geheimnisvolle Döschen in die Hand und schloß die Tür.
    Den Rest des Nachmittags verbrachte ich im Arbeitszimmer des Kammerherrn, unterbrochen nur von einer unterhaltsamen Stunde bei Karas' geschwätzigem Schneider, der mich ausmaß wie ein neu auszustattendes Schloß. Meister Rowald, dem ich die kleine Dose übergeben und Karas Worte aufgeschrieben hatte, hatte nur sein meckerndes Lachen ausgestoßen und mir eine der kleinen, grünen Pastillen aus dem Behältnis angeboten.
    »Magenpastillen«, sagte er und schob sich eine davon zwischen die gelben Zähne. »Die Inseln und ihr Botschafter schlagen domu Karas immer sehr auf die Verdauungsorgane!« Wieder lachte er meckernd.
    Ich saß noch lange, nachdem ich mein Protokoll angefertigt hatte, an Karas' Schreibtisch und las alle Aufzeichnungen, die über das Inselreich von Rhûn und Rhan im Archiv aufzutreiben waren. Karas hatte mir durch die Blume zu verstehen gegeben, daß er es begrüßen würde, wenn

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