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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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bist ein richtiger Kindskopf, Elloran.« 

18
    S turmhaven, an der südlichsten Spitze Raulikars, zwischen der S'aavara-See und dem Südozean gelegen, war die größte Hafenstadt der Kronstaaten und hatte in der Vergangenheit wohl am meisten unter der Piraterie S'aavaras und der Inselvölker zu leiden gehabt. S'aavara lag jenseits des Südozeans, aber doch so nah, daß man bei klarem Wetter von den Hügeln aus seine Küste als schmalen grauen Strich erkennen konnte. Sturmhaven war besser gegen feindliche Angriffe befestigt als die Kronstadt selber.
    Gegen Abend ritt ich durch das nördliche Tor und lenkte mein Pferd etwas ratlos durch die nach Salzwasser und Fisch riechenden Gassen. Ich wollte mir zunächst eine Herberge suchen und morgen dann planmäßig damit beginnen, die Stadt zu durchkämmen. Wenn ich doch nur den Schimmer einer Ahnung gehabt hätte, wo ich mit meiner Suche beginnen sollte! Mir schwante, daß der Zeitraum von zehn Tagen dafür zu knapp gewählt war.
    Ich durchquerte ein wenig vertrauenerweckend wirkendes Viertel und gelangte an einen kleinen runden Platz mit einem Brunnen in der Mitte. Dort saß ich erst einmal ab und tränkte mein Pferd, bevor ich mich auf eine steinerne Bank setzte und ermattet die seltsame Brunnenfigur betrachtete: einen riesigen Fisch, der auf seinem wasserspeienden Maul einen Raben balancierte. Das ungewisse Dämmerlicht des grauen Winterabends gaukelte mir sogar vor, daß der Vogel seine Flügel leicht bewegte.
    »Und wie wäre es nun mit einer Begrüßung, wenn du mich lange genug angestarrt hast?« fragte Julians Stimme. Ich zuckte heftig zusammen. Magramanir flog von der Steinfigur auf und setzte sich auf mein Knie. Sie legte den Kopf schief und lachte.
    »Na, du siehst ja toll aus, wolltest du es mal mit meiner Haarfarbe probieren?« spottete Julian. »Ich bin gerührt, Neffe.«
    »O J-Julian, bitte. Ich b-bin nicht zum Scherzen aufgelegt«, rief ich ungehalten. »Ich bin hier, um Nikal zu f-finden.«
    »Ja, sicher«, erwiderte der Zauberer ungeduldig. »Was glaubst du, was ich hier mache, Fische fangen? Ich denke, ich habe seine Spur gefunden. Du bist schon im richtigen Teil der Stadt gelandet, und jetzt suchst du besser nach einer Frau namens Katarin. Sie müßte dir weiterhelfen können.«
    »W-wo, bitte, finde ich sie?« fragte ich müde.
    »Komm mit. Zuerst müssen wir deinen Gaul unterbringen. Willst du ihn verkaufen?« Ich verneinte. »Gut, dann in einem Mietstall. Komm schon, Elloran.« Magramanir flog auf, und ich beeilte mich, in den Sattel zu kommen.
    Der Stall, zu dem Julian mich führte, schien ordentlich und einigermaßen sauber zu sein. Ich ließ mein kleines Pferd schweren Herzens dort zurück, nachdem ich den größten Teil meiner schmalen Barschaft für seine Unterbringung hatte auf den Tisch legen müssen. Bedenklich starrte ich auf die wenigen Münzen, die ich noch besaß, und rechnete mir im Kopf aus, wie lange sie reichen mochten. Schon sehr bald würde ich zusehen müssen, daß ich mir etwas verdiente.
    Magramanir kreischte ungeduldig, und ich schulterte mein Bündel und machte mich auf die Füße. Wir liefen ungefähr eine halbe Stunde durch die nächtlichen Gassen von Sturmhaven, dann hieß Julian mich anhalten.
    »Dort drüben«, Magramanirs Schnabelspitze wies auf ein etwas heller erleuchtetes Sträßchen. Offenstehende Türen, aus denen Licht, Essensgerüche, Musik und laute Stimmen drangen, ließen auf zahlreiche Schenken und Garküchen schließen. Wir waren in der Nähe des Hafens, wahrscheinlich war dies eines der Viertel, wo die Seeleute ihre Heuer ließen. Magramanir pickte mich abschiednehmend ins Ohr und folgte dem verlockenden Fischgeruch. Ich strengte meine Augen an, um herauszufinden, wen sie gemeint hatte. Dann sah ich sie: Eine rundliche junge Frau mit langen, dunklen Locken stand neben einem angetrunken wirkenden Mann, der die weiten, salzbefleckten Hosen eines Seemanns trug. Sie schien irgend etwas mit ihm auszuhandeln. Ihre Stimmen wurden lauter, und ich hörte sie aufgebracht sagen: »Hör zu, Gav! Das ist der Tarif, das weißt du so gut wie ich, und wenn du ihn nicht zahlen kannst, dann hast du eben Pech gehabt. Außerdem bist du besoffen, und ich gehe nicht mit Besoffenen. Schon gar nicht an meinem freien Tag und mit Sicherheit nicht, wenn sie nicht zahlen wollen. Also verpiß dich endlich!«
    Der Matrose fluchte, aber er kehrte zurück in die Taverne, vor der die beiden standen. Die Frau drehte sich um und fragte scharf:

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