Ellorans Traum
auf meine bebenden Finger und murmelte: »Ich komme dir entgegen, als Einführung. Gib mir vier Krontaler für zwei Päckchen. Na? Das ist doch ein Angebot.« Ich hätte fast eingeschlagen, aber der lauernde Blick, der mich traf, hielt mich zurück.
»Zwei Krontaler für z-zwei Päckchen. Ich finde hier sicherlich noch einen anderen, d-der mir das Zeug gerne verkauft.«
Sie stöhnte laut und schlug erbost auf den Tisch. »Also meinetwegen. Weil du ein Freund bist. Aber«, sie beugte sich sehr nah zu mir, »kein Wort darüber zu irgend jemandem, sonst verdirbt mir das hier die Preise!« Ich nickte erschöpft, schob ihr das Geld über den Tisch und nahm die beiden Päckchen in Empfang. Es war mir gleich, was sie denken mußte, hastig riß ich eines davon auf und steckte mir ein Stäbchen zwischen die Lippen. Sie schob mir die Kerze hin und sah mich fast mitleidig an.
»Junge, dich hat es aber erwischt«, sagte sie nüchtern. »Das sieht man nicht oft. Wieviel davon rauchst du am Tag?«
Ich sog den grünen Rauch tief ein. Himmel, Tomas hatte recht, das war ein verflucht gutes Blatt! Ich wartete, bis mein Zittern sich gelegt hatte und zündete ein zweites Stäbchen an.
Tomas betrachtete mich mit beruflichem Interesse. »Ich könnte dir einen guten Preis machen, wenn du immer bei mir kaufst«, sagte sie. »Wenn ich dich so ansehe – ein halbes Päckchen am Tag schaffst du doch bestimmt. Oder sogar mehr?«
Ich nickte müde. Seit ich in Haven war, hatte ich sicher fast ein halbes Päckchen am Tag geraucht. Meine Anfälle kamen jetzt häufiger, und ich fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Vielleicht hatte Jemaina mir doch nicht die ganze Wahrheit gesagt; vielleicht hatte ich nicht einmal mehr zwei oder drei Jahre vor mir.
Tomas grub in einem zierlichen kleinen Beutel, der an ihrer Stuhllehne hing. Sie schob mir vier weitere Päckchen hin und sagte flüsternd: »Hier. Das ist keine Insel-Ware, aber auch ganz anständig. Ich rauche das selber. Gib mir zwei Krontaler dafür.« Ich sah sie erstaunt an und blickte in ein Paar ehrlich mitfühlender Augen.
»Mein Bruder ist ähnlich arm dran wie du«, erklärte sie fast verlegen. »Bei manchen Menschen wirkt das Zeug eben so. Komm, jetzt nimm's schon! Ich kann's mir leisten!« Ich dankte ihr stammelnd und gab ihr die vierzig Pennychs. Sie klopfte auf meine Hand und erhob sich, den Beutel um ihre Schulter schlingend.
»Sei nicht böse, aber ich habe eine Verabredung«, verabschiedete sie sich. »Wir sehen uns sicher mal bei Katarin. Wenn du Nachschub brauchst, weißt du ja, wo du mich findest.« Sie zwinkerte mir zu und ging hüftschwingend zur Tür hinaus.
Ich stopfte das Glückskraut in meine Tasche, ließ mein Bier stehen und verließ das Singende Kamel. Bis zu meinem Treffen mit Nikal blieb mir noch reichlich Zeit. Ziellos wanderte ich durch die nebligen Straßen des Hafenviertels und grübelte darüber nach, wie ich es bewerkstelligen sollte, meinen alten Freund dazu zu bringen, daß er mir aus der Stadt folgte. Verdammnis, wenn er keinen Wert darauf legte, warum ließ ich ihn nicht einfach, wo er war? Ich wußte noch immer nicht genau, was die Leute von der Allianz eigentlich von Nikal wollten. Ihn zu Omelli schaffen, hatte Quinn gesagt – das klang eigentlich nicht besonders freundschaftlich, wenn ich so darüber nachdachte. Ich fluchte und steckte mir ein Stäbchen an. Der Rauch beruhigte mich, und ich sah die ganze Sache schon weniger trüb. Ich würde Nikal einen Grund liefern müssen, warum wir Haven verließen. Wie könnte der aussehen? Erst mußte ich ein wenig mehr darüber erfahren, wie Nik die beiden Jahre hier verbracht hatte. Wenn es denn wirklich zwei Jahre gewesen waren. Laut Julians Auskunft dürfte Nik eigentlich erst im letzten Frühjahr hier in Sturmhaven angekommen sein.
Gegen Abend kehrte ich in eine Garküche ein, entschied, daß Fisch kein Fleisch sei und stopfte mich mit einer Riesenportion gegrilltem Seeferkel voll. Satt und überaus zufrieden machte ich mich auf den Weg zum Gelben Segel.
Moll sah mich eintreten und stellte mir unaufgefordert einen Becher hin. Ich dankte ihr, und sie neigte sich zu mir, flüsternd: »Hör mal, du brauchst doch nicht zu bezahlen, wenn du hier nur Wasser trinkst!« Sie schob mir unauffällig die Münzen wieder zu, die ich ihr gestern gegeben hatte. Ich murmelte einen Dank, und sie tippte mir auf die Hand. »Da kommt dein Freund«, sagte sie und ging beiseite.
Nikal ließ sich einen Becher Wein geben und
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