Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
Vom Netzwerk:
spielst du dieses Spiel hier in Haven? Was bezweckst du damit? Du b-bist so etwas wie ein Verbrecher, nach all dem, was ich über Ruud gehört habe!«
    »Nicht ›so etwas wie‹«, lachte der Magier. »Ich bin das Verbrechen in Haven. Ich kontrolliere diese Stadt, und ich habe nicht vor, es dabei zu belassen. Aber, lieber Neffe, das ist eine verwirrende Geschichte, die zu erzählen einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Du bist schließlich mit unserem mordlustigen gemeinsamen Freund verabredet, der sehr mißtrauisch werden wird, wenn du nicht im Gelben Segel erscheinst. Mit seinem Anteil in der Tasche, versteht sich.«
    Er grinste über mein überraschtes Gesicht und zog eine Schublade auf. Der entnahm er einen schweren, prall gefüllten Lederbeutel und warf ihn mir in den Schoß. Ich zog die Schnüre auf und blickte hinein. Fassungslos sah ich Julian an. Der hob gleichmütig die Schultern und bemerkte: »Verbrechen lohnt sich, Elloran. Nimm es als kleines Taschengeld. Aber an deiner Stelle würde ich es nicht Nikal zeigen, sonst kommt er am Ende noch auf dumme Gedanken. Gib ihm die Fünfzig, die er im voraus wollte und vertröste ihn mit der Bezahlung auf später, wenn er seinen Auftrag erfüllt hat. Das wird er verstehen, er würde nämlich genauso handeln.« Er stand auf, legte mir seine Hand auf den Rücken und sagte, indem er mich zur Tür führte: »Komm wieder hierher zurück, wenn du ihn losgeworden bist. Wir haben viel zu besprechen.«
    »Bis gleich dann«, sagte ich erleichtert und verließ ihn. Mein Kopf war immer noch so leicht und leer, wie er den ganzen Tag gewesen war, und außerdem fühlte ich mich jetzt regelrecht beschwingt. Ich war äußerst gespannt auf Julians Erklärung dieser seltsamen Scharade.
    Nikal hatte sich bereits sinnlos betrunken, als ich im Gelben Segel eintraf. Er hing schlaff an einem Tisch, in der Hand einen Becher mit klarem, starkem Kartoffelschnaps, und lallte: »Wurde auch Zeit, daß du kommst, Bürschchen. Wo ist mein Geld?« Sein Blick verschwamm, und das vom Trinken gedunsene Gesicht war gerötet. Ich zählte ihm schweigend fünfzig Goldychs in Zehnerstücken hin. Er sah mir mit haltlos schwankendem Kopf dabei zu. »Und mein An ... Antei ...«, er rülpste.
    Ich schüttelte den Kopf. »Erst nach Abschluß unseres Geschäftes«, erklärte ich fest. »Ich setze m-mich mit dir in Verbindung.«
    Als ich mich wegdrehte, griff er nach meinem Handgelenk und zog mich zu sich herunter. »Du wirst mich nicht bescheißen«, drohte er. Seine getrübten Augen blickten tückisch, und schaler Atem strich über mein Gesicht. »Bilde dir nicht ein, daß du mich reinlegen kannst, du widerliche Bettwanze!«
    Ich riß mich aus seinem Griff los und fauchte: »Keine Sorge! Du b-bekommst dein Geld. Aber erst, wenn du getan hast, w-wofür ich dich bezahle.«
    Ich drehte mich um und ging hinaus. Ich bemerkte Molls Blick, erwiderte ihn aber nicht. Das Zusammentreffen mit dem Betrunkenen hatte meine vorher so gute Laune stark verdüstert. In dumpfem Brüten wanderte ich zurück zu dem finsteren Gebäude, in dem Ruud residierte.
    Julian wartete auf mich. Er hatte zwei gepolsterte Stühle ans Feuer geschoben und einen Imbiß und eine Kanne mit Wein bereitgestellt. Ich sah auf das Brett mit dem geräucherten Schinken und den dunkelroten Würsten und seufzte. Er schnitt sich ein herzhaftes Stück von dem fettgeäderten Schinken ab und schob mir das Brett hin.
    »Iß, Junge. Das wird noch eine lange Nacht, und du mußt doch bei Kräften bleiben.«
    »Ich d-darf nicht«, murmelte ich.
    Er schnaubte. »Nimm schon. Und vertraue mir ruhig – dein kleines Gesundheitsproblem habe ich im Handumdrehen gelöst.« Ich starrte ihn ungläubig an. Er hob die Brauen und schob mir aufmunternd das Brett näher. Ich zuckte mit den Schultern und griff zu. Es war ja wahrscheinlich ohnehin gleichgültig. Wir lehnten uns beide zurück und sahen in vertrautem Schweigen ins Feuer. Die Stille war behaglich und freundlich. Ich streckte meine Beine aus und fühlte mich neben meinem Freund und Lehrer geradezu unbeschreiblich wohl. Er lächelte knapp zu mir herüber, als habe er das gleiche gedacht und schenkte meinen Becher voll.
    »Es ist schön, dich mal wieder mit menschlichen Augen zu sehen«, brach er nach einer Weile das Schweigen. Ich grinste ihn liebevoll an.
    »Ich war auch schon g-gar nicht mehr sicher, ob d-du nicht Federn und einen Schnabel hast.« Er gluckste. »Erzählst du m-mir jetzt, was das hier alles zu bedeuten

Weitere Kostenlose Bücher