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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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seinen Gemächern. Ich kauerte mich vor das Feuer und rauchte, um meine flatternden Nerven zu beruhigen. Julian kehrte zurück, in seinen Hausmantel gehüllt und setzte sich mit einem Krug Wein in der Hand zu mir.
    Ich legte meine Hände um den Becher, den er mir reichte, und blickte ihn furchtsam an. Er erwiderte meinen Blick mit einem aufmunternden Lächeln und prostete mir zu.
    »W-wie hast du das gemacht?« faßte ich mir ein Herz.
    Er streckte aufseufzend die Beine aus und rutschte tiefer in seinen Sessel. »Ich habe mit Erman getauscht. Das ist nichts anderes als die Gestaltwandlung, die ich an dir vollzogen habe«, erklärte er müde.
    »Tut mir leid, wenn ich dich damit erschreckt haben sollte. Ich hatte ein ungutes Gefühl bei diesem Treffen und wollte auf Nummer Sicher gehen.« Er trank und unterdrückte ein Gähnen.
    Ich saß da und war sprachlos. »Und Erman?« fragte ich mühsam. Er hob die Schultern. »Die anderen in d-dem Zimmer?« bohrte ich weiter. »Daron und Jannin und alle die anderen?« Er schwieg. »Oh, b-bei allen Geistern«, hauchte ich, von Entsetzen geschüttelt. »Ist dir das denn völlig gleichgültig, Julian?«
    Sein abgewandtes Gesicht war versteinert, und seine Hände krampften sich um den Becher, daß die Knöchel weiß hervortraten. »Sie haben versucht, mich zu töten. Es tut mir leid, daß es so gekommen ist, aber ich mußte mich schützen. Erman – das gehört zum Berufsrisiko. Er wußte, daß es für ihn gefährlich werden konnte.« Die Gefühllosigkeit in seiner Stimme erschreckte mich zu Tode. Er wandte mir sein Gesicht zu und starrte mir in die Augen. Das grüne Feuer in ihnen lähmte mich und schmolz meinen plötzlichen Widerwillen gegen den Magier. Seine steinerne Miene erweichte. Er streckte mir seine Hand entgegen. Zögernd ergriff ich sie und erwiderte ihren Druck.
    »Ich hatte keine Wahl, Elloran.« Jetzt hörte ich die Qual, die in seiner gelassenen Stimme mitschwang. »Wir haben eine große Aufgabe, für die auch schmerzliche Opfer gebracht werden müssen. Das verstehst du doch?« Ich nickte betäubt. Er lächelte erleichtert. »Du vertraust mir noch, Neffe?« Ich nickte wieder, diesmal etwas lebhafter. Der Druck seiner Hand verstärkte sich leicht, dann ließ er mich los. Er schenkte mir meinen Becher voll und fragte voller Besorgnis, ob ich auch meine Medizin genommen hätte. Ich griff eilig nach der kleinen Dose und warf drei der Perlen in meinen Mund. Er sah mich wohlwollend an und streckte wieder seine langen Beine zum Feuer. Wir saßen noch eine Weile in friedlichem Schweigen da und tranken unseren Wein.
    »Wann glaubst du, kannst du abreisen?« unterbrach er meine ziellos schweifenden Gedanken. Ich schrak zusammen und blickte ihn fragend an. Er trommelte mit den Fingern auf der Sessellehne und schien nachzudenken.
    »W-warum? Wollten wir nicht gemeinsam reiten?« stammelte ich.
    Er schüttelte bedächtig den Kopf und sah nicht zu mir hin. Seine Finger trommelten einen schwierigen Rhythmus. »Ich kann hier jetzt nicht weg, nicht nach dem, was heute abend geschehen ist. Es wird sicherlich einige Unruhe entstehen, und ich muß mich in der Stadt sehen lassen, falls es Gerüchte über mein Ableben geben sollte. Der Wirt könnte uns große Unannehmlichkeiten bereiten. Er sah uns schließlich in das Hinterzimmer gehen, hat aber nicht bemerkt, daß wir es verlassen haben.« Er runzelte mißvergnügt die Stirn. »Außerdem muß ich einen Ersatz für Erman finden und ihn einweisen. Ich habe da eine, die schon halbwegs darauf vorbereitet ist, aber sie ist nicht in alle Einzelheiten eingeweiht ...« Er verstummte. »Verdammnis, das paßt mir wirklich nicht in den Kram«, murmelte er erbittert. »Gerade jetzt, da wichtigere Dinge anstehen! Ell, du mußt vorausreiten. Ich habe eine schnellere Möglichkeit, zu reisen, bei der ich aber leider keine Passagiere mitnehmen kann. Ich hole dich sicher ein, bis du die Kronstadt erreicht hast.«
    Er sah mich beschwörend an. Ich schluckte und gab mein Einverständnis, und er wirkte sichtbar erleichtert. »Morgen dann?«
    »M-morgen!« 

21
    I n dieser Nacht tat ich kein Auge zu. Es war mir nicht einmal unangenehm; auf seltsame Weise fühlte ich mich gleichzeitig hellwach und dennoch von einer tiefen, fast tranceartigen Ruhe erfüllt. Irgendwann mitten in der Nacht, der Kleine Bruder schien strahlend hell auf mein Bett, stand ich auf und verließ mein Zimmer. Ich ging in das vordere Gemach und entzündete den Kamin. Der Weinkrug, der

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