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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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spinnst, Geliebte.«
    Sie schlug die Hand vor den Mund. Ihre Augen waren weit aufgerissen – vor Verlegenheit über das, was ihr da entfahren war. Ich sah sie dasitzen, das dunkle Gesicht heiß vor Scham und wußte nichts besseres zu tun, als sie zu küssen.
    Ich weiß nicht, wie lange wir dort inmitten des zerstörten Labyrinths saßen und uns küßten und streichelten. Wir konnten nicht mehr voneinander lassen. Es war, als hätten wir jahrelang darauf gewartet und alle Zärtlichkeit für diesen verzauberten Augenblick aufgespart.
    Jemainas Rufen störte uns auf – wir fuhren auseinander, und ich blickte errötend in die amüsierten Augen von Jenkas Tante. »Hier seid ihr«, sagte sie friedlich. »Jenka, mein Schatz, ich habe mir, wie du dir vielleicht denken kannst, ein wenig Sorgen gemacht, als du nicht zurückkamst.«
    Leiser Tadel klang in ihrer Stimme mit. Jenka begann stammelnd, sich zu entschuldigen, aber ich nahm sie heftig in Schutz. »Sie hat mir das Leben gerettet, Jemaina. Bitte, schilt sie nicht!«
    Jemaina wurde sehr nachdenklich, als ich ihr von Julians Versuch, mich auszuhorchen, berichtete. »Du bist noch immer in Gefahr«, sagte sie schließlich. »Ich weiß nicht, ob es nicht doch besser ist, wenn du auf deinem Zimmer bleibst, bis alles vorbei ist.« Ich protestierte heftig, denn trotz des eben ausgestandenen Schreckens hing ich zu sehr an meinem kleinen Traum von Freiheit, als daß ich ihn so ohne weiteres wieder aufgegeben hätte. Jenka versprach, sie würde mich ab jetzt keine Sekunde mehr aus den Augen lassen. Dabei drückte sie verstohlen meine Hand, und ich mußte ein Kichern hinunterschlucken.
    Jemaina seufzte und sah uns an, wie wir da wie gescholtene Kinder vor ihr standen. »Wir werden Leonie fragen«, entschied sie. »Du wirst tun, was sie dir befiehlt, Elloran. Keine Diskussionen, hörst du?« Ich nickte ergeben. Gegen die Oberste Maga konnte ich meinen Dickkopf ohnehin nicht durchsetzen, das wußte ich sehr wohl.
    Doch was Leonie uns zu sagen hatte, ließ alles andere in den Hintergrund rücken. Sie stand am Fenster, als wir ihre Gemächer betraten und blickte gedankenverloren in den Himmel, der sich langsam abendlich zu färben begann. Ihre Finger spielten mit einigen schwarzweißen Federn, streichelten sie, fächerten sie auseinander und legten sie sanft wieder zusammen. Auf ihrer Schulter saß ein Rabe, völlig regungslos, als sei er ausgestopft. Sie wandte sich nicht um, als wir eintraten, nur ihre Hände hielten inne.
    »Es ist soweit«, sagte sie still.
    Jemaina neben mir erstarrte. »Wann?«
    »Beim Mondwechsel«, antwortete Leonie. Jemaina stieß ein Geräusch aus, das fast ein Schluchzen war. Ich blickte sie verwundert an. Ihr Gesicht war unbewegt, doch ich sah, wie ihre Brust sich hob und senkte. Jenka tauschte einen beunruhigten Blick mit mir. Leonie wandte sich um und ergriff die Hand der kleinen Heilerin. »Jemaina. Du mußt es nicht annehmen, das weißt du. Ich werde dich nicht dazu zwingen – das kann ich auch gar nicht. Wenn du lieber ...«
    »Nein«, entgegnete Jemaina heftig. »Es ist gut, Leonie! Wir werden es so machen, wie wir es besprochen haben.«
    »Gut.« Leonie klang erleichtert. »Es bleiben uns noch drei Tage bis zum Mondwechsel, das gibt uns mehr als genug Zeit für die Vorbereitungen.« Sie sah mich an, und unübersehbare Besorgnis stand in ihren Vogelaugen. »Er verlangt, daß du dabei bist, Elloran.« Jemaina fuhr auf, aber Leonie hob herrisch die Hand. »Es hat mich auch zuerst erschreckt, Freundin, aber jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob er damit nicht einen Fehler gemacht hat. Er denkt wahrscheinlich, er könnte dich immer noch kontrollieren, Elloran.« Sie trat an mich heran und legte ihre Hände um mein Gesicht. Forschend blickte sie mich an. »Was glaubst du, Elloran? Wie stark ist sein Einfluß auf dich?«
    »Stark«, flüsterte ich.
    »Wirst du ihm widerstehen können?«
    Ich erzitterte. Sie entließ mich nicht aus ihrem Blick. »Kannst du ihm widerstehen, Elloran?« wiederholte sie eindringlich.
    »Ja«, antwortete ich fest. »Ja, Leonie, das kann ich.« Sie lächelte und küßte mich auf die Stirn. Der Rabe auf ihrer Schulter regte sich sacht. Ich sah bestürzt auf ihn. Seine harten Augen fixierten mich auf beunruhigende Art und Weise.
    »Laßt mich nun mit Jemaina alleine«, befahl die Oberste Maga. Jenka nahm gehorsam meine Hand und zog mich hinaus.
    »Diese Frau verursacht mir immer noch eine Gänsehaut«, sagte sie

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