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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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fühlte ein Ziehen in unserem Oberschenkel und sanften, unerbittlichen Druck an meiner Hüfte, dann schmiegte sich ihr Ohr an meines, und ich war nicht mehr in der Lage, unseren Kopf zu bewegen. Meine Sicht verdoppelte sich auf schwindelerregende Weise. Eine Zeitspanne völliger Verwirrung folgte, in der ich nicht mehr wußte, wer, was oder wo ich war. Ich kehrte in meinen Körper zurück und hatte die ungewohnte, erregende Empfindung, kleine, aber unverkennbar weibliche Brüste zu besitzen; ich war Elloran, war meine Schwester und war doch beides nicht, und dann war es vorbei.
    Grobe Fäuste rüttelten mich, und eine rauhe, wütende Stimme riß mich aus meinem Schlummer. Ich wurde unsanft auf die Füße gezerrt und zum Ausgang geschleift.
    Oben erwartete mich mein Vater. Er schlug mir heftig ins Gesicht und befahl heiser, mich zu seinem Arbeitsraum zu bringen. Ich war gegen seinen Befehl in das Verlies eingedrungen, nachdem ich eine seiner Wachen betäubt hatte, und hatte mich von Nikal überrumpeln lassen. Das gab ihm sicherlich jedes erdenkliche Recht, mich zur Rechenschaft zu ziehen.
    Nikals Stellvertreter Ioann trat ein. Er salutierte zackig und meldete: »Der Gefangene scheint die Burg verlassen zu haben. Der Stallmeister vermißt den grauen Hengst. Soll ich einen Suchtrupp aussenden, domu ?«
    Mein Vater starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an. In diesem Moment sah er aus wie ein vor Wut rasender Bär. Er schlug unbeherrscht mit der Faust gegen die Wand und brüllte: »Verdammt soll er sein! Du schickst zwei Suchtrupps aus, Ioann, und einen davon leitest du selbst! Ich will ihn wiederhaben, lebend oder tot. Hast du mich verstanden? Es ist mir gleich, ob du ihn in kleinen Stücken bringst, aber du bringst ihn mir zurück!« Ioann wurde bleich. Er nickte stumm, salutierte wieder, diesmal etwas weniger zackig und verließ das Zimmer fast im Laufschritt.
    Morak schien sich inzwischen etwas beruhigt zu haben. Er griff nach einem Schreiben, das auf seinem Tisch lag.
    »Die Krone erweist mir die Ehre, meinen Sohn an den Hof einzuladen«, sagte er. »Ist es nicht bedauerlich, daß mein Sohn nicht in der Lage sein wird, dieser Einladung Folge zu leisten?« Er zerriß das Schreiben vor meinen ungläubigen Augen in kleine Fetzen und ließ die Schnipsel zu Boden rieseln.
    »Du hast noch sehr viel zu lernen, ehe ich dich eine solche Reise antreten lasse, Elloran«, fuhr er, sich niedersetzend, fort. »Hast du mir irgend etwas zu sagen, mein Sohn?«
    »Was soll ich sagen? Es tut mir nicht leid, daß Nik entkommen ist, ehe du ihn ...« Meine trotzigen Worte blieben mir im Halse stecken. In den Augen meines Vaters stand unverhüllter Haß.
    »Nein, es tut dir nicht leid«, knurrte er. »Wollen wir doch einmal sehen, ob sich an dieser bedauerlichen Tatsache nicht etwas ändern läßt.« Er ging zur Tür, riß sie auf und brüllte nach der Wache.
    »Schaff meinen Sohn zu den Ställen hinüber und sag Hjelvor, daß er einen neuen Stalljungen hat«, befahl er dem Soldaten. »Er soll nicht auf die Idee kommen, ihn zu schonen. Es ist höchste Zeit, daß der junge Herr ein paar Schwielen an seinen zarten Händchen bekommt.« Ich rechnete es dem Mann hoch an, daß er nicht grinste. Er griff nach meinem Ellbogen und schob mich sanft zur Tür hinaus.
    Hjelvor, unser schwarzbärtiger Stallmeister, kratzte sich verlegen am Kopf, als er die Anweisungen meines Vaters vernahm. Er musterte mich vom Kopf bis zu den Füßen und seufzte.
    »So, wie du aussiehst, brauchst du vor allem eine gründliche Wäsche und eine Mütze voll Schlaf, Junge.« Er klopfte mir auf die Wange. »Geh, ich will dich erst morgen früh hier sehen. Aber pünktlich, eine Stunde vor dem ersten Wachwechsel!«
    Das einzig Gute an meiner neuen Tätigkeit war, daß ich nun jeden Abend todmüde in mein Bett fiel und traumlos durchschlief. Die einzige Ausnahme bildete die zweite Nacht nach Nikals Flucht. Ich wurde wach, weil mich jemand rief. Auf dem Fenstersims hockte Magramanir und schlug aufgeregt mit den Flügeln. Als sie sah, daß ich wach war, flatterte sie auf meine Schulter und öffnete den Schnabel.
    »So ist es einfacher«, erklang Julians Stimme, leise und weit entfernt, aber sehr klar zu verstehen. »Für eine längere Gedankenverbindung bin ich zu müde. Kannst du mich verstehen, Elloran?«
    »Klar und deutlich«, erwiderte ich. »Was ist mit Nik, hast du ihn gefunden?«
    »Deshalb melde ich mich. Ich habe ihn eingeholt und bringe ihn jetzt zur

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