Elsas Küche: Roman (German Edition)
Schüssel, legte die Lende hinein, deckte die Schüssel zu und stellte sie in den Kühlschrank. Dann ging sie zurück in ihr Büro, um weiterzutelefonieren. Viel kam dabei nicht heraus. Nur wenige Kollegen hatten eine Ahnung von dem, was Elsa wissen wollte.
»Ich lese diese Zeitschriften nicht«, sagte ein Küchenchef. »Dort geht es immer nur um französische Küche.«
Die Küchenchefs, die die Zeitschriften lasen, fanden Elsas Idee unmöglich.
»Ich glaube kaum, dass das geht. Man kann unmöglich einfach einen bestimmten Kritiker in sein Restaurant einladen.«
Gleich am nächsten Morgen führte sie von ihrer Wohnung aus ein paar Auslandstelefonate. Sie rief die Büronummern an, die sie im Impressum der Zeitschrift fand. Dort wurde Französisch gesprochen. Elsa brachte ein paar Worte heraus, aber man legte einfach auf. Daraufhin fand sie heraus, in welchen Restaurants der Kritiker gewesen war, und rief dort an. Keiner wusste etwas über den Kritiker oder wo er zu erreichen war.
»Jedenfalls war er nicht gerade freundlich«, warnte sie ein Wiener Küchenchef. »Er hat eine gute Kritik geschrieben, aber freundlich war er nicht.«
Elsa bedankte sich bei ihm und betrachtete dabei das Foto des Kritikers, das ihn in ebenjenem Restaurant zeigte. Sie fand, dass er zufrieden aussah, und gratulierte dem Restaurantbesitzer zu der positiven Kritik.
Nach ein paar weiteren erfolglosen Telefonaten fiel ihr die Schweinelende wieder ein, und sie beschloss, das neue Rezept erst einmal auszuprobieren. Um die Küche für sich zu haben, ging sie früh ins Restaurant, lange bevor das Mittagessen serviert wurde. Sie suchte die Liste, auf der sie am Abend zuvor die Zutaten notiert hatte – gesiebtes Mehl, Sauerrahm, frischer Dill, nicht zu scharfer Paprika, gehackter Knoblauch, zwei mittelgroße Zwiebeln, Butter und Olivenöl.
Sie schnitt zwei große Portionen von der marinierten Lende ab und wälzte sie in Mehl. Sie hackte die Zwiebeln klein, ließ Butter und Olivenöl in einer großen Pfanne sehr heiß werden und gab dann lächelnd die Lende hinein. Es zischte und spritzte, und der Duft von gebratenem Fleisch drang ihr unmittelbar in die Nase. Ihr knurrte der Magen. Sie briet das Fleisch, bis es auf beiden Seiten braun war, und ließ die hinzugefügten Zwiebeln mit dem Knoblauch karamellisieren. Als sie auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Größe eingeschrumpft waren und das Fleisch braun genug war, gab sie die Paprikaschoten hinzu und verrührte sie mit den Zwiebeln, der Butter und dem Olivenöl, sodass sie sich in der ganzen Pfanne und über der Schweinelende verteilten. Damit die Paprikaschoten nicht verbrannten, nahm sie die Pfanne vom Feuer und rührte weiter, bis alles tiefrot aussah – wie rote Apfelschale. Sie drehte die Flamme herunter und ließ die Pfanne ein wenig abkühlen. Dann stellte sie sie wieder auf den Herd und ließ das Ganze weiter köcheln.
»Ich muss das Institut noch anrufen«, fiel es ihr ein.
Sie nahm eine Keramikschüssel und verrührte Sauerrahm, ein wenig Mehl und frischen Dill. Das war der wichtigste Bestandteil des neuen Gerichts – ihre Soße. Sie rührte alles glatt. Bis zur Weiterverarbeitung blieben ihr dreißig Minuten, in denen sie ihr Telefonat führen wollte. Sie fragte die Empfangsdame nach zwei von ihr geschätzten Lehrern und bekam eine Telefonnummer. Dann ging sie kurz zurück in die Küche, deckte die Pfanne auf und gab die Soße nach und nach dazu. Die Zwiebeln und der Paprika verbanden sich mit dem Sauerrahm und dem Dill. Sie verrührte langsam einen Löffel nach dem anderen. Der Pfanneninhalt färbte sich lachsrosa, und sie probierte ein wenig davon – der Dill schmeckte pikant, der Paprika scharf, die Soße sahnig. Elsa lief das Wasser im Munde zusammen, und am liebsten hätte sie sofort alles aufgegessen. Stattdessen drehte sie den Herd ab, deckte die Pfanne wieder zu und stellte sie weg. Sie ging zum Kühlschrank, nahm ein paar fertige Klöße heraus und erhitzte sie auf kleiner Flamme in einer anderen Pfanne. Dann machte sie eine Flasche Weißwein auf, richtete einen Teller mit Paprikalende und Klößen her, garnierte ihn mit Petersilie, trug ihn in die Gaststube und stellte ihn auf den Tisch.
Sie stand da und betrachtete ihn. Dann zündete sie eine Kerze an, setzte sich an den Tisch und aß.
Als der erste Bissen auf ihre Zunge gelangte, musste sie seufzen. Die Soße war gut. Sie explodierte in ihrem Mund: schwer, sättigend, würzig und sahnig. Sie schnitt ein
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