Elton John - Bego, M: Elton John
seit Empty Sky, dass er mit einem anderen Produzenten als Gus Dudgeon arbeitete, und Bell und er kamen gut miteinander aus.
„Ich bin ein Soul-Fanatiker“, meinte Elton, „und das hat mich zu Thom Bell gebracht, weil ich ein großer Fan der Stylistics und der Spinners bin. Ich war einfach begeistert von seinen sehr trocken klingenden Aufnahmen. Er war der Erste, der mir jemals Tipps für meine Stimme gegeben hat. ,Hör mal‘, sagte er zu mir, ,du setzt deine Stimme nicht richtig ein. Du komponierst zu hoch für dich.‘ Das stimmte, er hatte Recht. Aber damals hat es mir nicht gerade gefallen, das gesagt zu bekommen.“ (15)
Besonders angetan war Elton davon, dass er nicht nur mit dem Produzenten einiger der größten Hits der Spinners arbeiten durfte, sondern auch noch mit den Spinners als Background-Sängern. Elton hatte noch einen Liedtext von Bernie für ein Stück namens „Nice And Slow“ in der Schublade, aus dem dann einer der sechs Songs wurde, die er mit Thom Bell als Produzent aufnahm. Einige der besten Songs aber stammten aus Bells Songwriter-Stall, darunter „Mama Can’t Buy You Love“, „Are You Ready For Love“ und „Three-Way Love Affair“.
Bei Eltons Benefizkonzert für den Royal Variety Club und die Goaldiggers am 3. November in Wembley hatte ihn Davey Johnstones neue Band China begleitet. Einer der Backgroundsänger war ein Singer-Songwriter namens Gary Osbourne, den Elton bereits kannte, da er für Kiki Dee den Song „Amoureuse“ geschrieben hatte. Elton bat Osbourne um Liedtexte für seine anstehenden Sessions mit Thom Bell, woraufhin ihm der Songwriter, der eine der wichtigsten Figuren bei Eltons Aufnahmen in den späten siebziger Jahren werden sollte, den Text zu dem Stück „Shine On Through“ lieferte, das Elton später mit Bell in Seattle aufnahm.
Nachdem die Thom Bell-Sessions schließlich „im Kasten“ waren, konnte Elton zunächst nicht so recht etwas damit anfangen. Sollte er ein ganzes Album mit Bell einspielen? Er war sich nicht sicher, zumal es noch einige andere Musikrichtungen gab, die er ausprobieren wollte. Angesichts der vielen freien Zeit, die er hatte, stürzte er sich auch immer wieder in Saufgelage und Kokainexzesse, was natürlich weder gegen seine berüchtigten Stimmungsschwankungen noch gegen das beängstigende Gefühl half, musikalisch den Weg verloren zu haben.
Am 10. März 1978 nahm Elton in einem Tonstudio im südostenglischen Cookham einen sehr offenen und ehrlichen Song auf, dem er zutraute, das Zeug zu einem Hit zu haben. Der passenderweise „Ego“ getaufte Song gehörte ebenfalls zum Restbestand der von Bernie und ihm geschriebenen Stücke. „Ego“ war ein düsterer, introvertierter und irgendwie abweisender Song, in dem Elton zwar über die Befriedigung seines eigenen Egos singt, sich aber vor allem in Selbstmitleid suhlt. Die Single, die allein und nicht als Albumauskopplung herauskam, wurde als Kuriosum betrachtet und kam in den britischen und amerikanischen Charts nicht über Platz 34 hinaus. Auf der B-Seite von „Ego“ befand sich ein langsamer und amüsanter Song namens „Flintstone Boy“, in dem es offenkundig um einen damaligen Lover von Elton ging, über den es hieß, er sei ungefähr so smart wie ein Höhlenbewohner aus der TV-Zeichentrickserie Familie Feuerstein . Von nun an sollte Elton, der sich endlich von dem Geheimnis über seine sexuelle Orientierung befreit hatte, mehrere Songs veröffentlichen, in denen er sich unmissverständlich als schwul darstellte.
Dank der Zusammenarbeit mit Gary Osbourne kehrte seine Kreativität zurück und er fing wieder an, Songs zu schreiben. (16) Im Oktober 1978 kam mit A Single Man Eltons erstes ohne Bernie Taupin und Gus Dudgeon aufgenommenes Album auf den Markt. Das millionenfach verkaufte Album wurde zwar mit Platin verziert und kletterte in Norwegen auf Platz 4, in Großbritannien auf Platz 8, in Deutschland auf Platz 12, in den amerikanischen Billboard- Charts auf Platz 15 und auf Platz 17 in Australien, für Elton war es dennoch ein kommerzieller Rückschritt. Gary Osborne hatte erklärtermaßen „mehr“ von Elton in die Platte packen wollen, und was lag da näher als ein durch und durch schwuler Song? Heraus kam das überaus zotige Stück „Big Dipper“. Wie Rainer Werner Fassbinder in seinem Film Querelle von der Liebe schwuler Matrosen erzählt, so singt Elton darin über einen Freund, dem ein hübscher Matrose mit einem – wie man annehmen darf: in seiner Hose
Weitere Kostenlose Bücher