Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
eine massive Tür. Wahrscheinlich befand er sich im Keller eines Wohnhauses. Die Möblierung bestand aus Ofen, Teppich und Kissen, nichts weiter. Auf dem Boden stieß sein Fuß irgendwo gegen eine Lampe.
Als er das Öffnen der Tür vernahm, drehte er sich herum in Richtung des Eintretenden. Es bestand kein Zweifel darüber, wer ihn hier besuchen kam: Elmors Präsenz erfüllte den Raum augenblicklich, wie eine dichte, kalte Wolke. Robert würde ihn noch blind und taub untrüglich erkennen.
Gleich darauf drang die wohl bekannte, tiefe Stimme zu ihm.
"Es scheint Zeit zu sein für unser Gespräch. Du bist außer Reichweite sämtlicher landwirtschaftlicher Gerätschaften und befindest dich nun hoffentlich in einem Zustand, der eine zivilisierte Konversation möglich macht."
In Roberts Innerem herrschte eine relative Ruhe. In diesen Augenblicken kostete es ihn keine Kraft, seine Gefühle beinah völlig auszuschalten. Ihm war bewusst, dass er sich in der jetzigen Situation mit ungezügeltem Zorn nur selbst schaden würde, denn sie hatten sich schon einmal auf dieselbe Weise gegenübergestanden. Wie lange er allerdings die Kontrolle würde behalten können, war nicht abzusehen.
"Du verwendest das Wort 'zivilisiert'?" erwiderte er und hörte sein Gegenüber gleichzeitig mit festen Schritten näher an sich herantreten.
In sehr ruhigem, weiterhin freundlich klingendem Ton meinte Elmor daraufhin:
"Über diejenige Zivilisation, die ich vertrete, hast du nicht das Recht, zu befinden."
"Ja", stimmte Robert ihm bitter zu. "Ich habe ja keine Ahnung von deinen kulturellen Vorlieben und deiner Art der nächtlichen Unterhaltung."
"Mein Freund,", sagte Elmor versöhnlich, "das hast du wirklich nicht. Darum lohnt es sich auch nicht, darüber zu diskutieren. Ich habe stattdessen eine weitere kleine Erleichterung für dich geplant. Wenn du dich umdrehst, werde ich dir die Hände befreien."
"Wozu?" fragte Robert ohne sich zu bewegen.
"Zu nichts weiter als deinem Wohlbefinden."
"Für mein Wohlbefinden", erwiderte Robert, "ist meine Freiheit unabdingbar. Aber dir fehlt der Mut, dich mir gegenüberzustellen ohne den Schutz dieses Stück Stoffes."
"Du wirst mein Angebot vielleicht besser zu schätzen wissen,", meinte Elmor ungerührt, ohne auf diese Worte einzugehen, "wenn ich dir sage, dass ich eine Kanne frisches Wasser für dich bereithalte. Du hast die Möglichkeit, mit eigenen Händen zu trinken - oder ich werde dir dabei helfen müssen."
Nach einigem Zögern drehte sich Robert wortlos herum.
Er spürte Elmors Griff an seinem Handgelenk. Dann löste sich langsam der festgezogene Strick, während Elmor wieder zu reden begann.
"Ich sehe, du hast wegen deiner Hände einen Arzt aufgesucht. Allerdings kann das erst relativ spät gewesen sein. Dass die Finger noch einigermaßen beweglich sind, ist eher ein Glücksfall für dich, selbst ein guter Arzt hätte sie im Ernstfall nicht retten können."
Robert schwieg. Als er das Seil um seine Gelenke nicht mehr spürte, entzog er sich dem lockeren Griff des Priesters und wandte sich wieder um. Die Hände ließ er dabei unten. Er kannte die unausgesprochene Regel bereits: Ein Griff an die Kapuze oder an das sie fixierende Seil um seinen Hals und er würde im nächsten Moment in die Knie gehen. Es war ausgeschlossen, sich schneller von dem verhassten Stück Stoff zu befreien, als Elmor ihn zu Boden werfen konnte.
"Ich möchte mit dir an einen anderen Ort gehen", erklärte der Priester ihm. "Die versprochene Versorgung wartet dort auf dich, nur wenige Minuten Fußweg von hier."
Robert ersparte sich die Frage, warum der Raum, in dem sie sich befanden, nicht ebenso gut war, wie dieser andere Ort. Er wusste, dass ihm dort, wohin sie nun gingen, nichts Gutes erwarten konnte und dass Elmor sich hüten würde, auch nur ein Wort von seinen Plänen zu verraten.
"Ich könnte dich festhalten und führen, aber du wirst es vorziehen, allein zu gehen", sagte der Priester. "Ich weiß, dass du mir nach Gehör folgen kannst. Also bitte ich dich, das zu tun."
Fraglos war der zuletzt gesprochenen Satz keine wirkliche Bitte, obwohl er in gleich bleibend höflichem Ton gesprochen war. Das Ausschlagen eines solchen freundlichen Gesuchs zog unumgänglich Zwangsmaßnahmen nach sich. Doch davor fürchtete Robert sich nicht. Elmor konnte ihm nichts mehr antun, was ihm nicht bereits durch ihn widerfahren war. Er gab dieser Anweisung trotzdem nach, weil er spürte, dass dies nicht der Zeitpunkt war, sich zu
Weitere Kostenlose Bücher