Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
er wird in Zukunft während seiner nächtlichen Unternehmungen meinen Leuten begegnen. Ich möchte sehen, was dann geschieht.
Tagsüber geht er weiterhin seinen normalen Geschäften nach, die er ja auch in der Zeit sorgsam geführt hat, als er noch in meine Lehre ging. Außerdem knüpft er lockere Kontakte mit den Menschen aus den umliegenden Dörfern, aber auch mit diversen Geschäftspartnern. Manchmal ist er aus geschäftlichen Gründen für mehrere Tage fort. Dies gibt mir die Möglichkeit, in aller Ruhe sein räumliches Umfeld zu inspizieren. Ich hatte ein sehr erbauliches Gespräch mit seiner gerade frisch angestellten Haushälterin Margarete. Wir trafen uns, als sie auf dem Weg zurück vom Dorf in sein Haus war. Sie ist eine wirklich loyale, verschwiegene Person, was ihren Arbeitgeber betrifft. Er hat sie fabelhaft ausgewählt. Doch ich konnte in ihren Augen lesen, für wie fremd sie ihn hält.
Ich bin davon überzeugt, dass sie nicht die einzige ist, der es mit ihm so ergeht. Und Robert ist einem gewaltigen Irrtum erlegen, wenn er tatsächlich glauben sollte, dass es ihm möglich ist, sich irgendwann einmal wie ein Puzzleteil in die ihn umgebende Welt einzufügen.
------- ROBIN DUNGSLEAR -------
Es hätte viel schwieriger sein müssen, dieses Haus mit dem Gefangenen zu verlassen. Sie waren einfach hinausspaziert, darüber war Robin sehr verwundert. Doch dann dachte er wieder an dieses geschlossene Auge und wusste, dass sie, aus welchen Gründen auch immer, unbemerkt entkommen konnten.
Er hatte das braune Pferd aus dem Stall geholt und sein Gepäck darauf verstaut. Weder Georg noch Ludwig waren ihm dabei über den Weg gelaufen. Jesco fühlte sich im Sattel mangels Reiterfahrung ziemlich unsicher und weder der Fuchs noch der Braune waren Anfängertiere, so war ihr weiterer Weg vom Haus fort mit einigen Schwierigkeiten behaftet. Robin transportierte Robert vor sich, dem er Mantel und Stiefel wieder angezogen hatte. Ein wenig erstaunt bemerkte er, dass der vor ihm Sitzende auf die Bewegung des Pferdes Reaktionen zeigte, obwohl er ansonsten wie bewusstlos wirkte. Robin fiel es dadurch um einiges leichter, ihn zu halten. Die nicht zu beantwortende Frage, in welch einem merkwürdigen Bewusstseinszustand sich Robert befand, versuchte Robin aus seinem Kopf zu verbannen.
Sie entfernten sich im Schritttempo von dem einsamen Haus, während Robin sich einen schnellen Galopp herbeisehnte. Die Angst saß ihm weiterhin im Nacken. Es gab nichts und niemanden, der ihn vor dem Zorn seines ehemaligen Meisters beschützen konnte – und der Mann, der vor ihm auf dem Pferd saß, stellte eher eine weitere Gefahr dar, als dass er ihnen eine Hilfe bedeutete. Außerdem hatten sie kein Ziel, auf das sie sich zu bewegten, denn es fiel ihnen kein Ort ein, an dem sie ungesehen Unterschlupf finden konnten. Sie mieden Straßen und Wege und bewegten sich querfeldein, um nicht durch dummen Zufall einer noch übrig gebliebenen Polizei-Einheit zu begegnen. Zum Glück war der Schnee inzwischen vollständig getaut, sodass sie immerhin keine Hufspur hinter sich herzogen, der sogar ein halb blinder Fährtenleser folgen konnte.
Als sie dringend eine Pause brauchten, hielten sie die Pferde an einem grob gezimmerten Unterstand für Kühe auf einer abgelegenen Wiese. Robin breitete auf dem kalten Boden unter dem undichten Dach zwei schmale Strohmatten aus, die sich in seinem Gepäck befanden. Sie legten Robert auf der einen Matte ab und hockten sich nebeneinander auf die Zweite.
„Was sollen wir tun? Wo sollen wir hin?“ stellte Robin seine beiden brennenden Fragen und blickte in Jescos ratloses Gesicht. „Jesco,“, drängte er daraufhin weiter, „kannst du nicht deinen Gott fragen? Vielleicht hilft der uns ja“.
„ Hab’ ich schon“, erwiderte Jesco ruhig. „Aber er ist kein Orakel. Er lässt uns nicht im Stich, aber er traut uns auch etwas zu. Zum Beispiel Geduld.“
„ Geduld?“ fragte Robin mit einer Mischung aus Missmut und Furcht zurück. „In dieser Situation? Du verstehst wohl nicht, dass wir bisher aus irgendeinem dummen Zufall entkommen sind. Er ist Herr und Meister über viele Schrecken, die er uns allesamt auf die Fersen hetzen wird, sobald er weiß, was wir getan haben!“
„ Ich glaube nicht an irgendwelche dummen Zufälle“, entgegnete ihm Jesco. „Außerdem ist dein Herr und Meister, wie ich schon sagte, auch nur ein Mensch, genau wie dieser dort.“ Er machte eine Geste in
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