Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
es rückgängig, dann kannst du dich noch heute auf den Weg zu deiner Freundin machen.“
Jesco warf einen Blick auf Robin, der regungslos weiterschlief und nichts von ihrer Unterhaltung mitbekam. Seine Gedanken wanderten zu Tadeya, ihrem schmalen hellen Gesicht und den leuchtenden dunklen Augen. Er sah sie mit einem Mal fast real vor sich und die aufflammende Sehnsucht nach ihr entfachte einen tiefen Schmerz. Er schluckte. „Was würde aus Robin, wenn du heute noch die Information von ihm bekommst, die du willst?“
„ Jesco, du bist doch kein Dummkopf und weißt genau, dass sein Handel mit mir ohnehin nichts wert war“, erwiderte Robert. „Ich werde ihn ein paar Tage früher zurücklassen, als vereinbart. Danach werde ich seinen Feind genügend zu beschäftigen wissen. Wenn Robin Glück hat, dann wird ihm nichts geschehen.“
Diese Erklärung schien Jesco logisch. Robin würde nicht zu leiden haben – und er selbst würde sich endlich dorthin begeben, wohin er sich so sehr sehnte. Sein Herz schlug vor Aufregung schneller. Tadeya! Bald war dieser Albtraum endlich vorbei! Und es kam noch ein weiterer Gedanke hinzu, der Freude in ihm auslöste: Der HERR hatte es wirklich gut geplant, dass nun ein solcher Handel möglich war!
Nur: Jesco konnte den Tausch nicht eigenständig vollziehen.
„ Ich muss Gott fragen“, sagte er.
„ Klar“, meinte Robert. „Aber beeile dich. Ich werde in Kürze aufbrechen. Vorzugsweise ohne euch ... drei.“
Robert entfernte sich einige Schritte und begann, sein Pferd für den nächsten Tagesritt vorzubereiten. Jesco seufzte tief, die Aufregung saß ihm in allen Gliedern, er hatte den Kopf gar nicht frei für ein Gebet. Er war sich sehr bewusst, dass Gott nicht auf Abruf bereitstand, wie ein Automat. Was, wenn er auf seine dringende Bitte keine Antwort erhielt?
So oft schon waren die Dinge nicht so gelaufen, wie Jesco es sich erhofft hatte, völlig ohne passende Erklärung. Und andererseits hatte in manchen Situationen wie von Zauberhand alles perfekt gestimmt. Ja, zugegeben, Gott wusste eben besser als er, was wirklich gut war. Doch diesmal wollte er auf keinen Fall eine Enttäuschung erleben.
Als Jesco etwa eine halbe Stunde später seinen Platz an der erkalteten Asche des Lagerfeuers verließ, waren alle drei Pferde gesattelt und aufgezäumt. Das Gepäck war ebenfalls auf den Pferderücken verstaut, bis auf Robins Schlafmatte, denn dort lag der junge Mann noch immer unverändert. Jesco konnte nicht umhin zu denken, dass Robins Tiefschlaf etwas Unnatürliches anhaftete – und Robert kam er sicherlich sehr gelegen.
Robert stand bei den Pferden, an einen Baum gelehnt, nur ein Schatten im fahlen Mondlicht. Die Vibrationen waren nur in seiner unmittelbaren Nähe schwach spürbar, visuell nahm Jesco zu diesem Zeitpunkt nichts Ungewöhnliches wahr.
„Und? Was sagt der Boss?“ fragte Robert in distanziertem Ton, ohne hörbaren Spott.
Die Pferde schnaubten und traten auf der Stelle, ihre Unruhe war deutlich spürbar. Sie wussten, dass der Aufbruch kurz bevorstand. Am liebsten wollte Jesco gar nichts sagen, doch die auszusprechenden Worte lagen ihm wie eine Last auf der Seele. Außerdem war es unmöglich, an dieser Stelle eine Antwort zu umgehen. Also musste er es wohl nun hinter sich bringen.
„So schnell wirst du uns ... drei ... nicht los“, sprach Jesco die schlechte Nachricht aus. „Der Boss sagt: Du sollst sein Wort achten lernen.“
„ Ach“, machte Robert und stieß sich von dem Baum hinter seinem Rücken ab, um einen Schritt auf Jesco zu zu machen. Sie standen nun sehr dicht voreinander, harte Schwingungen regneten plötzlich schmerzhaft auf Jescos Haut. Die Luft um ihn herum schien lebendig zu werden, huschende Bewegung, irreal. „So zwingt er dich also, deine Liebe zu verraten.“
Dieser Stich traf Jescos Inneres, wo ohnehin eine frische Wunde aufgerissen war.
„Ich wecke Robin“, brachte Jesco trocken heraus, riss sich von Roberts finsterem Blick los und begab sich zu seinem schlafenden Kumpan. Der Spuk verstummte Stück für Stück hinter seinem Rücken. Zurück blieb eine unerträgliche Sehnsucht - und das Bewusstsein, dass er, im Überschwang der Gefühle, beinah Robin um das Wenige betrogen hätte, an dem er sich verzweifelt festhielt.
------- TADEYA SLEYVORN -------
An Bord dieses Passagierdampfers war es ihr problemlos möglich, sich an Deck aufzuhalten. Sie hatte sich bei dem kurzen Landaufenthalt in einem Geschäft
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