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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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des Junan zum neuen Herrscher. Als der Richter auf den Fluren des Palastes seiner Jeniva begegnete, sah er in ihrer Seele grausame Spuren. Er erkannte, dass der König keinesfalls eines natürlichen Todes starb, sondern die eigene Tochter ihn mit Gift ermordete. Richter Canomeen war betäubt vor Schock, denn er sah auch, dass die Königstochter mordete, um endlich den Mann ihres Herzens besitzen zu dürfen: Der Segen des neuen Königs wäre dem Paar sicher. Doch Emorian Canomeen konnte man nicht mit Blut erkaufen, seine Liebe galt Recht und Gesetz. Als die Hand der Mörderin ihn berührte, brannte sein Herz und er stieß sie von sich.
    Der Richter brauchte nicht lang, die Beweise für den Mord zu finden: Reste des tödlichen Gebräus befanden sich noch im Gemach der Prinzessin, so tief saß ihre Überzeugung, niemals überführt zu werden.
    Doch Junan, der sich auf die Krönung vorbereitete, wollte von diesem Beweis nichts wissen. „Denk nicht mehr daran“, sagte er. „So kannst du dir ihrer Liebe und meiner Gunst stets gewiss sein.“ Der Königssohn gab seinen festen Willen kund, Jeniva und Emorian auf der Krönungsfeier miteinander zu vermählen.
    In dem Richter kochte ein höllisches Feuer. Er erkannte endlich deutlich, was seine von Idealismus geblendeten Augen nie sehen wollten: Recht und Gesetz sind ein Spielball für Könige - und ein Joch für das Volk.
    In seiner Wut ging er schließlich zu Jeniva und stellte sie zur Rede. Schmerzende Liebe und brennender Hass vereinten sich in seinem Inneren zu einem reißenden Strom. Doch sie verstand ihn nicht und meinte, ihn mit der Verheißung von Königsmacht lenken zu können. Sie sagte zu ihm: „Wir sind Könige, wir beugen uns nicht Recht und Gesetz, sondern wir schaffen es. Komm mit mir und werde auch ein König.“
    Emorian nahm sie mit sich, seiner Körperkraft hatte sie nichts entgegenzusetzen. Er entführte sie in den tiefen Wald, weit weg von Schloss und Krone. Während Junan zum König des Landes gekrönt wurde, zelebrierte der Richter seine ganz eigene Krönungsfeier. Er tat seiner Jeniva Gewalt an und tötete sie schließlich in Raserei, sich aller weltlicher Moral entledigend.
    Doch als wieder ein wenig Ruhe über ihn kam, erkannte er seiner Hände grausames Werk. Und in die Nacht hinein schrie er nach Hilfe, dies alles zu überstehen, denn das Herz drohte ihm zu zerreißen. In diesem Moment öffnete er - ohne es zu wissen - seinen Geist, um dem zu begegnen, was immer seinen verzweifelten Schrei hören und erwidern sollte. Elurius sah seine Stunde gekommen, das zu wagen, was schon lange in ihm drängte: Er ließ so viel seiner gewaltigen Kraft in dieses Fleisch hineinfahren, wie nur ein übermäßig starkes menschliches Wesen sie zu ertragen vermochte. Sein innerstes Wesen aber, seinen Kern, hielt der Engel zurück, denn er musste außerhalb dieses Menschenkörpers handlungsfähig sein. Und das Erhoffte geschah: Emorian Canomeen hielt dieser enormen Flut stand, die in ihn strömte; weder sein Leib noch sein Geist trug Schaden davon. Bis auf eines: Sein Blick in die Menschenseelen trübte sich und wurde nie wieder so wie zuvor. Elurius‘ Kraft wirkt bis zum heutigen Tage in diesem Menschen und ließ ihn über die Jahrhunderte kaum altern. Dies geschah zu einem einzigen Zweck: die geplante Wiedererweckung des Vaters der Engel aus dem Scheol.
    Emorian wusste von seiner Aufgabe nichts und wähnte sich in völliger Freiheit. Zu einem guten Teil war er tatsächlich frei, der Engel konnte keineswegs alle seine Schritte lenken. Doch einen gewissen Einfluss besaß Elurius schon, er nutzte den Lauf der Jahrzehnte, um unbemerkt und sanft zu lenken, dorthin, wo er den Richter haben wollte. Er spielte ihm Bücher zu, Abschriften aus Sirus‘ großem Fundus. Somit gab er dem Mann, der fortan der Schwarze Priester genannt wurde, genau die Informationen zur Hand, die seinen Wunsch formten, den Weg zu gehen, den der Engel wünschte. Die Blutopfer und die Gewalt jedoch entsprangen jenen finsteren Quellen in der Seele des Hünen, die sich aufgetan hatten, in der Nacht, da er zerbrochen war. Aus dem gerechten Richter war ein Herrscher geworden, der über jeglichem Recht thronte: Das zu ändern oblag dem Elurius nicht.
    Der Schwarze Priester entwickelte den Plan, eine neue Menschheit zu schaffen, indem er die Altvorderen aus dem Scheol holt. Diese Vorstellung, geboren aus grenzenloser Verachtung gegenüber dem heutigen Menschengeschlecht, kam ihm beim Studium der alten

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