Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
erkennen, wer ihm da wirklich ins Handwerk zu gepfuscht hat.“ Er warf einen wütenden Blick auf Jesco.
„ Glaub mir, ich kenne ihn nun besser“, beharrte Robin. „Du hast ihm ausgedient, du wirst demnächst entsorgt.“
„ Das Angebot an Robin gilt auch für dich“, sagte Jesco zu Ludwig. „Jeder sucht sich seinen Herrn selbst aus.“ Und er streckte auch ihm die Hand entgegen.
Ludwig beantwortete diese Geste strikt und ohne Worte: Er schlug Jescos Hand einfach fort. „Ich sollte dir den Hals umdrehen, du Spinner! Aber liefer dich nur ruhig selbst aus. Ich gucke mir dann an, wie du für deine Frechheit bezahlst!“
„Ich zeige dir den Weg, Jesco“, sagte Robin eher zaghaft. „Aber die heutige Nacht sollten wir meiden.“
„ Robin,“, erwiderte Jesco sehr ernst, „morgen kommen wir vielleicht schon zu spät.“
Robin ließ ein tiefes Seufzen hören, unglücklich schaute er Jesco ins Gesicht. „Muss das wirklich sein?“
„Es zwingt dich niemand, zu bleiben. Weise mir bitte nur den Weg.“
„ Das ist Wahnsinn“, stellte Robin leise, mit deutlicher Resignation fest. „Die letzten Tage waren schon ... hart. Und heute Nacht wird alles tausendmal schlimmer, das sagt mir mein Gefühl.“
Jesco konnte sich nicht vorstellen, was sie heute Nacht erwarten würde, er dachte auch gar nicht darüber nach. In seinem Inneren hallten noch die mächtigen Worte der Psalmen und er sah seine Füße fest auf einem Felsen stehen. Dieser Entschlossenheit konnte Robin sich nicht entziehen.
„Heute Nacht also“, bestätigte er und klang dabei beinah traurig.
Katharina meldete sich zaghaft zu Wort. „Robin, kannst du mir vielleicht sagen, was Robert dazu bringt, einen Toten wiederholen zu wollen? Das kommt mir vor wie etwas aus finsteren, alten Geschichten, wo am Ende vermoderte Untote auftauchen. Es ist angsteinflößend.“
„Er hat ...“, fing Robin an, stockte dann aber und versuchte es noch einmal von vorn. „Es ist schwer zu glauben, ich kann ja nur wiedergeben, was er ihm sagte, meinem alten Meister.“
„ Ja?“ forschte Katharina weiter.
„ Robert sprach davon, dass er mit dem toten König gesprochen habe. Er sei im Totenreich gewesen, doch nicht in den Tiefen, wo man niemals wieder hervorkommt. Der König befindet sich an einem seltsamen Ort, der das Abbild seiner alten Welt ist, und doch ganz ohne Leben. Dort habe er erfahren, dass der Tote wiederkehren will, um sein untergegangenes Reich neu zu gründen, wie er es einst seinem Volk versprach. Robert sagte, er selbst habe keinen Platz in dieser Welt und hoffe darum auf dieses neue Reich aus uralten Zeiten. Er will außerdem den Zugriff auf die Bibliothek des Königs, die viel verschollenes Wissen in sich birgt.“
Katharina nickte. „Ich las in seinen Aufzeichnungen, die er mir geschenkt hat, wie sehr er nach Wissen strebt. Dass er sich dafür mit diesem Mann ... diesem schwarzen Priester ... verbündet ... es ist unvorstellbar, was der ihm angetan hat. Wie können sie nun zusammenarbeiten? Ich glaube es kaum.“ Sie wandte sich an Jesco. „Wenn er so anders geworden ist, so unabsehbar ... dann werde ich ihm nichts mehr bedeuten, fürchte ich. Was soll ich mit ihm anfangen? Selbst, als er noch der Alte war, hat er kaum auf mich gehört!“
Jesco legte die Hand auf ihren Arm. „Beruhige dich, Katharina. Du musst nur da sein, du musst gar nichts Bestimmtes tun. Oder willst du lieber nicht mitkommen?“
Katharina schüttelte heftig den Kopf. „Das ist es nicht, ich möchte mit! Ich habe das Gefühl, ich bin es ihm schuldig. Er hat mir seine gesamte Geschichte in die Hände gelegt, ausgerechnet mir. Und sie hatte bislang kein gutes Ende, aber vielleicht ... vielleicht kann ich helfen, sie zu ändern.“
Der Richter und das Recht
Dies ist die Geschichte des Richters Canomeen, wie sie König Sirus seinem aus eigenen Willen gezeugten Sohn erzählte, als sie sich auf der Insel der Zeiten trafen.
Richter Canomeen liebte Recht und Gerechtigkeit. Im ganzen Land kannte man ihn als einen Mann, der jeden Rechtsfall genau prüfte und weise Entscheidungen traf. Auch sprach man bewundernd über seine Gestalt: Die Menschen verglichen ihn mit den Nephilim, jenen sagenhaften Riesen, die man seit Jahrhunderten für ausgestorben hielt. Konnte er einer von ihnen sein, erschienen, um die Gerechtigkeit der Engel auszurufen?
Emorian Canomeen war jedoch kein echter Nephilim, die Halbengel gab es schon lange nicht mehr. Doch wenige
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