Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
leise fort. „Was habe ich sonst nicht bemerkt?“
„ Du weißt die Antwort“, erwiderte Sirus. „Eine Menge.“
Katharina sah, wie der Hüne sich noch einmal aufrichtete, die Stimme gewann an Kraft. „Was hast du in meinem Leben zu suchen, König von Ur, Herrscher der Nephilim, Vater der Engel?“ fragte er herausfordernd.
„Nun nichts mehr“, war die ruhige Antwort. „Der Rest gehört dir selbst.“
Damit wandte Sirus sich wieder ab und warf einen langen, stillen Blick auf den Sarg.
„Es sind nicht mehr viele Tage übrig“, sprach Elmor wiederum. „Dann werde ich ihn wiedersehen, dort drüben, im Schattenreich.“
Sirus atmete einmal tief durch, dann kam er zurück zu Katharina und führte sie hinaus in den sonnigen Tag.
Einige der fremden Worte sagte er noch beim Hinausgehen, und dann, wie zur Übersetzung für sie: „Danke, Ami-el, für deinen Beistand.“
15. Versuchung
------- JESCO FEY -------
Er war sich gewiss, dass Katharina zurückkehren würde, also wartete er. Die anderen drei verbrachten die Zeit mit ihm. Sie redeten hin und wieder, doch viel Zeit verbrachten sie schweigend, gefangen in ihren Gedanken über das Erlebte. Keiner von ihnen hatte ein Zuhause, in das er zurückkehren wollte, so stand vor allem die Frage nach dem „Wohin“ im Zentrum.
Am Abend lag Tadeya in Jescos Arm, sie blickten gemeinsam ins Feuer des Kamins und waren froh, einander zu haben. Da legte sich Elisas schmale Hand auf seine Schulter, er schaute sich um. Die schwarzen Augen der alten Dame ruhten auf ihm und um ihre Mundwinkel spielte ein verhaltenes Lächeln.
„Du bist der Familie Sleyvorn willkommen, Jesco Fey“, sagte sie. „Auch, wenn ich noch Zeit brauchen werde, mich an dich zu gewöhnen.“
Tadeya wandte nun auch den Kopf. „Großmutter“, meinte sie streng, „auch du bist äußerst gewöhnungsbedürftig. Ich habe es in zwanzig Jahren kaum geschafft.“
Elisa hob die Augenbrauen, das Lächeln erstarb. „Wir sind eine Familie mit Tradition“, stellte sie erhaben fest. „Wir sammeln Absonderlichkeiten.“ Damit wandte sie sich ab und verließ den Raum.
Jesco schaute ihr mit offenem Mund nach. „War das jetzt ihr Segen?“ fragte er.
Tadeya lachte laut auf. „Da muss man ein Auge zudrücken. Für jemanden, der bislang nur fluchen konnte, war das doch schon ganz gut.“
Am nächsten Nachmittag ertönte laut die Türglocke. Robin war als Erster an der Tür und öffnete, denn seine Gedanken hingen ganz offensichtlich noch sehr an Katharina und ihrem Schicksal fest. Doch besaß die junge Frau einen Schlüssel, warum sollte sie also klingeln, fragte Jesco sich.
Vielleicht, dachte er im nächsten Moment, als er doch eine erschöpfte, zerschundene Katharina dort draußen über Robins Schulter hinweg erblickte, lag es an ihrem Begleiter: Mit manchem Besuch fiel man eben nicht mit der Tür ins Haus.
*****
Sie hatten sich im Kaminzimmer versammelt, bis gerade eben war es noch recht ruhig zugegangen. Doch die Nachricht von Roberts Tod brachte Tadeya in Rage, sie sprang von ihrem Platz auf.
„ Das kann nicht sein!“ rief sie, „Ich glaube es nicht.“
Doch Katharina bezeugte die Worte des Mannes, der sich Sirus nannte und dessen reiner Anblick einen Sturm in Jesco erzeugte. Natürlich erkannte Jesco in ihm den Toten auf dem hölzernen Altar wieder, und dieser hielt auch gar nicht hinterm Berg damit, dass Robert und Emorian Canomeen - der schwarze Priester - ihn erweckt hatten.
„Er starb also, um dich zu retten?“ fragte Robin erstaunt dazwischen. „War er denn so selbstlos?“
„ Nein“, sagte Sirus. „Er starb für seine Rache.“
„ Du warst tot - und jetzt bist du hier!“ schmetterte Tadeya dazwischen. „Holen wir also auch Robert wieder zurück, sein Körper ist doch unversehrt!“ Jesco legte stumm die Hand auf ihren Arm, er wusste um die Gefahr, die diese Versuchung mit sich brachte.
Sirus, der mit dem Rücken vor dem Kaminfeuer stand, war rein äußerlich gar nichts von seiner abenteuerlichen Geschichte anzumerken: Er wirkte äußerst lebendig, ein junger Mann mit schwarzem Haar und hellen Augen in seinen besten Jahren. Auch die Kleidung war gewöhnlich zu nennen, nur stellenweise ein wenig mitgenommen. Und doch ging etwas von ihm aus, das Jesco nicht ganz einordnen konnte, das aber alle Warnlichter leuchten ließ. Das lag gewiss nicht an seiner zwar selbstbewussten und trotzdem freundlichen Art, die weckte eher Sympathien.
„Tadeya“,
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