Elwin - Rosenwasser (German Edition)
genug festhalten konnte. Groohi schrie ihm zu, bei diesem Tempo seien sie bald in Bogolan.
In einer Stromschnelle drehte sich der Baumstamm. Ein einzelner kräftiger Ast, der unter Wasser verborgen war, ragte nun in die Höhe, wie der ausgestreckte Arm eines auf der Seite liegenden Menschen. Elwin packte den Ast, zog sich empor, schwang ein Bein über den Baumstamm und kam darauf zu sitzen.
»Gut gemacht!«, rief Groohi. »Es ist nicht mehr weit«, versuchte er, dem Freund Mut zu machen.
Mit beiden Füßen im Wasser, die Pfoten am Ast, bemühte sich Elwin, das Gleichgewicht zu halten, so gut er konnte. Die Luft war kühl, aber wärmer als das Wasser und er hoffte, nicht wieder hineinzufallen.
Die Bäume zu beiden Seiten des Ufers wurden lichter, dann brach der grüne Himmel über ihnen ganz auf. Die Sonne stand hoch und wärmte. Der Fluss jedoch blieb wild, die Seiten des Ufers steil und unbezwingbar.
»Lass uns an Land schwimmen!«, rief Elwin. »Solange das Ufer nicht zu hoch ist.«
»Zu gefährlich!«, erwiderte Groohi. »Wir machen gute Fahrt und sind gleich in Bogolan.«
»Sind die Ufer dort flach?«, fragte Elwin in den Wind. Er musste aufpassen, die Wellen zerrten ständig am treibenden Baumstamm.
»Nein, sie sind noch steiler, aber meine Leute werden uns helfen.«
»Sie wissen nicht, dass wir hier sind. Wie sollen sie uns helfen?«
»Sobald die Brücke in Sichtweite ist, schreien wir, so laut wir können und rufen ›Werft die Seile‹ «.
»Was für Seile?«
»Auf der Brücke sind zur Rettung Seile angebunden, falls eine Wache ins Wasser fällt«, erklärte Groohi. »Im Sommer veranstalten wir Wettfahrten auf diesem Fluss. An der Brücke ziehen wir uns hoch. Die Wachposten sind erfahren, sei unbesorgt.«
Elwin wollte widersprechen, dem Freund sagen, sie sollten sich nicht zu sehr auf andere verlassen. Jedoch erforderte der wilde Strom seine ganze Aufmerksamkeit, darüber vergaß er sogar, weit nach vorne zu sehen.
»Bogolan!«, schrie Groohi über das rauschende Wasser. Eine Welle packte ihn, drückte ihn unter die Oberfläche. Er tauchte wieder auf, spuckte und rief erneut: »Wir sind da! Bogolan! Elwin, wir haben es geschafft!« Und er begann aus Leibeskräften zu schreien: »Werft die Seile! Die Seile! Ich bin es, Groohi!« Zusammen schrien sie: »Die Seile! Werft die Seile!«
Eine schwere Hängebrücke überspannte den Strom. In der Mitte hing sie unter dem Gewicht der dort stehenden Leute durch. Elwin war überaus erleichtert. Die Wachen hatten den Baumstamm bereits gesehen. Sie warfen lange Seile herab, erst zwei, dann hingen mehr als ein halbes Dutzend bis zum Wasser herab.
»Greif dir eins und halt dich gut fest«, erklärte Groohi. »Meine Leute ziehen uns hoch.«
Ich mag gar nicht daran denken, wenn ich es verfehle oder mit meinen nassen Pfoten abrutsche, dachte Elwin in Panik. Dann sah er zu seiner Erleichterung, dass das untere Ende des Seils zu einem dicken Knoten geflochten war. Daran konnte er sich bestimmt festhalten.
Die Brücke kam rasend schnell auf sie zu. Elwin blickte fest auf ein Seil direkt vor ihm. Bevor er den Gedanken, ob er sich besser stellen oder ins Wasser springen sollte, zu Ende denken konnte, schrie Groohi: »Jeetttzzztt!«
Elwin riss die Arme hoch und griff nach dem Seil vor ihm. Das schwere Knäuel schlug in seinen Bauch, und er schrie auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz. Seine Pfoten glitten ab, fanden aber am unteren Ende Halt. Das Knäuel, das ihm Schmerzen zugefügt hatte, war seine Rettung. Elwin saß noch auf dem Baumstamm. Der schoss unter der Brücke hindurch, das Seil spannte sich, schwang wie ein Pendel aufwärts und riss Elwin jäh aus dem Wasser. Er keuchte und zog sich Pfote über Pfote in die Höhe. Zuletzt umschloss er mit den Beinen fest das dicke Ende des Seils und hoffte, nicht mehr in das eiskalte Wasser zu fallen. Unter ihm riss eine Welle den Baumstamm herum und drückte ihn unter Wasser.
»Elwin!«, hörte er Groohi neben sich rufen. Sein Freund stand mit beiden Füßen auf dem Knäuel, hielt sich mit einer Hand am Seil fest und winkte ihm mit der anderen zu.
Woher nimmt er nur diese Kraft?, fragte sich Elwin, aber er verdrängte seine augenblickliche Schwäche und freute sich mit dem Freund über die sichere Rückkehr ins normale Leben.
Jeweils zwei Männer zogen an einem Seil. Elwin hatten sie schnell hochgezogen. Zwei kräftige Hände griffen nach ihm, hoben ihn über das Geländer und stellten ihn ab. Er rutschte aus und
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