Elysion: Roman (German Edition)
und konzentrierte sich auf ihre Wahrnehmung.
Doch für den Moment war ihr inneres Auge blind.
David Tensons Körper schwamm nackt auf der Oberfläche des Wassers. Die Kühle linderte seine Schmerzen. Sein rechtes Bein und die linke Hand wiesen üble Verbrennungen auf. Als er versucht hatte, durch den Abzug der Schmiede dem Feuer zu entkommen, hatte sich irgendeins der anderen Opfer an seinem Bein festgeklammert, um sich an ihm hochzuziehen. Er hatte so gut er konnte versucht, die Frau abzuschütteln, aber sie hatte sich so festgekrallt, dass sie am Ende beide abgestürzt waren.
Es war schon eine seltsame Ironie, dass seine Verbrennungen von einem anderen Feuer stammten als dem vom Pontifex gelegten. Beim zweiten Anlauf war sein Versuch, sich in Sicherheit zu bringen, trotz der heftigen Schmerzen geglückt. Über den Abzug war er aufs Dach geklettert. Gottlob hatte das Dach auf der Rückseite des Hauses noch nicht gebrannt. Von dort aus hatte er gesehen, dass Matthews Männer nur vor der Hütte mit der Schmiede gestanden hatten.
Er hatte sich vom Dach gleiten lassen und war in den Wald gelaufen, der nur ein paar Schritte entfernt gewesen war. Mit einem Aufatmen war er in das Dunkel zwischen den Bäumen eingetaucht.
Nachdem er eine halbe Meile gerannt war, hatte er sich sicher genug gefühlt, um sich eine kurze Rast zu gönnen. Erst in diesem Moment, als das Adrenalin nachließ, hatte der Schmerz mit aller Macht eingesetzt. Es war fast unerträglich gewesen.
Irgendwie musste er die Wunden kühlen. Wasser aber war in der Dunkelheit nirgendwo zu finden. Da hatte er sich an die Einzelkämpferausbildung erinnert, die er wie jeder Offizier der Special Forces absolviert hatte, und er hatte seine Umgebung nach Brauchbarem abgesucht. Bald hatte er eine Huflattichflur gefunden, aus deren großen Blättern und ein paar Farnstängeln er sich behelfsmäßige Kompressen gemacht hatte, die ihn immerhin irgendwie durch die Nacht gebracht hatten.
Als er allerdings nach ein paar unruhigen Stunden beim ersten Morgengrauen aufgestanden war, hatte der Schmerz wieder zugeschlagen und ihn heftig gepeinigt. Außerdem war der immense Flüssigkeitsverlust, den die großflächige Verbrennung an seinem Bein unweigerlich mit sich führte, mit einem quälenden Durst einhergegangen. Nach einer Stunde Wanderschaft hatte er kaum noch gewusst, was schlimmer war, der Schmerz oder der Durst. Paradoxerweise bewegte er sich die ganze Zeit über parallel zum Peeyawaukah, dem Fluss, der den Wald von Westen her durchquerte und an den sich das Elysion schmiegte. Lange Zeit wagte er es trotz aller Qual nicht, dorthin zu gehen, denn auf dem Fluss wurde gefischt und Waren von einem Ende des Elysion zum anderen transportiert.
Erst nach etwa vier Stunden hatte er das Gefühl gehabt, die Gemeindegrenzen weit genug hinter sich gelassen zu haben, um sich zum Fluss wagen zu können. Vielleicht hatte er auch einfach nur vor Schmerz und Durst und der Furcht vor einer nahenden Ohnmacht kapituliert. Glücklich hatte er einen Altarm entdeckt, der nur wenig versumpft war. Er hatte seinen Durst gelöscht, die teilweise verkohlten Überreste seiner Kleidung im Unterholz versteckt und sich an eine Stelle gelegt, wo das Wasser nur etwa brusthoch über einem Kiesbett stand.
Es fühlte sich wunderbar an. Der Schmerz trat zumindest so weit in den Hintergrund seines Bewusstseins, dass er wieder einigermaßen klar denken konnte. Während er sich so treiben ließ und über das nachdachte, was ihm in der Nacht zuvor geschehen war, war die Sonne hoch über die Baumwipfel, die das Wasser beschatteten, in den Zenit geklettert.
Stunden mochten vergangen sein, als die Sommerbrise, die sanft über die Wasseroberfläche streichelte, Stimmen an sein Ohr trug. Blitzschnell war er untergetaucht und mit ein paar langsamen Zügen zu einer Stelle geschwommen, wo die Böschung einen Überhang von etwa anderthalb Meter Höhe bildete, der das eigentliche Ufer überragte. Dort hatte er sich hingekauert.
Und dann ergab es sich, dass sich seine ungebetenen Gäste, den Stimmen nach eine junge Frau und ein Mann, für den Rastplatz, den sie offenbar gesucht hatten, gerade einen Fleck kaum ein paar Meter von ihm entfernt oben auf der Böschung aussuchten. Zunächst hatte er sein Pech verflucht, als die Schmerzen in seinem Bein wieder zu pulsieren begannen und ihm nun, nackt und nass, wie er war, im Schatten des Überhangs auch noch kalt wurde. Aber dann hatte ihn das Gespräch, das die beiden
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