Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
Vom Netzwerk:
ka­men. Nicht all­zu groß. Mit­tel. Ein
Pro­vinz­bon­ze. Tüch­tig. Kom­mu­nist. Fa­na­ti­ker oh­ne Pri­vat­le­ben und oh­ne Hu­mor.
Jetzt ist er ei­ner der Un­ter­grund­füh­rer im La­ger.«
    »Wo­her kennst du ihn?«
    509 dach­te nach. »Vor 1933 war ich Re­dak­teur an ei­ner Zei­tung. Wir ha­ben oft
dis­ku­tiert. Und ich ha­be sei­ne Par­tei oft an­ge­grif­fen. Sei­ne Par­tei und die
Na­zis. Wir wa­ren ge­gen bei­de.«
    »Und wo­für wart ihr?«
    »Für et­was, das jetzt ziem­lich pom­pös und lä­cher­lich klingt. Für
Mensch­lich­keit, To­le­ranz und das Recht des ein­zel­nen auf ei­ne ei­ge­ne Mei­nung.
Ko­misch, was?«
    »Nein«, sag­te Ahas­ver und hus­te­te. »Was gibt es sonst?«
    »Ra­che«, sag­te Meyer­hof plötz­lich. »Ra­che gibt es noch! Ra­che für die­ses hier!
Ra­che für je­den ein­zel­nen To­ten! Ra­che für al­les, was ge­tan wor­den ist.«
    Al­le sa­hen über­rascht auf. Meyer­hofs Ge­sicht war ver­zerrt. Er hat­te die Fäus­te
ge­ballt und schlug je­des mal, wenn er das Wort Ra­che aus­sprach, auf den Bo­den.
    »Was ist los mit dir?« frag­te Sulz­ba­cher.
    »Was ist los mit euch?« frag­te Meyer­hof zu­rück.
    »Er ist ver­rückt«, sag­te Le­ben­thal. »Er ist ge­sund ge­wor­den, und das hat ihm
me­schug­ge ge­macht. Sechs Jah­re ist er ein ängst­li­cher, mie­ser Bo­cher ge­we­sen
der sich nicht trau­te, den Schna­bel auf­zu­ma­chen – dann hat ein Wun­der ihn vor
dem Schorn­stein ge­ret­tet, und jetzt ist er Sam­son Meyer­hof.«
    »Ich will kei­ne Ra­che«, flüs­ter­te Ro­sen. »Ich will nur hier her­aus!«
    »Was? Und die gan­ze SS soll da­von­kom­men, oh­ne daß ab­ge­rech­net wird?«
    »Es ist mir egal! Ich will nur her­aus!« Ro­sen preß­te ver­zwei­felt die Hän­de
zu­sam­men und flüs­ter­te so in­ten­siv, als hin­ge al­les da­von ab: »Ich will nichts
wei­ter als her­aus! Her­aus hier!«
    Meyer­hof starr­te ihn an. »Weißt du, was du bist? Du bist ...«
    »Sei ru­hig, Meyer­hof!« Ber­ger hat­te sich auf­ge­setzt. »Wir wol­len nicht wis­sen,
was wir sind. Wir al­le sind hier nicht, was wir wa­ren und was wir sein möch­ten.
Was wir wirk­lich noch sind, wird sich spä­ter zei­gen. Wer weiß das jetzt? Jetzt
kön­nen wir nur war­ten und hof­fen und mei­net­we­gen be­ten.«
    Er zog die Hu­sa­ren­ja­cke um sich und leg­te sich wie­der zu­rück. »Ra­che«, sag­te
Ahas­ver nach ei­ni­ger Zeit nach­denk­lich. »Das wür­de viel Ra­che wer­den müs­sen.
Und Ra­che zieht neue Ra­che nach sich – was nützt das?«
    Der Ho­ri­zont flamm­te auf. »Was war das?« frag­te Bu­cher.
    Ein lei­ses Grol­len ant­wor­te­te. »Es ist kein Bom­bar­de­ment«, er­klär­te Sulz­ba­cher.
    »Wie­der ein Ge­wit­ter. Warm ge­nug ist es da­für.«
    »Wenn es reg­net, wer­den wir die vom Ar­beits­la­ger we­cken«, sag­te Le­ben­thal. »Sie
kön­nen dann hier drau­ßen lie­gen. Sie sind kräf­ti­ger als wir.« Er wand­te sich zu
509. »Dein Freund, der Bon­ze, auch.«
    Es blitz­te wie­der. »Hat ei­ner von de­nen drin­nen et­was von ei­nem Ab­trans­port
ge­hört?« frag­te Sulz­ba­cher.
    »Nur Ge­rüch­te. Das letz­te war, daß tau­send aus­ge­son­dert wer­den sol­len.«
    »O Gott!« Ro­sens Ge­sicht schim­mer­te blaß in der Dun­kel­heit. »Sie wer­den
na­tür­lich uns neh­men. Die Schwächs­ten. Um uns los­zu­wer­den.«
    Er blick­te 509 an. Al­le dach­ten an den letz­ten Trans­port, den sie ge­se­hen
hat­ten.
    »Es ist ein Ge­rücht«, sag­te 509. »Wir ha­ben jetzt je­den Tag un­zäh­li­ge
La­tri­nen­pa­ro­len ge­hört. Laßt uns ru­hig sein, bis ein Be­fehl kommt. Dann kön­nen
wir im­mer noch se­hen, was Le­wins­ky, Wer­ner und die auf der Schreib­stu­be für uns
tun kön­nen. Oder wir hier.«
    Ro­sen schau­der­te. »Wie sie die da­mals an den Bei­nen un­ter den Bet­ten
her­vor­ge­ris­sen ha­ben ...«
    Le­ben­thal sah ihn voll Ver­ach­tung an. »Hast du nie mehr ge­se­hen in dei­nem Le­ben
als das?«
    »Ja ...«
    »Ich war ein­mal auf ei­nem großen Schlacht­hof«, sag­te Ahas­ver. »Ich war da für
das ko­sche­re Schlach­ten. In Chi­ka­go. Manch­mal wuß­ten die Tie­re, was pas­sie­ren
wür­de. Sie ro­chen das Blut. – Dann rann­ten sie so – wie die

Weitere Kostenlose Bücher