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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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kein In­ter­es­se
zei­gen wür­de, sich durch all­zu großen Dienstei­fer aus­zu­zeich­nen. Die­se Mel­dung
war durch den SS-Schar­füh­rer Bie­der ge­kom­men, der als zu­ver­läs­sig galt. Als
letz­tes kam ein Ent­schluß von zwei­hun­dert tsche­chi­schen Häft­lin­gen. Sie
er­klär­ten sich be­reit, als ers­te zu ge­hen, wenn der Trans­port doch ge­bil­det
wür­de, um zwei­hun­dert an­de­re, die ihn nicht mehr aus­hal­ten könn­ten, zu ret­ten.
    Wer­ner hock­te in ei­nem Hos­pi­tal­kit­tel ne­ben der Fleck­fie­be­r­ab­tei­lung. »Je­de
Stun­de ar­bei­tet für uns«, mur­mel­te er. »Ist Hoff­mann noch bei Neu­bau­er?«
    »Ja.«
    »Wenn er nichts er­reicht, müs­sen wir uns selbst hel­fen.«
    »Mit Ge­walt?« frag­te Le­wins­ky.
    »Nicht of­fen mit Ge­walt. Halb mit Ge­walt. Aber erst mor­gen. Mor­gen sind wir
dop­pelt so stark wie heu­te.« Wer­ner blick­te aus dem Fens­ter und nahm dann sei­ne
Ta­bel­len wie­der vor. »Noch ein­mal. Wir ha­ben Brot für vier Ta­ge, wenn wir
täg­lich ei­ne Ra­ti­on aus­ge­ben. Mehl. Grau­pen, Nu­deln sind ...«
    »Al­so gut, Herr Dok­tor. Ich wer­de es auf mei­ne Kap­pe neh­men. Bis mor­gen.«
    Neu­bau­er blick­te dem Hos­pi­tal­lei­ter nach und pfiff lei­se vor sich hin. Du auch,
dach­te er. Mei­net­we­gen! Je mehr, de­sto bes­ser. Kön­nen uns ge­gen­sei­tig
ent­las­ten. Vor­sich­tig leg­te er den Trans­port­be­fehl in sei­ne be­son­de­re Map­pe.
Dann tipp­te er auf der klei­nen Rei­se­schreib­ma­schi­ne sei­ne An­ord­nung, den
Trans­port zu ver­schie­ben, und füg­te sie hin­zu. Er öff­ne­te den Sa­fe, pack­te die
Map­pe hin­ein und schloß ab. Der Be­fehl war ein Glücks­fall ge­we­sen. Er hol­te die
Map­pe noch ein­mal her­vor und öff­ne­te die Schreib­ma­schi­ne wie­der. Lang­sam tipp­te
er ein neu­es Me­mo­ran­dum – die Auf­he­bung von We­bers An­ord­nung, kein Es­sen
aus­zu­ge­ben. Da­für ein ei­ge­ner Be­fehl für reich­li­ches Abendes­sen im La­ger.
Klei­ne Din­ge – aber al­le von Wert.
    In der SS-Ka­ser­ne herrsch­te ei­ne ge­drück­te Stim­mung. Der Ober­schar­füh­rer
Kamm­ler über­leg­te ver­dros­sen, ob er pen­si­ons­be­rech­tigt sei und ob die Pen­si­on
be­zahlt wer­den wür­de; er war ein ver­krach­ter Stu­dent und hat­te nichts ge­lernt,
um ar­bei­ten zu kön­nen.
    Der SS-Mann und ehe­ma­li­ge Schläch­ter­ge­sel­le Flors­tedt grü­bel­te dar­über nach, ob
wohl al­le Leu­te tot sei­en, die er in den Jah­ren 1933 bis 1935 un­ter den Hän­den
ge­habt hat­te. Er wünsch­te es. Von et­wa zwan­zig wuß­te er es. Er hat­te sie selbst
mit Peit­schen, Tisch­bei­nen und Och­sen­zie­mern er­le­digt. Aber von et­wa zehn
an­de­ren wuß­te er es nicht so ge­nau.
    Der kauf­män­ni­sche An­ge­stell­te, Schar­füh­rer Bol­te, hät­te gern von ei­nem Fach­mann
er­fah­ren, ob sei­ne Un­ter­schla­gun­gen im Zi­vil­be­ruf ver­jährt wa­ren oder nicht.
    Nie­mann, der Ab­sprit­zer, hat­te einen ho­mo­se­xu­el­len Freund in der Stadt, der
ver­spro­chen hat­te, ihm falsche Pa­pie­re zu be­sor­gen; aber er trau­te ihm nicht
und nahm sich vor, ei­ne letz­te Sprit­ze für ihn be­reit­zu­hal­ten.
    Der SS-Mann Du­da be­schloß, sich nach Spa­ni­en und Ar­gen­ti­ni­en durch­zu­schla­gen;
er er­war­te­te, daß man in sol­chen Zei­ten im­mer Leu­te ge­brau­chen kön­ne, die vor
nichts zu­rück­schreck­ten.
    Breu­er tö­te­te im Bun­ker den ka­tho­li­schen Vi­kar Werk­meis­ter, in­dem er ihn
lang­sam, mit Pau­sen, er­dros­sel­te.
    Der Schar­füh­rer Som­mer, ein sehr klein ge­wach­se­ner Mensch, der ei­ne be­son­de­re
Freu­de dar­an ge­habt hat­te, groß ge­wach­se­ne Häft­lin­ge zu ent­setz­tem Schrei­en zu
brin­gen, war voll Weh­mut wie ein ver­blü­hen­des Mäd­chen nach den gol­de­nen Ta­gen
der Ju­gend.
    Ein hal­b­es Dut­zend an­de­rer SS-Leu­te hoff­te, die Häft­lin­ge wür­den ih­nen gu­te
Zeug­nis­se aus­stel­len; ei­ni­ge glaub­ten noch an einen Sieg Deutsch­lands; an­de­re
wa­ren be­reit, zu den Kom­mu­nis­ten über­zu­ge­hen; ei­ne An­zahl war be­reits
über­zeugt, nie wirk­li­che Na­zis ge­we­sen zu sein; vie­le dach­ten ein­fach gar
nichts, weil sie

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