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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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einen has­ti­gen
Blick seit­wärts zu wer­fen.
    An­de­re fin­gen an, es nach­zu­ma­chen. Wer konn­te, rich­te­te sich auf und ging
um­her.
    Man­che nä­her­ten sich dem Sta­chel­draht wei­ter, als er­laubt war – so weit, daß
die Wa­chen schon ge­schos­sen hät­ten, wenn sie da­ge­we­sen wä­ren. Es lag ei­ne
son­der­ba­re Be­frie­di­gung dar­in. Es schi­en kin­disch, und es war al­les an­de­re, nur
nicht kin­disch.
    Sie schrit­ten vor­sich­tig auf ih­ren Stelz­bei­nen da­hin; man­che schwank­ten und
muß­ten sich fest­hal­ten; die Köp­fe ho­ben sich, die Au­gen in den ver­wüs­te­ten
Ge­sich­tern starr­ten nicht mehr auf den Bo­den ins Lee­re – sie be­gan­nen wie­der zu
se­hen. Et­was fast Ver­ges­se­nes rühr­te sich in den Ge­hir­n­en, qual­voll, be­stür­zend
und bei­na­he noch oh­ne Na­men. So wan­der­ten sie über den Platz, vor­über an den
Hau­fen von To­ten, vor­über an den Hau­fen teil­nahms­lo­ser Ka­me­ra­den, die star­ben
oder sich nur noch be­weg­ten und an Es­sen den­ken konn­ten – ei­ne geis­ter­haf­te
Pro­me­na­de von Ske­let­ten, in de­nen ein Fun­ke Le­ben trotz al­lem nicht er­stor­ben
war.
    Das Abend­rot er­losch. Blaue Schat­ten wu­cher­ten im Tal und über­schwemm­ten die
Hü­gel. Die Wa­chen wa­ren im­mer noch nicht zu­rück. Die Nacht wur­de tiefer. Bol­te
er­schi­en nicht zum Aben­d­ap­pell. Le­wins­ky brach­te Nach­rich­ten. In den Ka­ser­nen
war große Tä­tig­keit. Man er­war­te­te die Ame­ri­ka­ner in ein bis zwei Ta­gen. Der
Trans­port mor­gen wür­de nicht mehr zu­sam­men­ge­stellt wer­den. Neu­bau­er sei in die
Stadt ge­fah­ren.
    Le­wins­ky grins­te mit al­len Zäh­nen. »Nicht mehr lan­ge! Ich muß zu­rück!« Er nahm
drei von den Ver­steck­ten mit.
    Die Nacht war sehr still. Sie kam groß und mit al­len Ster­nen.

XXIV
    D er Lärm be­gann ge­gen
Mor­gen. 509 hör­te zu­erst das Schrei­en. Es kam von weit her durch die Stil­le. Es
war nicht das Schrei­en ge­fol­ter­ter Men­schen; es war das Grö­len ei­ner
be­trun­ke­nen Rot­te.
    Schüs­se knat­ter­ten. 509 fühl­te nach sei­nem Re­vol­ver. Er hat­te ihn un­ter dem
Hemd.
    Er ver­such­te zu hö­ren, ob nur die SS feu­er­te oder ob Wer­ners Leu­te be­reits
ant­wor­te­ten.
    Dann kam das Bel­len ei­nes leich­ten Ma­schi­nen­ge­weh­res.
    Er kroch hin­ter einen Hau­fen To­ter und be­ob­ach­te­te den Ein­gang zum Klei­nen
La­ger.
    Es war noch dun­kel, und ne­ben dem Hau­fen wa­ren noch so vie­le ein­zel­ne To­te
ver­streut, daß er sich leicht da­zu­le­gen konn­te, oh­ne auf­zu­fal­len.
    Das Brül­len und Schie­ßen dau­er­te ei­ni­ge Mi­nu­ten. Dann wur­de es plötz­lich
stär­ker und kam nä­her. 509 drück­te sich dich­ter hin­ter die To­ten. Er sah das
ro­te Stot­tern des Ma­schi­nen­ge­weh­res. Ein­schüs­se klatsch­ten über­all­hin. Ein
hal­b­es Dut­zend SS-Leu­te kam feu­ernd den großen Mit­tel­weg her­un­ter. Sie schos­sen
in die Ba­ra­cken zu bei­den Sei­ten. Ab und zu patsch­ten ver­irr­te Ku­geln weich in
die Hau­fen der To­ten. 509 lag flach und völ­lig ge­deckt auf dem Bo­den.
    Auf al­len Sei­ten er­ho­ben sich Häft­lin­ge wie ver­ängs­tig­te Vö­gel. Sie flat­ter­ten
mit den Ar­men und tau­mel­ten ziel­los um­her. »Hin­le­gen!« rief 509. »Hin­le­gen! Tot
stel­len! Still lie­gen blei­ben!«
    Ei­ni­ge hör­ten ihn und lie­ßen sich fal­len. An­de­re stol­per­ten auf die Ba­ra­cke los
und stau­ten sich an den Tü­ren. Die meis­ten, die drau­ßen wa­ren, blie­ben lie­gen,
wo sie la­gen.
    Der Trupp kam an der La­tri­ne vor­bei, lief auf das Klei­ne La­ger los. Das Tor
wur­de auf­ge­ris­sen. 509 sah im Dun­keln die Sil­hou­et­ten und im Auf­sprü­hen der
Re­vol­ver die ver­zerr­ten Ge­sich­ter. »Hier­her!« schrie je­mand. »Hier zu den
Holz­ba­ra­cken! Wol­len den Brü­dern mal ein­hei­zen. Frie­ren si­cher! Hier­her!«
    »Los! 'ran hier! Los, Stein­bren­ner. Bringt die Kan­nen her!« 509 er­kann­te We­bers
Stim­me.
    »Da sind ja wel­che vor der Tür!«, rief Stein­bren­ner.
    Das leich­te MG spuck­te in den dunklen Hau­fen an der Tür. Er sank lang­sam in
sich zu­sam­men. »Gut so! Und jetzt los!«
    509 hör­te Gluck­sen, als

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