Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
Vom Netzwerk:
hin­ein­ge­wöhn­te! Im
Grun­de war man ja nie fa­na­ti­scher Na­zi ge­we­sen. Viel eher Be­am­ter, treu­er
Be­am­ter des Va­ter­lan­des.
    We­ber und ähn­li­che Leu­te, Dietz und sei­ne Cli­que, das wa­ren Na­zis.
    Neu­bau­er hol­te sich ei­ne Zi­gar­re. »Ro­meo und Ju­lia.« Bes­ser, man rauch­te sie
auf.
    Vier, fünf konn­te man in der Kis­te las­sen. Even­tu­ell dem Geg­ner prä­sen­tie­ren.
Ei­ne gu­te Zi­gar­re über­brück­te vie­les. Er tat ein paar Zü­ge. Wenn die Geg­ner nun
das La­ger se­hen woll­ten?
    Gut. Wenn ih­nen et­was nicht paß­te – er hat­te nur auf Be­fehl ge­han­delt. Sol­da­ten
ver­stan­den das.
    Blu­ten­den Her­zens oft. Aber – ihm fiel plötz­lich et­was ein.
    Es­sen, gu­tes, reich­li­ches Es­sen! Das war es! Da­nach sah man im­mer zu­erst. Er
muß­te so­fort an­ord­nen, daß die Ra­tio­nen er­höht wür­den.
    Da­mit konn­te er zei­gen, daß er gleich, als er kei­ne Be­feh­le mehr hat­te, al­les
für die Häft­lin­ge ge­tan hat­te, was mög­lich war.
    Er wür­de es den bei­den La­ge­räl­tes­ten so­gar per­sön­lich sa­gen.
    Das wa­ren selbst Häft­lin­ge. Die wür­den dann für ihn zeu­gen.
    Stein­bren­ner stand vor We­ber. Sein Ge­sicht glänz­te vor Ei­fer. »Zwei
Häft­lin­ge beim Flucht­ver­such er­schos­sen«, mel­de­te er. »Bei­des Kopf­schüs­se.«
    We­ber er­hob sich lang­sam und setz­te sich nach­läs­sig auf die Ecke sei­nes
Ti­sches. »Auf wel­che Ent­fer­nung?«
    »Einen auf drei­ßig, den an­de­ren auf vier­zig Me­ter.«
    »Wirk­lich?«
    Stein­bren­ner wur­de rot. Er hat­te bei­de Häft­lin­ge auf ei­ne Ent­fer­nung von
we­ni­gen Me­tern er­schos­sen – ge­ra­de weit ge­nug ent­fernt, da­mit die Wun­den kei­ne
Pul­ver­rän­der zei­gen konn­ten.
    »Und es war ein Flucht­ver­such?« frag­te We­ber.
    »Zu Be­fehl.«
    Bei­de wuß­ten, daß es kein Flucht­ver­such ge­we­sen war. Es war nur der Na­me für
ein be­lieb­tes Spiel der SS. Man nahm die Müt­ze ei­nes Sträf­lings, warf sie
hin­ter sich und be­fahl ihm, sie wie­der­zu­ho­len. Pas­sier­te er einen da­bei, so
er­schoß man ihn von hin­ten we­gen Flucht­ver­suchs. Der Schüt­ze be­kam da­für
ge­wöhn­lich ei­ni­ge Ta­ge Ur­laub.
    »Willst du auf Ur­laub?« frag­te We­ber.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Das sä­he aus, als woll­te ich mich drücken.«
    We­ber hob die Au­gen­brau­en und be­gann lang­sam das Bein zu wip­pen, mit dem er auf
dem Tisch saß. Der Re­flex der Son­ne auf dem hin und her pen­deln­den Stie­fel
irr­te über die kah­len Wän­de wie ein hel­ler, ein­sa­mer Schmet­ter­ling.
    »Du hast al­so kei­ne Angst?«
    »Nein.« Stein­bren­ner blick­te We­ber fest an.
    »Gut. Wir brau­chen gu­te Leu­te. Be­son­ders jetzt.«
    We­ber hat­te Stein­bren­ner schon län­ge­re Zeit be­ob­ach­tet. Er ge­fiel ihm. Er war
sehr jung und hat­te noch et­was von dem Fa­na­tis­mus, für den die SS ein­mal
be­rühmt ge­we­sen war.
    »Be­son­ders jetzt«, wie­der­hol­te We­ber. »Wir brau­chen jetzt ei­ne SS der SS.
Ver­stehst du das?«
    »Ja­wohl. Ich glau­be we­nigs­tens.«
    Stein­bren­ner er­rö­te­te wie­der. We­ber war sein Vor­bild. Er hat­te für ihn ei­ne
blin­de Ver­eh­rung – so wie ein Kna­be für einen In­dia­ner­häupt­ling. Er hat­te von
We­bers Mut in den Saal­schlach­ten von 1933 ge­hört; er wuß­te, daß er 1929 an der
Er­mor­dung von fünf kom­mu­nis­ti­schen Ar­bei­tern be­tei­ligt ge­we­sen war und da­für
vier Mo­na­te im Ge­fäng­nis ge­ses­sen hat­te – die Ar­bei­ter wa­ren nachts aus ih­ren
Bet­ten ge­holt und vor den Au­gen ih­rer An­ge­hö­ri­gen tot­ge­tram­pelt wor­den.
    Er kann­te auch die Er­zäh­lun­gen von We­bers bru­ta­len Ver­hö­ren bei der Ge­sta­po und
von sei­ner Rück­sichts­lo­sig­keit mit Staats­fein­den. Al­les, was er sich wünsch­te,
war, eben­so zu wer­den wie sein Ide­al. Er war auf­ge­wach­sen mit den Leh­ren der
Par­tei. Er war sie­ben Jah­re alt ge­we­sen, als der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus zur Macht
kam, und das voll­kom­me­ne Pro­dukt sei­ner Er­zie­hung.
    »Es sind viel zu vie­le oh­ne ge­naue Prü­fung in die SS ge­kom­men«, sag­te We­ber.
»Jetzt fängt die Aus­le­se an.

Weitere Kostenlose Bücher