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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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auf al­les, was qualm­te.
Scha­de, daß es ra­tio­niert war.
    Man hät­te das Zehn­fa­che um­set­zen kön­nen. Er sah den La­den noch ein­mal an. Glück
ge­habt. Nichts pas­siert. Er spuck­te aus. Er hat­te plötz­lich einen schlech­ten
Ge­schmack im Mun­de. Es muß­te die Zi­gar­re sein. Oder was sonst? Es war ja nichts
pas­siert. Ner­vo­si­tät?
    Wo­zu dach­te er nur auf ein­mal an all die al­ten Ge­schich­ten? Längst ver­jähr­ter
Kram! Er warf die Zi­gar­re fort, als er wie­der in den Wa­gen stieg, und gab die
bei­den an­de­ren dem Chauf­feur.
    »Hier, Al­fred, et­was Gu­tes für heu­te Abend. Und nun los – zum Gar­ten.«
    Der Gar­ten war der Stolz Neu­bau­ers. Er war ein großes Grund­stück am Ran­de der
Stadt. Der Haupt­teil war mit Ge­mü­se und Obst be­baut; au­ßer­dem war noch ein
Blu­men­gar­ten da und ein Stall. Ei­ne An­zahl rus­si­scher Ge­fan­ge­ner aus dem La­ger
hielt al­les in Ord­nung. Sie kos­te­ten nichts und hät­ten ei­gent­lich Neu­bau­er noch
zah­len sol­len. Statt zwölf bis fünf­zehn Stun­den im Kup­fer­werk zu schuf­ten,
hat­ten sie bei ihm fri­sche Luft und leich­te Ar­beit.
    Die Däm­me­rung lag über dem Gar­ten. Der Him­mel an die­ser Sei­te war klar, und der
Mond hing in den Kro­nen der Ap­fel­bäu­me. Die auf­ge­bro­che­ne Er­de roch stark. In
den Fur­chen keim­te das ers­te Ge­mü­se, und die Obst­bäu­me hat­ten kleb­ri­ge,
schwel­len­de Knos­pen. Ein klei­ner ja­pa­ni­scher Kirsch­baum, der im Win­ter im
Glas­haus ge­stan­den hat­te, war be­reits über­rie­selt von ei­nem Hauch von Weiß und
Ro­sa – sich öff­nen­den, schüch­ter­nen Blü­ten.
    Die Rus­sen ar­bei­te­ten im ge­gen­über­lie­gen­den Teil des Grund­stückes. Neu­bau­er sah
ih­re dunklen, ge­beug­ten Rücken und die Sil­hou­et­te des Wach­man­nes mit dem
Ge­wehr, des­sen auf­ge­pflanz­tes Ba­jo­nett in den Him­mel stieß. Der Wach­mann war
nur der Vor­schrift we­gen da; die Rus­sen lie­fen nicht weg.
    Wo­hin hät­ten sie schon lau­fen sol­len, in ih­ren Uni­for­men, oh­ne die Spra­che zu
ken­nen? Sie hat­ten einen großen Pa­pier­sack bei sich mit Asche aus dem
Kre­ma­to­ri­um, die sie in die Fur­chen streu­ten.
    Sie ar­bei­te­ten in den Bee­ten für Spar­gel und Erd­bee­ren, für die Neu­bau­er ei­ne
be­son­de­re Vor­lie­be hat­te. Er konn­te nicht ge­nug da­von es­sen. Der Pa­pier­sack
ent­hielt die Asche von sech­zig Per­so­nen, dar­un­ter zwölf Kin­dern.
    Durch das pflau­men­blaue, frü­he Dun­kel schim­mer­ten bleich die ers­ten Pri­meln und
Nar­zis­sen. Sie wa­ren an der Süd­mau­er ge­pflanzt und mit Glas be­deckt. Neu­bau­er
beug­te sich hin­un­ter.
    Die Nar­zis­sen ro­chen nicht. Da­für aber duf­te­te es nach Veil­chen, un­sicht­ba­ren
Veil­chen in der Däm­me­rung.
    Er hol­te tief Atem. Die­ses war sein Gar­ten. Er hat­te ihn selbst und rich­tig
be­zahlt.
    Alt­mo­disch und ehr­lich. Den vol­len Preis. Er hat­te ihn nie­mand weg­ge­nom­men.
Die­ses war sein Platz. Der Platz, wo man Mensch wur­de nach har­tem Dienst fürs
Va­ter­land und der Sor­ge für die Fa­mi­lie. Er sah sich voll Ge­nug­tu­ung um. Er sah
die Lau­be, die mit Geiß­blatt und Ro­sen­ran­ken über­wu­chert war, er sah die
Buchs­baum­he­cke, er sah die künst­li­che Grot­te aus Tuff­stein, er sah die
Flie­der­bü­sche, er roch die her­be Luft, in der schon Früh­ling war, er fühl­te mit
zärt­li­cher Hand die stro­hum­wun­de­nen Stäm­me der Pfir­sich­spa­lie­re und der
Ta­fel­bir­nen an der Wand, und dann öff­ne­te er die Tür zum Stall­ge­bäu­de.
    Er ging nicht zu den Hüh­nern, die wie al­te Wei­ber auf den Stan­gen hock­ten, –
auch nicht zu den bei­den jun­gen Schwei­nen, die im Stroh schlie­fen –, er ging zu
den Ka­nin­chen.
    Es wa­ren wei­ße und graue An­go­ra­ka­nin­chen mit lan­gem, sei­di­gem Haar. Sie
schlie­fen, als er das Licht an­dreh­te, und be­gan­nen dann sich all­mäh­lich zu
be­we­gen.
    Er steck­te einen Fin­ger durch die Draht­ma­schen und kraul­te ihr Fell. Sie wa­ren
wei­cher als al­les, was er kann­te. Er hol­te Kohl­blät­ter und Rü­ben­schnit­zel aus
ei­nem Korb und schob sie in die Kä­fi­ge. Die Ka­nin­chen ka­men her­an und fin­gen
mit

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