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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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hal­be Welt.«
    »Ich kann al­so sechs Frei­wil­li­ge ha­ben?«
    »Sechs und mehr, wenn Sie wol­len. Ich wer­de Ih­nen so­gar un­se­ren ers­ten
La­ger­füh­rer auf die Tour mit­ge­ben; er kann Sie zum Klei­nen La­ger füh­ren.
Sturm­füh­rer We­ber. Über­aus fä­hi­ger Mann.«
    »Gut. Dan­ke.«
    »Nichts zu dan­ken. War ein Ver­gnü­gen.«
    Wie­se ging. Neu­bau­er griff zum Te­le­fon und in­stru­ier­te We­ber. »Las­sen Sie ihn
sich or­dent­lich ab­zap­peln! Kei­ne Be­feh­le! Nur Frei­wil­li­ge. Er soll sich
mei­net­we­gen die Schwind­sucht an den Hals re­den. Wenn kei­ner will, kön­nen wir
ihm eben auch nicht hel­fen.«
    Er schmun­zel­te und leg­te den Hö­rer wie­der auf. Sei­ne schlech­te Lau­ne war
ver­schwun­den.
    Es hat­te ihm gut ge­tan, ei­nem die­ser Kul­tur­bol­sche­wis­ten ein­mal zu zei­gen, daß
man auch noch et­was zu mel­den hat­te.
    Das mit den Frei­wil­li­gen war ein be­son­ders gu­ter Ein­fall ge­we­sen. Es wür­de
Wie­se schwer fal­len, je­mand zu er­gat­tern.
    Die Ge­fan­ge­nen wuß­ten fast al­le Be­scheid. Selbst der La­ger­arzt, der sich
eben­falls für einen Ge­lehr­ten hielt, muß sich sei­ne Op­fer auf den Stra­ßen
zu­sam­men­fan­gen, wenn er ge­sun­de Leu­te für Ex­pe­ri­men­te brauch­te. Neu­bau­er
grins­te und be­schloß, spä­ter nach­zu­for­schen, was aus der Sa­che ge­wor­den war.
    »Kann man die Wun­de se­hen?« frag­te Le­ben­thal.
    »Kaum«, sag­te Ber­ger. »Die SS si­cher nicht. Es war der vor­letz­te Ba­cken­zahn.
Der Kie­fer ist jetzt starr.«
    Sie hat­ten die Lei­che Loh­manns vor die Ba­ra­cke ge­legt. Der Mor­ge­n­ap­pell war
vor­bei. Sie war­te­ten auf den Wa­gen für die To­ten.
    Ahas­ver stand ne­ben 509. Sei­ne Lip­pen be­weg­ten sich. »Für die­sen brauchst du
nicht Kad­disch zu sa­gen, Al­ter«, er­klär­te 509. »Die­ser war ein Pro­tes­tant.«
    Ahas­ver blick­te auf. »Es wird ihm nicht scha­den«, sag­te er ru­hig und mur­mel­te
wei­ter.
    Bu­cher er­schi­en. Hin­ter ihm kam Ka­rel, der Kna­be aus der Tsche­cho­slo­wa­kei.
Sei­ne Bei­ne wa­ren dünn wie Stö­cke und das Ge­sicht win­zig wie ei­ne Faust un­ter
dem viel zu großen Schä­del.
    Er schwank­te.
    »Geh zu­rück, Ka­rel«, sag­te 509. »Hier ist es zu kalt für dich.«
    Der Jun­ge schüt­tel­te den Kopf und kam nä­her. 509 wuß­te, warum er blei­ben
woll­te.
    Loh­mann hat­te ihm manch­mal et­was von sei­nem Brot ge­ge­ben. Und die­ses hier war
Loh­manns Be­er­di­gung; es war der Weg zum Fried­hof, es wa­ren die Krän­ze und
Blu­men mit bit­te­rem Ge­ruch, es war Be­ten und Kla­gen, es war al­les, was sie noch
für ihn tun konn­ten – die­ses: da zu ste­hen und mit tro­ckenen Au­gen auf den
Kör­per zu star­ren, der in der frü­hen Son­ne lag.
    »Da kommt der Wa­gen«, sag­te Ber­ger.
    Das La­ger hat­te frü­her nur Lei­chen­trä­ger ge­habt; dann, als die To­ten
zahl­rei­cher wur­den, au­ßer­dem einen Wa­gen mit ei­nem Schim­mel. Der Schim­mel war
ge­stor­ben, und jetzt hat­te man ein aus­ge­dien­tes, fla­ches Last­au­to mit ei­ner
Lat­ten­ver­scha­lung, wie es zum Trans­port von ge­schlach­te­tem Vieh be­nutzt wur­de.
Es fuhr von Ba­ra­cke zu Ba­ra­cke, die To­ten zu sam­meln.
    »Sind Lei­chen­trä­ger da­bei?«
    »Nein.«
    »Dann müs­sen wir ihn selbst auf­la­den. Holt West­hof und Mey­er.«
    »Die Schu­he«, flüs­ter­te Le­ben­thal plötz­lich auf­ge­regt.
    »Ja. Aber er muß et­was an den Fü­ßen ha­ben. Ha­ben wir was?«
    »In der Ba­ra­cke ist noch das zer­ris­se­ne Paar von Buchs­baum. Ich ho­le es.«
    »Stellt euch hier her­um«, sag­te 509. »Rasch! Paßt auf, daß man mich nicht se­hen
kann.« Er knie­te ne­ben Loh­mann nie­der.
    Die an­de­ren stell­ten sich so, daß er ge­gen das Last­au­to, das vor Ba­ra­cke 17
hielt, und ge­gen die Pos­ten auf den nächs­ten Tür­men ge­schützt war. Er konn­te
die Schu­he leicht ab­zie­hen; sie wa­ren viel zu groß. Die Fü­ße Loh­manns be­stan­den
nur noch aus Kno­chen.
    »Wo ist das an­de­re Paar? Rasch, Leo!«
    »Hier ...«
    Le­ben­thal kam aus der Ba­ra­cke. Die zer­ris­se­nen Schu­he hat­te er un­ter sei­ner
Ja­cke.
    Er trat zwi­schen die an­de­ren und dreh­te sich so, daß er sie

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