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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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vor 509 fal­len
las­sen konn­te.
    509 gab ihm die an­de­ren in die Hän­de. Le­ben­thal schob sie un­ter sei­ner Ja­cke
hoch, bis sie in sei­nen Ach­seln ver­bor­gen wa­ren, und ging dann zur Ba­ra­cke
zu­rück.
    509 streif­te Loh­mann die zer­ris­se­nen Schu­he Buchs­baums über die Fü­ße und stand
tau­melnd auf. Das Au­to hielt jetzt vor Ba­ra­cke 18.
    »Wer fährt es?«
    »Der Ka­po selbst. Stroh­schnei­der.«
    Le­ben­thal kam zu­rück. »Wie konn­ten wir das nur ver­ges­sen!« sag­te er zu 509.
»Die Soh­len sind noch gut.«
    »Kann man sie ver­kau­fen?«
    »Tau­schen.«
    »Gut.«
    Das Au­to kam nä­her. Loh­mann lag in der Son­ne. Der Mund war schief ge­zo­gen und
et­was of­fen, und ei­nes der Au­gen schim­mer­te wie ein gel­ber Hörn­knopf. Kei­ner
sag­te mehr et­was.
    Al­le sa­hen ihn an. Er war end­los weit weg.
    Die Lei­chen der Sek­tio­nen B und C wa­ren auf­ge­la­den. »Los!« schrie
Stroh­schnei­der. »Wollt ihr noch ei­ne Pre­digt? Schmeißt die Stin­ker 'rauf.«
    »Kommt«, sag­te Ber­ger.
    Sek­ti­on D hat­te die­sen Mor­gen nur vier Lei­chen. Für die drei ers­ten fand sich
noch Platz. Dann aber war der Wa­gen voll. Die Ve­te­ra­nen wuß­ten nicht mehr, wo
sie Loh­mann un­ter­brin­gen soll­ten. Die üb­ri­gen Lei­chen la­gen bis oben hin
über­ein­an­der.
    Die meis­ten wa­ren steif. »Oben drauf!« schrie Stroh­schnei­der. »Soll ich euch
Bei­ne ma­chen? Laßt ein paar 'rauf­klet­tern, ihr fau­len Schwei­ne! Das ist doch
die ein­zi­ge Ar­beit, die ihr noch zu ma­chen braucht. Kre­pie­ren und auf­la­den!«
    Sie konn­ten Loh­mann nicht von un­ten auf den Wa­gen he­ben.
    »Bu­cher! West­hof!« sag­te 509. »Kommt!«
    Sie leg­ten die Lei­che wie­der auf den Bo­den. Le­ben­thal, 509, Ahas­ver und Ber­ger
hal­fen Bu­cher und West­hof, auf den Wa­gen zu klet­tern. Bu­cher war fast oben, als
er aus­rutsch­te und schwank­te. Er griff nach ei­nem Halt; aber die Lei­che, an der
er sich hielt, war noch nicht starr. Sie gab nach und glitt mit ihm zu­sam­men
her­un­ter. Es sah ent­setz­lich de­mü­tig aus, wie sie so wi­der­stands­los auf die
Er­de glitt, als be­stän­de sie aus nichts als aus Ge­len­ken.
    »Ver­dammt!« schrie Stroh­schnei­der. »Was ist das für ei­ne Saue­rei?«
    »Rasch, Bu­cher! Noch ein­mal!« flüs­ter­te Ber­ger.
    Sie keuch­ten und scho­ben Bu­cher wie­der hoch. Es ge­lang ihm dies­mal, sich
fest­zu­hal­ten.
    »Erst die an­de­re«, sag­te 509. »Sie ist noch weich. Wir kön­nen sie leich­ter
weiter­schie­ben.« Es war der Kör­per ei­ner Frau. Sie war schwe­rer, als die
Lei­chen im La­ger ge­wöhn­lich wa­ren. Sie hat­te auch noch Lip­pen. Sie war
ge­stor­ben, nicht ver­hun­gert. Sie hat­te noch Brüs­te, kei­ne Haut­sä­cke. Sie war
nicht aus der Frau­en­ab­tei­lung, die an das Klei­ne La­ger grenz­te; dann wä­re sie
ma­ge­rer ge­we­sen. Sie muß­te vom Aus­tau­schla­ger der Ju­den mit süd­ame­ri­ka­ni­schen
Ein­rei­se­pa­pie­ren sein; dort wa­ren noch Fa­mi­li­en zu­sam­men.
    Stroh­schnei­der war von sei­nem Sitz ge­klet­tert und sah die Frau. »Wollt euch
wohl auf­gei­len, ihr Zie­gen­bö­cke, was?«
    Er brüll­te vor La­chen über sei­nen Witz. Als Ka­po des Lei­chen­trä­ger­kom­man­dos
hät­te er den Wa­gen nicht selbst zu fah­ren brau­chen; er tat es, weil es ein Au­to
war. Er war frü­her Chauf­feur ge­we­sen und fuhr, wo er nur konn­te. Er war auch
stets gut ge­launt, wenn er am Steu­er saß.
    Zu acht brach­ten sie den wei­chen Kör­per end­lich wie­der hin­auf. Sie zit­ter­ten
vor Er­schöp­fung. Dann ho­ben sie Loh­mann an, wäh­rend Stroh­schnei­der Kau­ta­bak­saft
nach ih­nen aus­spuck­te. Loh­mann war sehr leicht nach der Frau.
    »Hakt ihn fest«, flüs­ter­te Ber­ger Bu­cher und West­hof zu.
    »Hakt sei­nen Arm an ei­nem an­de­ren fest.«
    Es ge­lang ih­nen, einen Arm Loh­manns durch die seit­li­che Lat­ten­ver­scha­lung des
Wa­gens zu schie­ben. Der Arm hing da­durch her­aus, aber die Quer­stre­be hielt den
Kör­per un­ter der Ach­sel­höh­le fest.
    »Fer­tig«, sag­te Bu­cher und ließ sich her­un­ter­fal­len.
    »Fer­tig, ihr Heu­schre­cken?«
    Stroh­schnei­der lach­te. Die zehn has­ti­gen Ske­let­te hat­ten ihn an

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