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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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rie­si­ge
Heu­schre­cken er­in­nert, die ei­ne star­re, elf­te, her­um­schlepp­ten. »Ihr
Heu­schre­cken«, wie­der­hol­te er und sah die Ve­te­ra­nen an. Kei­ner lach­te mit. Sie
keuch­ten nur und starr­ten auf das En­de des Last­au­tos, aus dem die Fü­ße der
To­ten rag­ten. Vie­le Fü­ße. Ein paar Kin­der­fü­ße in schmut­zi­gen wei­ßen Schu­hen
wa­ren dar­un­ter.
    »Nun«, sag­te Stroh­schnei­der, wäh­rend er auf sei­nen Sitz klet­ter­te. »Wer von
euch Ty­phus­brü­dern ist der nächs­te?«
    Nie­mand ant­wor­te­te. Stroh­schnei­ders gu­te Lau­ne schwand. »Schei­ßer«, knurr­te er.
»Und selbst da­zu seid ihr noch zu däm­lich.«
    Er gab über­ra­schend Gas. Der Mo­tor knat­ter­te wie ei­ne Ma­schi­nen­ge­wehr­sal­ve.
    Die Ske­let­te spran­gen zur Sei­te. Stroh­schnei­der nick­te er­freut und wen­de­te den
Wa­gen.
    Sie stan­den im blau­en Öl­rauch. Le­ben­thal hus­te­te. »Die­ses di­cke, voll­ge­fres­se­ne
Schwein«, schimpf­te er.
    509 blieb in dem Qualm ste­hen. »Viel­leicht ist das gut ge­gen Läu­se.«
    Der Wa­gen fuhr zum Kre­ma­to­ri­um hin­un­ter. Loh­manns Arm hing seit­lich her­aus.
    Der Wa­gen wipp­te auf der un­ebe­nen Stra­ße, und der Arm schwank­te, als win­ke er.
    509 sah hin­ter­her. Er fühl­te die Gold­kro­ne in der Ta­sche.
    Einen Mo­ment war ihm, als hät­te der Zahn auch ver­schwun­den sein müs­sen,
zu­sam­men mit Loh­mann. Le­ben­thal hus­te­te im­mer noch. 509 wand­te sich um. Er
fühl­te in sei­ner Ta­sche jetzt auch das Stück Brot vom Abend vor­her. Er hat­te es
noch nicht ge­ges­sen. Er fühl­te es, und es schi­en ihm wie ein sinn­lo­ser Trost.
»Wie ist es mit den Schu­hen, Leo?« frag­te er. »Was sind sie wert?«
    Ber­ger war auf dem We­ge zum Kre­ma­to­ri­um, als er We­ber und Wie­se sah. Er
hum­pel­te so­fort zu­rück. »We­ber kommt! Mit Hand­ke und ei­nem Zi­vi­lis­ten! Ich
glau­be, es ist der Meer­schwein­arzt. Vor­sicht!«
    Die Ba­ra­cken ge­rie­ten in Auf­ruhr. Hö­he­re SS-Of­fi­zie­re ka­men fast nie ins Klei­ne
La­ger. Je­der wuß­te, daß es einen be­son­de­ren Grund ha­ben muß­te. »Der
Schä­fer­hund, Ahas­ver!« rief 509. »Ver­steck ihn!«
    »Glaubst du, daß sie die Ba­ra­cken re­vi­die­ren wol­len?«
    »Viel­leicht nicht. Es ist ein Zi­vi­list da­bei.«
    »Wo sind sie?« frag­te Ahas­ver. »Ist noch Zeit?«
    »Ja. Rasch!«
    Der Schä­fer­hund leg­te sich ge­hor­sam nie­der, wäh­rend Ahas­ver ihn strei­chel­te und
509 ihm Hän­de und Fü­ße band, da­mit er nicht nach drau­ßen lau­fen konn­te. Er tat
es zwar nie; aber die­ser Be­such war au­ßer­ge­wöhn­lich, und es war bes­ser, nichts
zu ris­kie­ren.
    Ahas­ver stopf­te ihm noch einen Lum­pen in den Mund, so daß er at­men, aber nicht
bel­len konn­te. Dann scho­ben sie ihn in die dun­kels­te Ecke. »Bleib da!« Ahas­ver
hob die Hand. »Ru­hig! Platz!« Der Schä­fer­hund hat­te ver­sucht, sich zu er­he­ben.
»Leg dich! Still! Bleib da!« Der Irr­sin­ni­ge sank zu­rück.
    »'raustre­ten!« schrie Hand­ke drau­ßen.
    Die Ske­let­te dräng­ten sich her­aus und stell­ten sich auf. Wer nicht ge­hen
konn­te, wur­de ge­stützt oder ge­tra­gen und auf die Er­de ge­legt.
    Es war ein er­bärm­li­cher Hau­fen von halb­to­ten, ster­ben­den und ver­hun­gern­den
Men­schen. We­ber wand­te sich an Wie­se.
    »Ist das hier, was Sie brau­chen?«
    Wie­ses Na­sen­flü­gel schnup­per­ten, als rie­che er einen Bra­ten.
    »Präch­ti­ge Spe­zi­men«, mur­mel­te er. Dann setz­te er ei­ne Horn­bril­le auf und
be­trach­te­te die Rei­hen wohl­wol­lend.
    »Wol­len Sie sie aus­su­chen?« frag­te We­ber.
    Wie­se hüs­tel­te. »Ja – nun, da war von Mel­den die Re­de – frei­wil­lig ...«
    »Na, schön«, er­wi­der­te We­ber. »Wie Sie wol­len. Sechs Mann vor­tre­ten für leich­te
Ar­beit.«
    Nie­mand be­weg­te sich. We­ber wur­de rot. Die Blockäl­tes­ten schrie­en das Kom­man­do
nach und be­gan­nen, ei­lig Leu­te vor­zu­sto­ßen. We­ber ging ge­lang­weilt die Rei­hen
ent­lang und ent­deck­te plötz­lich Ahas­ver im hin­te­ren Glied vor Ba­ra­cke 22.
    »Der da! Der mit dem Bart!« schrie er. »'raustre­ten! Weißt du nicht, daß es
ver­bo­ten ist, so 'rum­zu­lau­fen?

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