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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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sag­te 509. »Sa­chen von
drü­ben, mit de­nen du leich­ter han­deln kannst. Ich ha­be ih­nen ge­sagt, wir hät­ten
noch fünf Mark.«
    »Hör mal ...« be­gann Le­ben­thal. Dann hob er die Schul­tern.
    »Wenn du das Geld hast, ist es dei­ne Sa­che.« 509 starr­te ihn an. Schließ­lich
blick­te Le­ben­thal weg und ließ sich auf die El­len­bo­gen sin­ken. »Du machst mich
ka­putt«, jam­mer­te er lei­se. »Was willst du ei­gent­lich? Wo­zu mischst du dich auf
ein­mal in al­les ein?«
    509 wi­der­stand der Gier, ei­ne Kar­tof­fel in den Mund zu stop­fen und noch ei­ne,
rasch, al­le, ehe ihm je­mand zu­vor­kam.
    »Wie stellst du dir das vor?« flüs­ter­te Le­ben­thal wei­ter. »Al­les auf­fres­sen,
das Geld aus­ge­ben wie Idio­ten – wie sol­len wir dann Neu­es krie­gen?«
    Die Kar­tof­feln. 509 roch sie. Das Brot. Sei­ne Hän­de woll­ten dem Den­ken
plötz­lich nicht mehr fol­gen. Sein Ma­gen war nichts mehr als Gier. Es­sen! Es­sen!
Schlin­gen! Rasch! Rasch! »Wir ha­ben den Zahn«, sag­te er müh­sam und dreh­te den
Kopf weg.
    »Was ist mit dem Zahn? Wir krie­gen doch et­was da­für. Was ist da­mit?«
    »Da war heu­te we­nig zu ma­chen. Das dau­ert noch. Ist auch nicht si­cher. Man hat
erst, was man in der Hand hat.«
    Ist er nicht hung­rig? dach­te 509. Was re­det er? Zer­reißt es ihm nicht den
Ma­gen?
    »Leo«, sag­te er mit di­cker Zun­ge. »Denk an Loh­mann. Wenn wir so­weit sind, ist
es zu spät. Je­der Tag zählt jetzt. Wir brau­chen nicht mehr für Mo­na­te im vor­aus
zu den­ken.«
    Von der Rich­tung des Frau­en­la­gers her kam ein dün­ner, ho­her Schrei – wie von
ei­nem ängst­li­chen Vo­gel. Ein Mu­sel­mann stand dort auf ei­nem Bein und streck­te
die Ar­me zum Him­mel.
    Ein zwei­ter ver­such­te, ihn zu hal­ten. Es sah aus, als ob bei­de einen gro­tes­ken
»pas de deux« vor dem Ho­ri­zont tanz­ten. Einen Mo­ment spä­ter stürz­ten sie wie
dür­res Holz zu Bo­den, und der Schrei ver­stumm­te.
    509 dreh­te sich wie­der um. »Wenn wir erst sind wie die, nützt uns al­les nichts
mehr«, sag­te er. »Dann sind wir ka­putt für im­mer. Wir müs­sen uns weh­ren, Leo.«
    »Weh­ren – wie?«
    »Weh­ren«, sag­te 509 ru­hi­ger. Der An­fall war vor­über. Er konn­te wie­der se­hen.
Der Brot­ge­ruch mach­te ihn nicht mehr blind. Er nä­her­te sei­nen Kopf Le­bent­hals
Ohr. »Für nach­her ...« sag­te er fast laut­los. »Um uns zu rä­chen ...«
    Le­ben­thal fuhr zu­rück. »Da­mit will ich nichts zu tun ha­ben.«
    509 lä­chel­te schwach. »Das sollst du auch nicht. Sor­ge du nur fürs Fres­sen.«
    Le­ben­thal schwieg ei­ne Zeit­lang. Dann griff er in sei­ne Ta­sche, zähl­te
Geld­stücke dicht vor sei­nen Au­gen und gab sie 509. »Hier sind drei Mark. Die
letz­ten. Bist du nun zu­frie­den?« 509 nahm das Geld, oh­ne zu ant­wor­ten.
    Le­ben­thal leg­te das Brot und die Kar­tof­feln aus­ein­an­der.
    »Zwölf Tei­le. Ver­flucht we­nig da­für.« Er be­gann ab­zu­zäh­len.
    »Elf. Loh­mann will nichts mehr. Braucht auch nichts mehr.«
    »Gut. Elf.«
    »Bring es hin­ein zu Ber­ger, Leo. Sie war­ten.«
    »Ja. Hier ist deins. Willst du hier blei­ben, bis die bei­den zu­rück­kom­men?«
    »Ja.«
    »Du hast noch Zeit. Sie kom­men nicht vor eins oder zwei.«
    »Das macht nichts. Ich blei­be hier.«
    Le­ben­thal zuck­te die Ach­seln. »Wenn sie nicht mehr brin­gen als vor­her, brauchst
du über­haupt nicht zu war­ten. Da­für kann ich auch was im Großen La­ger krie­gen.
Wu­cher­prei­se, die Bies­ter!«
    »Ja, Leo. Ich wer­de auf­pas­sen, daß ich mehr krie­ge.« 509 kroch wie­der un­ter den
Man­tel. Ihn fror. Die Kar­tof­feln und sein Stück Brot hielt er in der Hand. Er
steck­te das Brot in die Ta­sche. Ich wer­de heu­te nacht nichts es­sen, dach­te er.
Ich wer­de bis mor­gen war­ten. Wenn ich das fer­tig brin­ge, dann – er wuß­te nicht,
was dann sein wür­de. Ir­gend et­was. Et­was Wich­ti­ges. Er ver­such­te es
aus­zu­den­ken. Es ging nicht. Er hat­te noch die Kar­tof­feln in der Hand. Ei­ne
große und ei­ne sehr klei­ne. Sie wa­ren zu stark. Er aß sie. Er ver­schlang die
klei­ne mit ei­nem Bis­sen; die große kau­te und kau­te er. Er hat­te nicht er­war­tet,
daß der Hun­ger da­nach noch schlim­mer wer­den wür­de.
    Er hät­te es

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