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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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den
Hund zu ver­ste­cken und die an­de­ren zu war­nen. Le­ben­thal glitt des­halb lei­se
hin­ter die Rück­wand der Ba­ra­cke und ver­steck­te sich im Schat­ten.
    West­hof war der ers­te, dem Hand­ke be­geg­ne­te. »He­da, du!« schrie er.
    West­hof blieb ste­hen.
    »Wes­halb bist du nicht in der Ba­ra­cke?«
    »Ich bin auf dem We­ge zur La­tri­ne.«
    »Sel­ber La­tri­ne. Komm hier­her!«
    West­hof trat nä­her. Er sah im Ne­bel Hand­kes Ge­sicht nur un­deut­lich.
    »Wie heißt du?«
    »West­hof.«
    Hand­ke schwank­te. »Du heißt nicht West­hof. Du heißt stin­ken­der Sau­ju­de. Wie
heißt du?«
    »Ich bin kein Ju­de.«
    »Was?« Hand­ke schlug ihm ins Ge­sicht. »Von wel­chem Block bist du?«
    »Zwei­und­zwan­zig.«
    »Auch das noch! Von mei­nem ei­ge­nen! Lump! Wel­che Stu­be?«
    »Stu­be D!«
    »Hin­le­gen!«
    West­hof warf sich nicht hin. Er blieb ste­hen. Hand­ke trat einen Schritt nä­her.
    West­hof sah jetzt sein Ge­sicht und woll­te weg­lau­fen. Hand­ke trat ihm ge­gen das
Schien­bein. Er war als Blockäl­tes­ter gut ge­nährt und viel stär­ker als je­der­mann
im Klei­nen La­ger.
    West­hof fiel, und Hand­ke trat ihm ge­gen die Brust. »Hin­le­gen, Ju­den­schwein!«
    West­hof leg­te sich flach auf den Bo­den.
    »Stu­be D 'raustre­ten!« schrie Hand­ke.
    Die Ske­let­te ka­men her­aus. Sie wuß­ten be­reits, was ge­sche­hen wür­de. Ei­ner von
ih­nen wür­de ver­prü­gelt wer­den.
    Hand­kes Sauf­ta­ge en­de­ten im­mer so. »Sind das al­le?« lall­te Hand­ke.
»Stu­ben­dienst!«
    »Ja­wohl!« mel­de­te Ber­ger.
    Hand­ke starr­te durch das neb­li­ge Dun­kel auf die Rei­hen.
    Bu­cher und 509 stan­den zwi­schen den an­de­ren. Sie konn­ten müh­se­lig wie­der ge­hen
und ste­hen. Ahas­ver fehl­te.
    Er war mit dem Schä­fer­hund in der Ba­ra­cke ge­blie­ben. Wenn Hand­ke ge­fragt hät­te,
hät­te Ber­ger ihn als tot ge­mel­det. Aber Hand­ke war be­trun­ken und hät­te auch
nüch­tern nicht ge­nau Be­scheid ge­wußt. Er ging un­gern in die Ba­ra­cken, aus Angst
vor Dys­en­te­rie und Ty­phus.
    »Wer sonst will hier noch Ge­hor­sam ver­wei­gern?« Hand­kes Stim­me wur­de di­cker.
»Laus – Lau­se­ju­den!«
    Nie­mand ant­wor­te­te. »Schteht schtramm! Wie Kul­tur – Kul­tur­menschen!« Sie
stan­den stramm. Hand­ke glotz­te sie ei­ne Wei­le an, dann dreh­te er sich um und
be­gann West­hof, der noch auf dem Bo­den lag, mit Fü­ßen zu tre­ten. West­hof hielt
sei­nen Kopf mit den Ar­men ge­schützt. Hand­ke trat ihn ei­ne Zeit­lang.
    Es war still, und man hör­te nichts an­de­res als das dump­fe Auf­schla­gen der
Stie­fel Hand­kes ge­gen die Rip­pen West­hofs.
    509 spür­te, wie Bu­cher sich ne­ben ihm reg­te. Er pack­te sein Hand­ge­lenk und
hielt ihn fest. Bu­chers Hand zuck­te. 509 ließ nicht los. Hand­ke trat
stumpf­sin­nig wei­ter. End­lich wur­de er mü­de und sprang ei­ni­ge Ma­le auf West­hofs
Rücken. West­hof rühr­te sich nicht. Hand­ke kam zu­rück. Sein Ge­sicht war naß von
Schweiß. »Ju­den!« sag­te er. »Wie Läu­se drauf­tre­ten muß man auf euch. Was seid
ihr?« Er zeig­te mit un­si­che­rem Fin­ger auf die Ske­let­te. »Ju­den«, er­wi­der­te 509.
    Hand­ke nick­te und sah ei­ni­ge Se­kun­den lang tief­sin­nig auf den Bo­den. Dann
dreh­te er sich um und ging zu dem Draht­zaun hin­über, der die Frau­en­ba­ra­cken
ab­trenn­te. Er stand dort, und man hör­te ihn schnau­fen. Er war frü­her
Buch­dru­cker ge­we­sen und we­gen Sitt­lich­keits­ver­bre­chens ins La­ger ge­kom­men; seit
ei­nem Jahr war er Blockäl­tes­ter.
    Nach ei­ni­gen Mi­nu­ten kam er zu­rück und stapf­te, oh­ne sich um je­mand zu küm­mern,
die La­ger­stra­ße zu­rück.
    Ber­ger und Ka­rel dreh­ten West­hof um. Er war be­wußt­los.
    »Hat er ihm die Rip­pen ge­bro­chen?« frag­te Bu­cher.
    »Er hat ihm ge­gen den Kopf ge­tre­ten«, er­wi­der­te Ka­rel. »Ich ha­be es ge­se­hen.«
    »Sol­len wir ihn hin­ein­tra­gen?«
    »Nein«, sag­te Ber­ger. »Laßt ihn hier. Er liegt einst­wei­len bes­ser hier. Drin­nen
ist zu we­nig Platz. Ist noch Was­ser da?«
    Sie hat­ten ei­ne Kon­ser­ven­do­se mit Was­ser. Ber­ger öff­ne­te die Ja­cke West­hofs.
    »Soll­ten wir ihn nicht doch lie­ber

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