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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Ar­beits­la­ger.
    Le­ben­thal dräng­te sich lang­sam hin­durch. »Was hast du?« frag­te ihn je­mand.
    Leo sah den Mann kurz an. Es war ein ab­ge­ris­se­ner Häft­ling, der nur ein Au­ge
hat­te.
    »Nichts.«
    »Ich ha­be Ka­rot­ten.«
    »Kein In­ter­es­se.« Le­ben­thal wirk­te im Wasch­raum plötz­lich ent­schlos­se­ner als je
in Ba­ra­cke 22.
    »Kaf­fer.«
    »Sel­ber ei­ner.«
    Le­ben­thal kann­te ei­ni­ge der Händ­ler. Er hät­te um die Ka­rot­ten ge­han­delt, wenn
er heu­te nicht auf Beth­ke aus ge­we­sen wä­re. Es wur­den ihm noch Sau­er­kraut, ein
Kno­chen und ei­ni­ge Kar­tof­feln zu Wu­cher­prei­sen an­ge­bo­ten; er lehn­te sie ab und
ging wei­ter. In der äu­ßers­ten Ecke der Ba­ra­cke be­merk­te er einen jun­gen
Bur­schen mit wei­bi­schen Zü­gen, der nicht hier­her zu ge­hö­ren schi­en. Er aß
gie­rig et­was aus ei­ner Kon­ser­ven­büch­se, und Le­ben­thal sah, daß er nicht nur
dün­ne Sup­pe aß; er kau­te auch.
    Ne­ben ihm stand ein gut ge­nähr­ter Häft­ling von et­wa vier­zig Jah­ren, der
eben­falls nicht in den Raum paß­te. Er ge­hör­te oh­ne Zwei­fel zur Ari­sto­kra­tie des
La­gers. Sein kah­ler, fet­ter Kopf glänz­te, und sei­ne Hand glitt lang­sam über den
Rücken des Bur­schen.
    Das Haar des Jun­gen war nicht ge­scho­ren; er trug es gut ge­kämmt, mit ei­nem
Schei­tel. Er war auch nicht schmut­zig. Le­ben­thal dreh­te sich um. Er woll­te
ent­täuscht zu dem Ka­rot­ten­ver­käu­fer zu­rück­ge­hen, als er Beth­ke plötz­lich kom­men
und sich rück­sichts­los zu der Ecke durch­drän­gen sah, wo der Jun­ge stand.
Le­ben­thal trat ihm in den Weg. Beth­ke stieß ihn bei­sei­te und stell­te sich vor
den Jun­gen. »So, hier hast du dich ver­steckt, Lud­wig, du Hu­re! Da ha­be ich dich
doch mal er­wi­scht!«
    Der Jun­ge starr­te ihn an und schluck­te ei­lig. Er er­wi­der­te nichts.
    »Mit ei­nem ver­damm­ten Kahl­kopf von ei­nem Kü­chen­bul­len«, er­gänz­te Beth­ke gif­tig.
    Der Kü­chen­bul­le be­ach­te­te Beth­ke nicht. »Iß, mein Jun­ge«, sag­te er trä­ge zu
Lud­wig. »Wenn du dann noch hung­rig bist, kannst du mehr ha­ben.«
    Beth­ke wur­de rot. Er schlug mit der Faust ge­gen die Kon­ser­ven­do­se. Der In­halt
schwapp­te über, Lud­wig ins Ge­sicht.
    Ein Kar­tof­fel­stück fiel auf den Bo­den. Zwei Ske­let­te stürz­ten sich dar­auf,
ris­sen es weg und schlu­gen sich dar­um. Beth­ke trat sie bei­sei­te. »Kriegst du
von mir nicht ge­nug?« frag­te er.
    Lud­wig hielt die Do­se mit bei­den Hän­den fest an die Brust ge­drückt. Er ver­zog
ängst­lich sein Ge­sicht und blick­te von Beth­ke zu dem Kahl­kopf.
    »Schein­bar nicht«, er­klär­te der Kü­chen­bul­le in die Rich­tung Beth­kes. »Mach dir
nichts draus«, sag­te er dann zu dem Jun­gen. »Iß wei­ter, und wenn du nicht ge­nug
hast, gibt's mehr. Von mir kriegst du auch kei­ne Prü­gel.«
    Beth­ke sah aus, als wol­le er sich auf den Kahl­kopf stür­zen; aber er trau­te sich
nicht.
    Er wuß­te nicht, wie­viel Pro­tek­ti­on der an­de­re hat­te. So et­was war
au­ßer­or­dent­lich wich­tig im La­ger. Wenn der Kahl­kopf die vol­le Pro­tek­ti­on des
Kü­chen­ka­pos hat­te, konn­te ei­ne Schlä­ge­rei schlecht für Beth­ke aus­ge­hen. Die Kü­che
hat­te glän­zen­de Ver­bin­dun­gen, und es war be­kannt, daß sie Schie­bun­gen mit dem
La­ge­räl­tes­ten und mit ver­schie­de­nen SS-Leu­ten mach­te.
    Beth­kes ei­ge­ner Ka­po da­ge­gen miß­trau­te ihm.
    Beth­ke wuß­te, daß er nicht viel für ihn tun wür­de; er hat­te zu we­nig Schmie­re
von ihm be­kom­men. Das La­ger war voll von sol­chen In­tri­gen. Beth­ke konn­te glatt
sei­nen Pos­ten ver­lie­ren und wie­der ein ein­fa­cher Sträf­ling wer­den, wenn er
nicht vor­sich­tig war.
    Dann war es vor­bei mit den er­träg­li­chen Ge­schäf­ten au­ßer­halb des La­gers, wäh­rend
der Fahr­ten zum Bahn­hof und zum De­pot.
    »Was soll das al­les hei­ßen?« frag­te er den Kahl­kopf ru­hi­ger.
    »Was geht es dich an?«
    Beth­ke schluck­te. »Es geht mich was an.« Er wand­te sich an den Jun­gen. »Ha­be
ich dir nicht den An­zug be­sorgt?«
    Lud­wig hat­te ei­lig wei­ter­ge­ges­sen, wäh­rend Beth­ke mit dem Kahl­kopf sprach.
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