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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Wa­chen der
Lie­be auf­stel­len, da­mit ich zu To­de ge­pflegt wer­de, hin­ter Milch­glas­fens­tern
und im Ge­ruch von Des­in­fek­ti­ons­mit­teln, gu­tem Wil­len und dem fa­den Ge­stank
mensch­li­cher Ab­fäl­le.
    Sie blick­te auf
Cler­fa­yts Ge­sicht. Nein, dach­te sie, nicht das Ge­fäng­nis die­ser Lie­be, ge­gen
das es kei­nen Pro­test, son­dern nur Flucht gibt! Das Feu­er­werk war zu En­de; man
soll­te nicht in der Asche her­um­sto­chern.
    Der Wa­gen fuhr in
den Hof des Ho­tels ein. Ein Eng­län­der im Ba­de­man­tel ging be­reits zum Schwim­men hin­un­ter.
Cler­fa­yt half Lil­li­an aus dem Wa­gen, oh­ne sie an­zu­se­hen. »Du wirst nur noch
we­nig von mir se­hen«, sag­te er. »Mor­gen be­ginnt das Trai­ning.« Er über­trieb;
das Ren­nen war ein Ren­nen durch die Stadt, für das ein Trai­ning fast un­mög­lich
war. Man konn­te die Stra­ßen nur für das Ren­nen selbst ab­sper­ren; sonst muß­ten
sich die Fah­rer haupt­säch­lich dar­auf be­schrän­ken, die Stre­cke ab­zu­fah­ren und zu
me­mo­rie­ren, wie sie schal­ten woll­ten.
    Lil­li­an sah wie
durch einen lan­gen Kor­ri­dor, was noch zwi­schen ih­nen ge­sche­hen konn­te. Es war
ein Kor­ri­dor, der en­ger und en­ger wur­de, oh­ne Aus­weg. Sie konn­te ihn nicht
ge­hen. An­de­re, die Zeit zu ver­schwen­den hat­ten, konn­ten das. Sie nicht. In der
Lie­be gab es kein Zu­rück; man konn­te nie neu be­gin­nen. Was ge­sche­hen war, blieb
im Blut, Cler­fa­yt konn­te mit ihr nie wie­der so wer­den wie frü­her. Er konn­te es
mit je­der an­de­ren Frau, aber nicht mit ihr. Und was zwi­schen ih­nen ge­we­sen war,
war eben­so we­nig zu­rück­zu­ho­len wie die Zeit. Kein Op­fer, kei­ne Be­reit­schaft und
kein gu­ter Wil­le wa­ren da­zu fä­hig, das war das fins­te­re, un­er­bitt­li­che Ge­setz.
Lil­li­an kann­te es; des­halb woll­te sie fort. Der Rest ih­res Le­bens war ihr
gan­zes Le­ben – im Le­ben Cler­fa­yts war er nur ein sehr klei­ner Teil. Es kam
des­halb nur auf sie an – nicht auf Cler­fa­yt. Das Ver­hält­nis war zu
un­gleich; das, was für sein Da­sein ei­ne Epi­so­de sein wür­de, ob­schon er es jetzt
nicht glaub­te, war für sie das En­de. Sie konn­te es nicht op­fern, das wuß­te sie
jetzt. Sie fühl­te kei­ne Reue und kei­ne Trau­er, so­gar da­zu hat­te sie zu we­nig Zeit,
aber sie fühl­te ei­ne Klar­heit, die der des Mor­gens glich. Und mit die­ser
Klar­heit schwand der letz­te Ne­bel der Miss­ver­ständ­nis­se. Sie spür­te das klei­ne
und schar­fe Glück der Ent­schei­dung. Und – son­der­bar – da­mit kam die
Zärt­lich­keit zu­rück –, sie war jetzt ge­fahr­los.
    »Nichts von dem,
was du be­haup­tet hast, ist wahr, Cler­fa­yt«, sag­te sie mit ver­än­der­ter Stim­me.
»Nichts! Ver­giß es! Es ist nicht wahr! Nichts!«
    Sie sah, daß sein
Ge­sicht sich auf­hell­te. »Du bleibst bei mir?« frag­te er rasch.
    »Ja«, sag­te sie.
Sie woll­te kei­ne Aus­ein­an­der­set­zun­gen mehr für die letz­ten Ta­ge.
    »Du ver­stehst
end­lich, was ich will.«
    »Ja, ich ver­ste­he
es«, er­wi­der­te sie und lä­chel­te.
    »Du wirst mich
hei­ra­ten?«
    Er spür­te ihr
Zö­gern nicht. »Ja«, sag­te sie. Auch das war jetzt gleich.
    Er starr­te sie an.
»Wann?«
    »Wann du willst. Im
Herbst.«
    Er schwieg einen
Au­gen­blick. »End­lich!« sag­te er dann. »End­lich! Du wirst es nie be­reu­en,
Lil­li­an!«
    »Ich weiß es.«
    Er war mit ei­nem
Schla­ge ver­wan­delt. »Du bist mü­de! Du mußt tod­mü­de sein! Was ha­ben wir nur
ge­macht? Du mußt schla­fen, Lil­li­an! Komm, ich brin­ge dich hin­auf.«
    »Und du?«
    »Ich wer­de dem
Eng­län­der fol­gen und spä­ter die Stra­ßen ab­fah­ren, be­vor der Ver­kehr be­ginnt. Es
ist nur Rou­ti­ne, ich ken­ne die Stre­cke.« Er stand an ih­rer Tür. »Ich Idi­ot! Ich
ha­be mehr als die Hälf­te von dem ver­lo­ren, was ich ge­won­nen hat­te! Aus Wut!«
    »Ich ha­be
ge­won­nen.«
    Lil­li­an warf die
Ta­sche mit den Je­tons auf den Tisch.
    »Ich ha­be sie nicht
ge­zählt.«
    »Wir wer­den mor­gen
wie­der ge­win­nen. Gehst du mit mir zum Arzt?«
    »Ja. Jetzt muß ich
schla­fen.«
    »Schlaf bis zum
Abend. Dann es­sen wir et­was und ge­hen wie­der schla­fen. Ich lie­be

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