Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
Vom Netzwerk:
ge­se­hen. Zwölf­mal Schwarz. Es war vor dem Krie­ge. Da­mals gab es
Ti­sche mit ei­nem viel hö­he­ren Ma­xi­mum als heu­te, im Cer­cle pri­vé. Der Mann, der
die Se­rie spiel­te, spreng­te die Bank. Er setz­te hin­ter­her auf die Drei­zehn, und
die Drei­zehn kam in zwölf Coups fünf­mal. Es war ei­ne Sen­sa­ti­on. Al­les setz­te
mit ihm. Er rui­nier­te da­durch die Bank zwei­mal in ei­ner Nacht. Es war ein
Rus­se. Wie hieß er doch? Wol­kow oder so ähn­lich. Ja, Wol­kow.«
    »Wol­kow?« frag­te
Lil­li­an un­gläu­big. »Doch nicht Bo­ris Wol­kow?«
    »Rich­tig! Bo­ris
Wol­kow. Kann­ten Sie ihn?«
    Lil­li­an schüt­tel­te
den Kopf. Nicht so, dach­te sie. Sie sah, daß Cler­fa­yt sie be­ob­ach­te­te.
    »Ich wüss­te gern,
was aus ihm ge­wor­den ist«, sag­te Fio­la. »Er war ein Mann, der hier Auf­se­hen
er­reg­te. Ei­ner der letz­ten Spie­ler in der großen Tra­di­ti­on. Erst­klas­si­ger
Schüt­ze au­ßer­dem. Er war da­mals hier mit Ma­ria An­der­sen. Viel­leicht ha­ben Sie
von ihr ge­hört. Sie war ei­ne der schöns­ten Frau­en, die ich je ge­se­hen ha­be.
Starb in Mai­land bei ei­nem Bom­ben­an­griff.« Er wen­de­te sich an Cler­fa­yt. »Ha­ben
Sie nie von Wol­kow ge­hört?«
    »Nie«, sag­te
Cler­fa­yt.
    »Son­der­bar! Er fuhr
da­mals auch ir­gend­wo bei ein paar Ren­nen mit. Als Ama­teur na­tür­lich. Ich ha­be
sel­ten je­mand ge­se­hen, der so viel Al­ko­hol ver­tra­gen konn­te. Wahr­schein­lich hat
er sich zu­grun­de ge­rich­tet; er mach­te ganz den Ein­druck, daß er es woll­te.«
    Cler­fa­yts Ge­sicht
war fins­ter ge­wor­den. Er wink­te dem Kell­ner, noch ei­ne Fla­sche zu brin­gen.
»Spie­len Sie heu­te noch?« frag­te Fio­la ihn. »Doch si­cher nicht!«
    »Warum nicht?
Se­ri­en kom­men in Se­ri­en. Viel­leicht gibt es so­gar heu­te noch ei­ne von
drei­zehn­mal Schwarz.«
    »Er soll­te nicht
wei­ter­spie­len«, sag­te Fio­la zu Lil­li­an.
    »Heu­te nicht. Das
ist ein Ge­setz, so alt wie die Welt.«
    Lil­li­an sah zu
Cler­fa­yt hin­über. Er hat­te sie die­ses Mal nicht ge­fragt mit­zu­kom­men, um ihm
Glück zu brin­gen, und sie wuß­te, warum. Wie kin­disch er ist, dach­te sie
zärt­lich. Und wie blind in sei­ner Ei­fer­sucht! Hat er denn ver­ges­sen, daß es nie
ein an­de­rer ist, der zer­stört, son­dern im­mer nur man selbst?
    »Sie da­ge­gen
soll­ten spie­len«, sag­te Fio­la. »Sie sind zum ers­ten Maie hier. Tun Sie es für
mich? Kom­men Sie!«
    Sie gin­gen zu ei­nem
an­de­ren Tisch. Fio­la be­gann zu set­zen, und nach ein paar Mi­nu­ten ließ auch
Lil­li­an ein paar Schei­ne in Je­tons um­wech­seln. Sie setz­te vor­sich­tig klei­ne
Sum­men; Geld war für sie mehr als Be­sitz, es war ein Stück Le­ben. Sie woll­te
nie auf On­kel Gas­tons gries­grä­mi­ge Hil­fe an­ge­wie­sen sein.
    Sie fing fast
so­fort an zu ge­win­nen. »Da ist die Kin­der­hand«, sag­te Fio­la, der ver­lor. »Dies
ist Ih­re Nacht! Ha­ben Sie et­was da­ge­gen, wenn ich Ih­nen nach­set­ze?«
    »Sie wer­den es
be­reu­en.«
    »Nicht beim Spiel.
Set­zen Sie, wie es Ih­nen in den Kopf kommt.«
    Lil­li­an setz­te ei­ne
Zeit­lang Rot und Schwarz, dann die zwei­te Douzai­ne und schließ­lich Num­mern. Sie
ge­wann zwei­mal auf Ze­ro. »Das Nichts liebt Sie«, sag­te Fio­la la­chend.
    Die Grei­sin mit der
Schild­krö­te er­schi­en. Sie setz­te sich mit bö­sem Ge­sicht Lil­li­an ge­gen­über.
Zwi­schen den Sät­zen flüs­ter­te sie mit der Schild­krö­te. Auf ih­rer Hand hing lo­se
ein Dia­mant von großer Schön­heit. Ihr Hals war fal­tig wie der des Tie­res, und
bei­de äh­nel­ten sich. Sie hat­ten auch die glei­chen fast lid­lo­sen Au­gen, die kein
Weiß zeig­ten.
    Lil­li­an spiel­te
jetzt ab­wech­selnd Schwarz und die Drei­zehn. Als sie nach ei­ni­ger Zeit
auf­blick­te, sah sie, daß Cler­fa­yt auf der an­de­ren Sei­te stand und ihr Spiel
be­ob­ach­te­te. Sie hat­te wie Bo­ris Wol­kow ge­setzt und sie sah, daß Cler­fa­yt es
be­merkt hat­te. Sie setz­te re­bel­lisch die Drei­zehn wei­ter. Nach sechs Coups kam
sie. »Ge­nug«, sag­te sie und schob ih­re Je­tons vom Tisch in ih­re Ta­sche. Sie hat­te
ge­won­nen, sie wuß­te nicht, wie­viel.
    »Wol­len Sie schon
ge­hen?« frag­te Fio­la.

Weitere Kostenlose Bücher