Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
Vom Netzwerk:
mög­lich?«
    »Warum nicht? Blu­men
sind Blu­men und un­ter­schei­den sich im all­ge­mei­nen we­nig. Die Mög­lich­keit, daß
es ent­deckt wird, ist ge­ring. Daß ein­mal ei­ne sel­te­ne Or­chi­dee in die­sel­ben
Hän­de zu­rück­kom­men könn­te, die sie ge­schickt ha­ben, ist ein so
un­wahr­schein­li­cher Zu­fall, daß nie­mand da­mit zu rech­nen braucht.«
    Cler­fa­yt nahm
Lil­lians Arm. »Was wol­len wir tun? Einen Schock be­kom­men oder über den
un­ver­wüst­li­chen Ge­schäfts­geist der Mensch­heit la­chen? Ich schla­ge vor, wir
la­chen – tä­ten wir das nicht ab und zu heut­zu­ta­ge, dann könn­ten wir in
un­se­rem groß­ar­ti­gen Jahr­hun­dert noch er­trin­ken in Trä­nen.«
    Lil­li­an sah auf die
Blu­men. »Ekel­haft«, flüs­ter­te sie. »Von ei­ner To­ten zu steh­len.«
    »Nicht mehr und
nicht we­ni­ger ekel­haft als vie­les an­de­re«, er­wi­der­te Cler­fa­yt. »Ich hät­te auch
nie ge­dacht, daß ich ein­mal Lei­chen nach Zi­ga­ret­ten und Brot durch­su­chen wür­de
und ha­be es doch ge­tan. Im Krie­ge. Es ist an­fangs scheuß­lich; aber man ge­wöhnt
sich dar­an, be­son­ders wenn man sehr hung­rig ist und lan­ge nicht ge­raucht hat.
Kom­men Sie, wir ge­hen et­was trin­ken.«
    Sie blick­te im­mer
noch auf die Blu­men. »Sol­len sie da lie­gen blei­ben?«
    »Na­tür­lich. Sie
ha­ben nichts mehr mit Ih­nen, nichts mit der To­ten und nichts mit mir zu tun.
Ich schi­cke Ih­nen mor­gen neue. Aus ei­nem an­de­ren Ge­schäft.«
    Cler­fa­yt öff­ne­te
den Schlag des Schlit­tens. Da­bei sah er das Ge­sicht des Kut­schers, des­sen Au­gen
ru­hig, aber in­ter­es­siert auf den Or­chi­de­en ruh­ten, und er wuß­te, daß der Mann,
wenn er Lil­li­an und ihn zum Ho­tel ge­bracht hat­te, hier­her zu­rück­keh­ren und sie
auf­le­sen wür­de. Was dann mit ih­nen ge­sche­hen wür­de, wuß­te nur Gott. Einen
Au­gen­blick dach­te Cler­fa­yt dar­an, sie zu zer­tre­ten – aber wo­zu soll­te er
selbst Gott spie­len? Es be­kam ei­nem nie be­son­ders.
    Der
Schlit­ten
hielt. Vor dem Ein­gang zum Ho­tel la­gen Bret­ter über dem feuch­ten Schnee.
Lil­li­an stieg aus. Sie er­schi­en Cler­fa­yt plötz­lich in ei­ner son­der­ba­ren Wei­se
exo­tisch, als sie so schmal, et­was vor­ge­beugt, ih­ren dün­nen Man­tel über der
Brust eng zu­sam­men­hal­tend, in ih­ren Abend­schu­hen zwi­schen den tram­peln­den
Sports­leu­ten hin­durch­ging, um­weht in all der kra­chen­den Ge­sund­heit von der
dunklen Fas­zi­na­ti­on ih­rer Krank­heit.
    Er folg­te ihr.
Worin las­se ich mich da ein? dach­te er. Und mit wem? Im­mer­hin, es war et­was
an­de­res, als Ly­dia Mo­rel­li, mit der er vor ei­ner Stun­de ein Te­le­fon­ge­spräch aus
Rom ge­habt hat­te. Ly­dia Mo­rel­li, die je­den Trick kann­te und kei­nen ver­gaß.
    Er hol­te Lil­li­an an
der Tür ein. »Heu­te abend«, sag­te er, »wol­len wir ein­mal über nichts an­de­res
re­den als über die ober­fläch­lichs­ten Din­ge der Welt.«
    Ei­ne Stun­de spä­ter war
die Bar ge­packt voll. Lil­li­an blick­te zur Tür. »Da kommt Bo­ris«, sag­te sie.
»Ich hät­te es mir den­ken sol­len.«
    Cler­fa­yt hat­te den
Rus­sen be­reits ge­se­hen. Wol­kow schob sich lang­sam durch die Leu­te, die wie
Trau­ben an der The­ke hin­gen. Er igno­rier­te Cler­fa­yt. »Dein Schlit­ten war­tet
drau­ßen, Lil­li­an«, sag­te er.
    »Schick den
Schlit­ten weg, Bo­ris«, er­wi­der­te sie. »Ich brau­che ihn nicht. Das ist Herr
Cler­fa­yt. Du bist ihm schon ein­mal be­geg­net.«
    Cler­fa­yt er­hob
sich, um ei­ne Spur zu nach­läs­sig.
    »Wirk­lich?« sag­te
Wol­kow. »Oh, in der Tat! Bit­te, ver­zei­hen Sie.« Er sah knapp an Cler­fa­yt
vor­bei. »In dem Sport­wa­gen, der die Pfer­de scheu mach­te, nicht wahr?«
    Cler­fa­yt spür­te den
ver­steck­ten Hohn. Er ant­wor­te­te nicht und blieb ste­hen. »Du hast wahr­schein­lich
ver­ges­sen, daß mor­gen noch ein­mal Rönt­gen­auf­nah­men ge­macht wer­den sol­len«,
sag­te Wol­kow zu Lil­li­an.
    »Ich ha­be es nicht
ver­ges­sen, Bo­ris.«
    »Du mußt aus­ge­ruht
sein und ge­schla­fen ha­ben.«
    »Ich weiß das. Ich
ha­be noch Zeit da­zu.«
    Sie sprach lang­sam,
wie man zu ei­nem Kind spricht, das einen nicht

Weitere Kostenlose Bücher