Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
Vom Netzwerk:
Mein
Kon­trakt läuft ab und ist noch nicht er­neu­ert. Ich will nichts be­ru­fen. Das ist
al­les.«
    »Cler­fa­yt«, sag­te
Holl­mann, »wer ist ge­stürzt?«
    »Fer­rer. In ei­nem
al­ber­nen, klei­nen Mistren­nen an der Küs­te.«
    »Tot?«
    »Noch nicht. Aber
man hat ihm ein Bein am­pu­tiert. Und das ver­rück­te Weib, das mit ihm
her­um­ge­zo­gen ist, die falsche Ba­ro­nin, wei­gert sich, ihn zu se­hen. Sie sitzt im
Spiel­saal und heult. Sie will kei­nen Krüp­pel. Komm jetzt und gib mir einen Schnaps.
Mein letz­ter Ko­gnak ist im Ra­chen ei­nes Schnee­pflug­füh­rers ver­schwun­den, der
ver­nünf­ti­ger ist als wir; sein Wa­gen fährt nicht über fünf Ki­lo­me­ter die
Stun­de.«
    Sie sa­ßen in der Hal­le
an ei­nem klei­nen Tisch ne­ben dem Fens­ter. Cler­fa­yt sah sich um. »Sind das al­les
Kran­ke?«
    »Nein. Auch
Ge­sun­de, die die Kran­ken be­su­chen.«
    »Na­tür­lich! Und die
mit den blas­sen Ge­sich­tern sind die Kran­ken?«
    Holl­mann lach­te.
»Das sind die Ge­sun­den. Sie sind blaß, weil sie erst vor kur­z­em her­auf­ge­kom­men
sind. Die an­dern, die braun wie Sports­leu­te sind, sind die Kran­ken, die schon
lan­ge hier sind.«
    Ein Mäd­chen brach­te
ein Glas Oran­gen­saft für Holl­mann und ei­ne klei­ne Ka­raf­fe Wod­ka für Cler­fa­yt.
    »Wie lan­ge willst
du blei­ben?« frag­te Holl­mann.
    »Ein paar Ta­ge. Wo
kann ich woh­nen?«
    »Am bes­ten im
Pa­lace Ho­tel. Da ist ei­ne gu­te Bar.«
    Cler­fa­yt blick­te
auf den Oran­gen­saft. »Wo­her weißt du das?«
    »Wir ge­hen da­hin,
wenn wir hier mal aus­rei­ßen.«
    »Aus­rei­ßen?«
    »Ja, manch­mal
nachts, wenn wir uns als Ge­sun­de füh­len wol­len. Es ist ver­bo­ten, aber wenn der
Ca­fard einen er­wi­scht, ist es bes­ser, als ei­ne er­folg­lo­se Dis­kus­si­on mit Gott
dar­über zu füh­ren, warum man krank sei.« Holl­mann hol­te ei­ne fla­che Fla­sche aus
der Brust­ta­sche und goß einen Schluck in sein Glas.
    »Gin«, sag­te er.
»Hilft auch.«
    »Dürft ihr nicht
trin­ken?« frag­te Cler­fa­yt.
    »Es ist nicht ganz
ver­bo­ten; aber so ist es ein­fa­cher.«
    Holl­mann schob die
Fla­sche zu­rück in die Ta­sche.
    »Man wird ziem­lich
kin­disch hier oben.«
    Ein Schlit­ten hielt
vor dem Ein­gang. Cler­fa­yt sah, daß es der­sel­be war, dem er auf der Stra­ße
be­geg­net war. Der Mann mit der schwar­zen Pelz­kap­pe stieg aus.
    »Weißt du, wer das
ist?« frag­te Cler­fa­yt.
    »Die Frau?«
    »Nein, der Mann.«
    »Ein Rus­se. Er
heißt Bo­ris Wol­kow.«
    »Weiß­rus­se?«
    »Ja. Aber zur
Ab­wechs­lung kein frü­he­rer Groß­fürst und nicht arm. Sein Va­ter soll zur rech­ten
Zeit ein Kon­to in Lon­don er­öff­net ha­ben und zur falschen Zeit in Mos­kau ge­we­sen
sein; er wur­de er­schos­sen. Die Frau und der Sohn ka­men her­aus. Die Frau soll
nuß­große Sma­rag­de in ihr Kor­sett ein­ge­näht ge­habt ha­ben. 1917 trug man noch
Kor­setts.«
    Cler­fa­yt lach­te.
»Du bist ja ein wah­res De­tek­tiv­bü­ro! Wo­her weißt du das al­les?«
    »Hier weiß man bald
al­les über ein­an­der«, er­wi­der­te Holl­mann mit ei­ner Spur von Bit­ter­keit. »In
zwei Wo­chen, wenn der Sport­be­trieb vor­bei ist, ist dies Dorf nichts an­de­res
mehr als ein klei­nes Klatsch­nest für den Rest des Jah­res.«
    Ei­ne Grup­pe
schwarz­ge­klei­de­ter klei­ner Leu­te dräng­te sich hin­ter ih­nen vor­bei. Sie
un­ter­hiel­ten sich leb­haft auf spa­nisch. »Für ein klei­nes Dorf scheint ihr
ziem­lich in­ter­na­tio­nal zu sein«, sag­te Cler­fa­yt.
    »Das sind wir. Der
Tod ist im­mer noch nicht chau­vi­nis­tisch.«
    »Des­sen bin ich
nicht mehr so ganz si­cher.« Cler­fa­yt blick­te zur Tür. »Ist das da die Frau des
Rus­sen?« Holl­mann sah sich um. »Nein.«
    Der Rus­se und die
Frau ka­men her­ein. »Sind die bei­den et­wa auch krank?« frag­te Cler­fa­yt.
    »Ja. Sie se­hen
nicht so aus, was?«
    »Nein.«
    »Das ist oft so.
Ei­ne Zeit­lang sieht man aus wie das blü­hen­de Le­ben. Dann nicht mehr; aber dann
läuft man auch nicht mehr her­um.«
    Der Rus­se und die
Frau blie­ben ne­ben der Tür ste­hen. Der Mann re­de­te ein­dring­lich auf die Frau
ein. Sie hör­te ihm zu, schüt­tel­te dann hef­tig den Kopf und ging rasch nach
hin­ten in die Hal­le. Der Mann sah ihr nach

Weitere Kostenlose Bücher