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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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mei­nem Haus ab, Jack. Er hat von da nur noch ein paar
Schrit­te.«
    »Gut.«
    Wir stie­gen ein. Jack konn­te nur noch
ver­su­chen, mich zu­erst ab­zu­set­zen, aber er ver­zich­te­te dar­auf. Er war klug
ge­nug zu wis­sen, daß Na­ta­scha pro­tes­tie­ren wür­de. Er stieg vor Na­ta­schas Haus
aus und ver­ab­schie­de­te sich harm­los. »Es war sehr nett! Ma­chen wir das doch
wie­der ein­mal.«
    »Vie­len Dank. Sehr ger­ne.«
    Nie, dach­te ich und sah zu, wie Fra­ser
Na­ta­scha auf die Wan­ge küß­te. »Gu­te Nacht, Jack«, sag­te sie. »Es tut mir leid,
daß ich nicht mit­ge­hen kann, aber ich bin zu mü­de.«
    »Ein an­der­mal. Gu­te Nacht, Dar­ling.«
    Das war sein letz­ter Schuß. Dar­ling, dach­te
ich, das hieß in Ame­ri­ka gar nichts und viel. Man nann­te ei­ne Te­le­fo­nis­tin, die
man nicht kann­te, Dar­ling. Und man nann­te die Frau, oh­ne die man nicht le­ben
konn­te, Dar­ling. Fra­ser hat­te ei­ne raf­fi­nier­te Mi­ne mit Zeit­zün­der ge­legt.
    Wir stan­den uns ge­gen­über. Ich wuß­te, daß
al­les ver­lo­ren wä­re, wenn ich jetzt är­ger­lich sein wür­de. »Ein sehr rei­zen­der
Mann«, sag­te ich. »Bist du wirk­lich so mü­de, Na­ta­scha?«
    Sie nick­te. »Wirk­lich. Es war lang­wei­lig,
und Fra­ser ist ein Ekel.«
    »Das fand ich nicht. Es war char­mant, daß
er mei­net­we­gen glaub­te, uns in ein deut­sches Lo­kal füh­ren zu müs­sen. So­viel
Ein­füh­lungs­ver­mö­gen fin­det man nicht leicht.«
    Na­ta­scha sah mich an. »Dar­ling«, sag­te sie,
und der Aus­druck durch­zuck­te mich wie ein plötz­li­ches Zahn­weh. »Du brauchst
kein Gent­le­man zu sein. Ich bin er­staun­lich oft von Gent­le­men ge­lang­weilt
wor­den.«
    »Heu­te abend auch?«
    »Heu­te abend auch. Was hast du dir nur
da­bei ge­dacht, die­se dum­me Ein­la­dung an­zu­neh­men.«
    »Ich?« – »Ja, du! Sag noch, daß ich
schuld bin.«
    Ich war drauf und dran, das zu sa­gen. Zum
Glück er­in­ner­te ich mich an ei­ne Leh­re mei­nes Va­ters, die er mir an mei­nem
sieb­zehn­ten Ge­burts­tag ge­ge­ben hat­te: Du kommst jetzt in das Zeit­al­ter der
Frau­en. Mer­ke dir: Nur hoff­nungs­lo­se Idio­ten wol­len recht ha­ben oder lo­gisch
mit Frau­en sein.
    »Ich bin schuld«, sag­te ich wut­ent­brannt.
»Kannst du ei­nem sol­chen Idio­ten wie mir ver­zei­hen?«
    Sie mus­ter­te mich arg­wöh­nisch. »Meinst du
das wirk­lich? Oder ist es ei­ne dei­ner Nie­der­träch­tig­kei­ten?«
    »Es ist bei­des, Na­ta­scha.« – »Bei­des?«
    »Wie könn­te es an­ders sein? Ich bin
durch­ein­an­der und idio­tisch, weil ich dich an­be­te.«
    »Da­von ha­be ich nicht viel ge­merkt.«
    »Das ist auch nicht nö­tig. Un­ver­hoh­le­ne
An­be­tung ist wie ei­ne Dog­ge, die sab­bert. Mei­ne An­be­tung äu­ßert sich in
Ver­stört­heit, grund­lo­sem Haß und kla­rer Stur­heit. Du bringst mich
durch­ein­an­der. Mehr als ich will.«
    Ihr Ge­sicht ver­än­der­te sich. »Du ar­mes
Ge­schöpf«, sag­te sie. »Ich kann dich nicht mit zu mir hin­auf­neh­men. Mei­ne
Nach­ba­rin wür­de in Ohn­macht fal­len. Gleich dar­auf wür­de sie an der Tür
lau­schen. Es ist un­mög­lich.«
    Ich hät­te al­les dar­um ge­ge­ben, mit ihr
zu­sam­men­zu­sein; trotz­dem war ich plötz­lich glück­lich, daß es nicht mög­lich war.
Es war da­mit auch für an­de­re un­mög­lich. Ich nahm sie um die Schul­ter. »Wir
ha­ben doch so­viel Zeit«, er­wi­der­te sie. »End­los viel Zeit, mor­gen, über­mor­gen,
Wo­chen und Mo­na­te, und trotz­dem glaubt man, hier jetzt mit die­sem einen et­was
miß­glück­ten Abend ein gan­zes Le­ben ver­lo­ren zu­ha­ben.«
    »Für mich hast du im­mer noch das Dia­dem von
van Cleef auf dem Kopf. Jetzt wie­der, mei­ne ich. Bei Lüchows we­ni­ger. Da war es
mehr ein falscher Blech­strei­fen aus dem 19. Jahr­hun­dert.«
    Sie lach­te. »Hast du mich da nicht
aus­ste­hen kön­nen?«
    »Nein.«
    »Ich dich auch nicht. Wir wol­len so et­was
nicht wie­der ma­chen. Wir sind noch zu dicht beim Haß.«
    »Ist man das nicht im­mer?«
    »Gott sei Dank. Welch ein süß­li­ches
Ge­schlapp­re wä­re es denn sonst!«
    Ich dach­te, die Welt könn­te ein we­nig von
sol­chem Si­rup ganz gut ge­brau­chen. Ich sag­te es nicht. Es war ei­ne mei­ner
ver­damm­ten

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