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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Schrit­ten, und sein Ge­sicht
schi­en ge­straff­ter als sonst. Ich dach­te mir, daß er so in Frank­reich
aus­ge­se­hen ha­ben muß­te.
    »Er wird zu Hau­se sein!«
    »Mit sei­nem An­walt, um auch uns mit
Er­pres­sung zu dro­hen.«
    »Ich glau­be nicht«, sag­te Kahn und blieb
ste­hen.»Hier wohnt der Aas­gei­er. Sehr hübsch, was?«
    Es war ein Haus an der 54. Stra­ße. Ro­te
Läu­fer, Stahl­sti­che an den Wän­den, ein Mann, der den Auf­zug be­dien­te, ein
Spie­gel im ge­tä­fel­ten Auf­zug, der Mann in Phan­ta­sie­uni­form. Ge­mä­ßig­ter
Wohl­stand. »Zur fünf­zehn­ten Eta­ge«, sag­te Kahn. »Hirsch!«
    Wir schos­sen hoch. »Ich glau­be nicht, daß
er einen An­walt bei sich hat«, er­klär­te Kahn. »Ich ha­be ihm mit neu­em Ma­te­ri­al
ge­droht. Da er ein Gau­ner ist, wird er es se­hen wol­len; da er noch kein
Ame­ri­ka­ner ge­wor­den ist, wird in ihm auch noch ein biß­chen von der al­ten gu­ten
Angst ste­cken, und er wird vor­zie­hen, erst zu wis­sen, was los ist, ehe er
sei­nen An­walt ins Ver­trau­en zieht.«
    Er klin­gel­te. Ein Mäd­chen öff­ne­te. Sie
führ­te uns in ein Zim­mer, in dem Ko­pi­en von Louis-XV.-Mö­beln stan­den, ei­ni­ge in
Gold. »Herr Hirsch kommt gleich.«
    Herr Hirsch war ein runder, mit­tel­großer
Mann von et­wa fünf­zig Jah­ren. Mit ihm kam ein Schä­fer­hund in die gol­de­ne
Pracht. Kahn lä­chel­te, als er ihn sah. »Das letz­te Mal ha­be ich die­se Ras­se bei
der Ge­sta­po ge­se­hen, Herr Hirsch«, sag­te er. »Man hält sie dort zur
Men­schen­jagd.«
    »Ru­hig, Har­ro!« Hirsch tät­schel­te den Hund.
»Sie woll­ten mich spre­chen. Sie sag­ten mir nicht, daß Sie zu zweit kämen. Ich
ha­be sehr we­nig Zeit.«
    »Dies ist Herr Ross. Ich will Sie nicht
lan­ge auf­hal­ten, Herr Hirsch. Wir kom­men für Dok­tor Grä­fen­heim. Er ist krank,
hat kein Geld und muß sein Stu­di­um auf­ge­ben. Sie ken­nen ihn, nicht wahr?«
    Hirsch ant­wor­te­te nicht. Er tät­schel­te den
Hund, der lei­se knurr­te. »Sie ken­nen ihn al­so«, sag­te Kahn. »Ich weiß nicht, ob
Sie mich ken­nen. Es gibt vie­le Kahns, eben­so wie es vie­le Hirschs gibt. Ich bin
der Ge­sta­po-Kahn. Es mag sein, daß Sie von mir ge­hört ha­ben. Ich ha­be in
Frank­reich ei­ni­ge Zeit da­mit ver­bracht, die Ge­sta­po zu dü­pie­ren. Da­bei ging es
nicht im­mer sehr no­bel zu; von bei­den Sei­ten nicht, Herr Hirsch. Auch von
mei­ner Sei­te nicht. Ich mei­ne da­mit, daß der Schutz durch Schä­fer­hun­de mich,
wie heu­te, zum La­chen ge­bracht hät­te. Be­vor Ihr Tier mich auch nur an­ge­rührt
hät­te, Herr Hirsch, wä­re es tot. Und Sie ver­mut­lich mit ihm. Dar­an liegt mir
aber nichts. Wir sind hier, um für Dok­tor Grä­fen­heim Geld zu sam­meln. Ich neh­me
an, daß sie ihm hel­fen wol­len. Mit wie­viel Geld wol­len Sie ihm hel­fen?«
    Hirsch starr­te Kahn an. »Und warum soll­te
ich das tun?«
    »Da­für gibt es vie­le Grün­de. Ei­ner heißt
Barm­her­zig­keit.«
    Hirsch schi­en ei­ne Zeit­lang zu kau­en. Er
be­ob­ach­te­te Kahn un­un­ter­bro­chen. Dann zog er aus ei­ner Rock­ta­sche ei­ne
Brief­ta­sche aus brau­nem Kro­ko­dil­le­der her­vor, öff­ne­te sie und hol­te aus ei­ner
Sei­te zwei Schei­ne her­vor, in­dem er einen Fin­ger be­feuch­te­te und sie ab­zähl­te.
»Hier sind zwan­zig Dol­lar. Mehr kann ich nicht ge­ben. Es kom­men zu vie­le in
ähn­li­chen Si­tua­tio­nen zu mir. Wenn al­le Emi­gran­ten Ih­nen ähn­li­che Be­trä­ge
zu­kom­men las­sen, wer­den Sie bald die Kos­ten für Dok­tor Grä­fen­heims Stu­di­um
bei­sam­men ha­ben.«
    Ich dach­te, Kahn wür­de ihm das Geld auf den
Tisch wer­fen; aber er nahm es und steck­te es in die Ta­sche. »Gut, Herr Hirsch«,
sag­te er. »Wir be­kom­men dann noch 980 Dol­lar. So­viel braucht Dok­tor Grä­fen­heim,
wenn er sehr be­schei­den lebt, nicht raucht und nicht trinkt.«
    »Sie ma­chen Scher­ze, wie? Ich ha­be da­für
kei­ne Zeit mehr ...«
    »Doch, Sie ha­ben da­für Zeit, Herr Hirsch.
Er­zäh­len Sie mir auch bit­te nicht, daß Ihr An­walt im Ne­ben­zim­mer sitzt. Er
sitzt nicht da. Ich will Ih­nen da­für et­was er­zäh­len, das Sie in­ter­es­sie­ren
wird. Sie sind noch kein Ame­ri­ka­ner und hof­fen, es nächs­tes Jahr zu wer­den. Sie
kön­nen

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