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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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ver­früht. Ich
glau­be, wir ha­ben kein Bier mehr im Eis­schrank, oder?«
    »Doch. Ich ha­be wel­ches ge­holt.«
    »Kön­nen wir im Bett es­sen?«
    »Na­tür­lich. Gu­lasch macht kei­ne Fle­cken.«
    Sie lach­te. »Ich wer­de mich in acht neh­men.
Was möch­test du jetzt tun, wenn du die Wahl hät­test?«

XXIII.
    D er Traum kam erst mehr als
ei­ne Wo­che spä­ter. Ich hat­te ihn frü­her er­war­tet und schon ge­glaubt, er wür­de
nicht mehr kom­men. Zö­gernd und vor­sich­tig hat­te sich in mir ei­ne Hoff­nung
ge­regt, daß es viel­leicht so­gar für im­mer da­mit vor­bei sein könn­te. Ich hat­te
ge­tan, was ich konn­te, um ihm zu ent­ge­hen, ich hat­te mir fast über­stürzt und
has­tig ein­ge­re­det, es sei­en nur noch Nach­ge­wit­ter, wenn ich plötz­lich die­se
jä­hen, atem­lo­sen Au­gen­bli­cke hat­te, wie es je­mand wäh­rend ei­nes Erd­be­bens
füh­len muß­te, Ge­füh­le, in de­nen es schi­en, als wä­re al­les lo­se.
    Ich hat­te mich ge­täuscht. Es war der­sel­be
kleb­ri­ge, zä­he schwar­ze Traum ge­we­sen wie frü­her, nicht schwä­cher, son­dern eher
noch dro­hen­der, und es war eben­so schwer für mich, mich von ihm zu be­frei­en,
wie sonst. Erst sehr lang­sam war das Be­wußt­sein kla­rer ge­wor­den, daß es kei­ne
Wirk­lich­keit war, son­dern ein Traum. Er hat­te be­gon­nen mit dem Kel­ler im Mu­se­um
von Brüs­sel, mit der ab­ge­stan­de­nen Dun­kel­heit dar­in und dem Ge­fühl, daß die
Wän­de be­gan­nen, sich zu ver­schie­ben, von oben und von den Sei­ten auf mich zu,
um mich zu er­drücken. Dann, wäh­rend ich nach Luft keuch­te und schrei­end
auf­fuhr, oh­ne zu er­wa­chen, war der kleb­ri­ge Schlamm ge­kom­men, und spä­ter das
Ge­fühl, ge­jagt zu wer­den, weil ich mich zu­rück­ge­traut hat­te über die Gren­ze und
nun im Schwarz­wald die SS hin­ter mir her hat­te mit Po­li­zei­hun­den, an­ge­führt von
dem Mann, an des­sen nack­tes Ge­sicht ich mich nicht er­in­nern konn­te, oh­ne zu
zit­tern bis in die Ein­ge­wei­de. Sie hat­ten mich er­wi­scht, und ich war wie­der in
dem Raum, wo die Kre­ma­to­ri­en­ö­fen stan­den, al­lein, aus­ge­lie­fert den Ge­sich­tern,
den Hals oh­ne Atem, weil man mich eben be­wußt­los von dem Ha­ken an der Wand
los­ge­macht hat­te, an dem sie einen auf­häng­ten, wäh­rend die Op­fer die Wän­de mit
den Hän­den und den ge­bun­de­nen Fü­ßen zer­kratz­ten und die Pei­ni­ger Wet­ten
ab­schlos­sen, wer sich am längs­ten am Le­ben er­hal­ten konn­te. Dann hör­te ich
wie­der den Läch­ler, der nach Par­füm roch und mir er­klär­te, wie er mich noch
lan­ge nicht, aber viel­leicht spä­ter, wenn ich ihn auf den Kni­en dar­um bit­ten
wür­de, le­ben­dig ver­bren­nen wol­le, und was da­bei mit mei­nen Au­gen ge­schä­he. Der
letz­te Traum war wie je­des Mal der ge­we­sen, daß ich je­mand in ei­nem Gar­ten
ver­gra­ben und daß ich es schon fast ver­ges­sen hat­te, bis die Po­li­zei im Sumpf
die Lei­che fand und ich nicht be­grei­fen konn­te, warum ich sie nicht an­ders­wo
und bes­ser ver­steckt hat­te.
    Es dau­er­te lan­ge, bis ich be­griff, daß ich
in Ame­ri­ka war und ge­träumt hat­te.
    Ich war so er­schöpft, daß ich mich ei­ne
Zeit­lang nicht er­he­ben konn­te. Ich blieb lie­gen und starr­te in die röt­li­che
Nacht. Schließ­lich stand ich auf und zog mich an. Ich woll­te nicht ris­kie­ren,
noch ein­mal in den Schlaf zu rut­schen und dann aufs neue über­wäl­tigt zu wer­den.
Das war mir auch schon pas­siert, und der zwei­te Traum war dann stets schlim­mer
als der ers­te. Nicht nur Traum und Wirk­lich­keit misch­ten sich auf ei­ne
un­lös­li­che Wei­se mit­ein­an­der, son­dern auch die bei­den Träu­me, wo­bei der ers­te
die Rol­le ei­ner ver­stärk­ten Wirk­lich­keit über­nahm und mich völ­lig in
Ver­zweif­lung stürz­te.
    Ich ging hin­un­ter in die Ho­tel­hal­le, in der
nur noch ein trüb­se­li­ges Licht brann­te. In der Ecke schnarch­te der Mann, der
Me­li­kow drei­mal in der Wo­che ver­trat. Er sah mit dem ge­furch­ten, von See­le
ent­leer­ten Ge­sicht und dem of­fe­nen, stöh­nen­den Mund selbst wie ein Ge­fol­ter­ter
aus, der so­eben be­wußt­los von ei­nem Flei­scher­ha­ken los­ge­macht wor­den

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