E.M. Remarque
wieder bringen.«
»Das tut ein Silvers nicht. Verkauft ist
verkauft! Auch mit Schaden.«
Er räkelte sich in einem hellblauen
Ledersofa unter einem Fenster, von dem man in den Swimming-pool des Hotels
heruntersah. »Ich hatte Angebote für die Picasso-Zeichnungen«, erwiderte ich.
»Aber es schien besser zu sein, Sie verkaufen sie selbst. Ich möchte Sie nicht
dadurch bankrott machen, daß ich Ihre Ziffern falsch interpretiere.«
Er lächelte plötzlich. »Sie haben keinen
Sinn für Humor, lieber Ross. Verkaufen Sie die Zeichnungen nur. Verstehen Sie
nicht, daß da etwas professionelle Eifersucht mitspielt? Sie haben hier schon
etwas verkauft, und ich noch nicht.«
Ich betrachtete ihn. Er war bereits
kalifornischer gekleidet als Tannenbaum, und das wollte etwas heißen. Silvers
trug natürlich ein englisches Sportjackett, während Tannenbaum eines von der
Stange anhatte. Dafür waren Silvers' Schuhe zu gelb und sein seidenes Halstuch
zu üppig und von einer falschen Art von Zinnoberrot. Ich wußte, worauf das
Gespräch hinausging – er wollte mir keine Provision zahlen für den
Verkauf. Ich hatte auch keine erwartet. Es wunderte mich deshalb auch nicht,
als er mir empfahl, ihm die Rechnung für die Cocktailparty bald einzureichen.
Nachmittags kam Tannenbaum, um mich
abzuholen. »Sie haben Holt versprochen, heute ins Studio zu kommen«, sagte er.
»Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Was habe
ich nur alles geredet?«
»Sie waren in glänzender Laune. Außerdem
haben Sie Holt zwei Bilder verkauft. Sie wollten ihm sagen, wie er sie rahmen
muß.«
»Sie sind doch gerahmt.«
»Sie haben ihm gesagt, die Rahmen wären
Geschäftsrahmen. Er solle statt derer alte aus dem 18. Jahrhundert kaufen, das
mache die Bilder dreimal so wertvoll. Kommen Sie mit. Schauen Sie sich doch
einmal ein Studio an.«
»Gut.«
Mein Kopf war immer noch ziemlich wüst. Ich
ging mit, ohne viel zu denken. Tannenbaum fuhr einen alten Chevrolet. »Wo haben
Sie fahren gelernt?« fragte ich.
»In Kalifornien. Hier braucht man einen
Wagen. Die Entfernungen sind zu groß. Sie können einen gebrauchten für wenige
Dollar kaufen.«
»Wenige hundert Dollar meinen Sie, wie?«
Tannenbaum nickte. Wir fuhren durch ein
spanisches Tor, vor dem Polizisten standen. »Ist das hier ein Gefängnis?«
fragte ich, als der Wagen angehalten wurde.
»Unsinn. Das ist die Studio-Polizei. Sie
ist hier, damit die Ateliers nicht von Neugierigen und Stellungssuchern
überschwemmt werden.«
Wir fuhren an einem Goldgräberdorf vorbei.
Dann an einer Straße mit Wildwestkneipen. Ihnen folgte eine Tanzhalle. Es war
sonderbar, alle diese Attrappen vor dem blauen Himmel zu sehen. Sie wirkten, da
die meisten nur aus den Fassaden der Häuser bestanden, als wären sie in einem
sehr ordentlichen und methodischen Krieg sauber zerschossen und ausgebombt
worden.
»Das sind die Plätze für die
Außenaufnahmen«, erklärte Tannenbaum. »Hier werden Hunderte von Cowboy- und
Wildwestfilmen gedreht, immer mit derselben Handlung. Manchmal wechseln nicht
einmal die Schauspieler. Niemand merkt es.«
Wir hielten an einer riesigen Halle.
›Studio 5‹ war mit schwarzen Lettern überall darauf gepinselt. Über der Tür
brannte eine rote Lampe.
»Wir müssen einen Augenblick warten«, sagte
Tannenbaum. »Es wird gerade gedreht. Wie gefällt Ihnen dies alles?«
»Gut«, erwiderte ich. »Es erinnert etwas an
Zirkus und Zigeuner.«
Ich sah vor Studio 4 ein paar Cowboys
herumstehen und Männer und Frauen in der Tracht der Puritanerzeit, mit langen
Kleidern, Gehröcken, Barten und Schlapphüten. Sie waren fast alle geschminkt,
was sich im Sonnenlicht merkwürdig ausnahm. Es gab auch Pferde und einen
Sheriff, der
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