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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Co­ca-Co­la trank.
    Das ro­te Licht über Stu­dio 5 er­losch, und
wir tra­ten ein. Im ers­ten Au­gen­blick konn­te ich nach der Hel­lig­keit drau­ßen
nichts er­ken­nen. Dann er­starr­te ich. Et­wa zwan­zig SS-Leu­te ka­men auf mich zu.
Oh­ne nach­zu­den­ken mach­te ich kehrt, um zu flie­hen und stieß ge­gen Tan­nen­baum,
der hin­ter mir her­kam. »Film«, sag­te Tan­nen­baum. »Ziem­lich echt, wie?«
    »Was?« – »Gut ge­macht, mei­ne ich.«
    »Ja«, er­wi­der­te ich müh­sam und wuß­te einen
Mo­ment lang nicht, ob ich ihm ins Ge­sicht schla­gen soll­te oder nicht. Über die
Köp­fe der SS-Leu­te hin­weg sah ich im Hin­ter­grund einen Wacht­turm und da­ne­ben
einen Sta­chel­draht­zaun. Ich merk­te, daß ich hoch und pfei­fend at­me­te.
    »Was ist los?« frag­te Tan­nen­baum. »Hat es
Sie er­schreckt? Aber Sie wuß­ten doch, daß ich in ei­nem An­ti­na­zi­film auf­tre­te.«
    Ich nick­te und ver­such­te mich zu be­ru­hi­gen.
»Ich hat­te es ver­ges­sen«, sag­te ich. »Nach ges­tern abend. Mein Kopf ist noch
nicht ganz klar. Da kann so was pas­sie­ren.«
    »Na­tür­lich, na­tür­lich! Ich hät­te Sie
er­in­nern sol­len.«
    »Wo­zu?« sag­te ich, im­mer noch sto­ckend.
»Wir sind ja in Ka­li­for­ni­en. Es war nur der ers­te Au­gen­blick.«
    »Klar, klar. Wür­de mir auch so ge­hen. Ist
mir das ers­te­mal so­gar auch pas­siert. In­zwi­schen ha­be ich mich na­tür­lich dar­an
ge­wöhnt.«
    »Was?«
    »Man ge­wöhnt sich dar­an, mei­ne ich«, sag­te
Tan­nen­baum.
    »Wirk­lich?« frag­te ich.
    »O ja!«
    Ich dreh­te mich wie­der um und be­trach­te­te
die ver­haß­ten Uni­for­men. Ich merk­te, daß ich mich fast er­bre­chen muß­te. Ei­ne
sinn­lo­se Wut er­füll­te mich, die ins Lee­re ging. Da war nichts, um sie ir­gend­wie
aus­zu­las­sen. Die­se SS-Män­ner spra­chen eng­lisch, merk­te ich jetzt. Trotz­dem
blieb der Schock. Die Wut zer­platz­te, die hoch­ge­schos­se­ne Angst zer­flat­ter­te, aber
sie ver­lie­ßen mich, als hät­te ich einen schwe­ren Krampf über­stan­den. Al­le mei­ne
Mus­keln schmerz­ten noch.
    »Da ist Holt«, rief Tan­nen­baum.
    »Ja«, sag­te ich und starr­te auf den
Draht­zaun des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers.
    »Hal­lo, Ro­bert.« Holt trug ei­ne Jä­ger­müt­ze
und Ga­ma­schen. Ich hät­te mich nicht ge­wun­dert, wenn er ein Ha­ken­kreuz auf der
Brust ge­tra­gen hät­te. Oder einen gel­ben Da­vid­s­tern.
    »Ich wuß­te nicht, daß Sie schon an­ge­fan­gen
ha­ben zu dre­hen«, sag­te Tan­nen­baum.
    »Nur zwei Stun­den, seit heu­te Mit­tag. Wir sind
jetzt fer­tig. Wie wä­re es mit ei­nem Scotch, Ro­bert?«
    Ich hob die Hand. »Noch nicht, nach
ges­tern.«
    »Ge­ra­de des­halb. Man muß den Teu­fel mit
Be­el­ze­bub er­schla­gen, das ist das bes­te.«
    »Wirk­lich?« frag­te ich wie ab­we­send.
    »Ein al­tes Re­zept!« Holt schlug mir auf die
Schul­ter.
    »Viel­leicht«, sag­te ich. »Gut so­gar!«
    »So ist es recht.«
    Wir gin­gen hin­aus, an ein paar schwat­zen­den
SS-Leu­ten vor­bei. Ko­stü­mier­te Schau­spie­ler, dach­te ich und be­griff es im­mer
noch nicht ganz. Ich gab mir einen Ruck. »Der Mann dort trägt ei­ne falsche
Müt­ze«, sag­te ich und zeig­te auf einen Schar­füh­rer.
    »Wirk­lich?« frag­te Holt er­regt. »Sind Sie
si­cher?«
    »Ja, ich bin si­cher. Lei­der.«
    »Das müs­sen wir so­fort kon­trol­lie­ren«,
sag­te Holt zu ei­nem jun­gen Mann mit grü­nen Bril­lenglä­sern. »Wo ist der
Ko­stüm­be­ra­ter?«
    »Ich wer­de ihn su­chen.«
    Ko­stüm­be­ra­ter, dach­te ich. Drü­ben mor­den
sie noch, hier sind sie be­reits Kom­par­sen ge­wor­den. Aber war es nicht im­mer, in
all den elf, zwölf blu­ti­gen Jah­ren, ein Auf­stand der Kom­par­sen ge­we­sen, die
sich end­lich ein­mal als Hel­den ge­bär­den woll­ten und nichts wei­ter wur­den als
ei­ne Ban­de vul­gä­rer Schläch­ter? »Wen ha­ben Sie als Be­ra­ter?« frag­te ich. »Einen
ech­ten Na­zi?«
    »Das weiß ich nicht ge­nau«, er­wi­der­te Holt.
»Auf je­den Fall ist er ein Fach­mann. Ver­dammt, wenn wir we­gen ei­ner lau­si­gen
Müt­ze die gan­ze Sze­ne noch ein­mal dre­hen müs­sen!«
    Wir gin­gen in die Kan­ti­ne. Holt be­stell­te
Whis­ky und So­da. Ich wun­der­te mich nicht

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