E.M. Remarque
selbst, daß das Geld heute weniger als die Hälfte von damals wert
ist. Es ist nicht wieder gestiegen, Bilder dagegen um das Fünffache und mehr.«
Er lachte ein sanftes falsches Lachen. »Ja, die Inflation! Sie begann vor
zweitausend Jahren und geht weiter und weiter. Sachwerte steigen. Geld fällt,
so ist es nun einmal.«
»Darum sollte man nie etwas verkaufen«,
parierte der Hai unter fröhlichem Gebrüll.
»Wenn man das könnte«, erwiderte Silvers
gelassen. »Ich verkaufe ohnehin so wenig wie möglich. Aber man braucht ja
Betriebskapital. Fragen Sie einmal meine Kunden. Für die bin ich ein Wohltäter.
Ich habe noch vor kurzem eine Degas-Tänzerin, die ich vor fünf Jahren verkauft
habe, für das Doppelte des Preises zurückgekauft.«
»Von wem?« fragte der Hai.
»Das sage ich Ihnen natürlich nicht.
Möchten Sie, daß ich herumposaunen würde, zu welchen Preisen Sie bei mir
kaufen?«
»Warum nicht?« Der Hai war eine scharfe
Nummer.
»Andere mögen es gar nicht. Nach denen muß
ich mich richten.« Silvers machte ein Geräusch, als stünde er auf. »Schade, daß
Sie hier nichts gefunden haben, Herr Cooper. Nun, vielleicht ein andermal. Die
Preise kann ich natürlich nicht lange offen halten, das verstehen Sie?«
Auch der Hai stand auf. »Hatten Sie nicht
noch einen Degas, den Sie mir zeigen wollten?« fragte er nachlässig.
»Ach den, der im Zimmer meiner Frau hängt?«
Silvers zögerte. Dann hörte ich die Klingel. »Ist meine Frau in ihrem Zimmer?«
»Sie ist vor einer halben Stunde
ausgegangen.«
»Dann bringen Sie doch einmal den Degas,
der neben dem Spiegel hängt.«
»Es wird einen Augenblick dauern, Herr
Silvers«, sagte ich. »Ich habe gestern einen Holzdübel eindrehen müssen, da die
Wand nicht sehr fest war. Das Bild ist darauf festgeschraubt. Es dauert nur ein
paar Minuten.«
»Lassen Sie nur«, erwiderte Silvers. »Wir
gehen einfach hinauf. Was meinen Sie, Herr Cooper?« – »Von mir aus.«
Ich hockte mich wieder wie Fafner zwischen
die Schätze des Rheingolds. Nach einiger Zeit kamen die beiden zurück, und ich
wurde hinaufgeschickt, das Ding loszumachen und herunterzubringen. Da nichts
loszumachen war, wartete ich einfach ein paar Minuten. Ich sah durch das
hintere Fenster, das zum Hof hinausging, Frau Silvers im Küchenfenster
gegenüber. Sie machte eine fragende Geste. Ich schüttelte heftig den Kopf, die
Luft war noch nicht rein, Frau Silvers mußte weiter in der Küche bleiben.
Ich brachte das Bild in den veloursgrauen
Staffeleiraum und verließ das Zimmer. Vom Gespräch konnte ich nichts mehr
hören, Silvers hatte die Zwischentür geschlossen. Ich hätte ganz gern
festgestellt, wie subtil er andeuten würde, daß seine Frau das Bild gerne für
die private Sammlung behalten würde, aber ich war sicher, er würde es so
machen, daß der Hai nicht mißtrauisch würde. Es dauerte ungefähr noch eine
halbe Stunde, dann kam Silvers herein und erlöste mich aus der
Luxusgefangenschaft. »Den Degas brauchen wir nicht zurückzuhängen«, sagte er.
»Sie müssen ihn morgen zu Herrn Cooper bringen.« – »Gratuliere.«
Er zog eine Grimasse. »Was man alles tun
muß! Dabei wird der Mann sich in zwei Jahren ins Fäustchen lachen, so werden
die Bilder gestiegen sein.«
Ich wiederholte die Frage Coopers. »Warum
verkaufen Sie dann wirklich?«
»Weil ich es nicht lassen kann. Ich bin
eine Spielernatur. Außerdem muß ich verdienen. Übrigens, die Sache mit dem
angeschraubten Bild war nicht schlecht. Sie entwickeln sich.«
»Sollte ich dann nicht besser bezahlt
werden?«
Silvers machte schmale Augen. »Sie
entwickeln sich etwas zu schnell. Vergessen Sie nicht, daß Sie bei mir einen
Gratisunterricht bekommen, um den Sie mancher Museumsdirektor beneiden würde.«
***
Ich
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