E.M. Remarque
Kaffee.«
»Ich nehme einen Whisky. In dieser Hitze
das einzig Vernünftige.«
Ich widersprach nicht. Die Wohnung war sehr
kühl, in ihr war die leichte Grabesluft künstlich gekühlter und durchlüfteter
Räume. Coopers Kopf leuchtete darin wie eine reife Tomate. Verstärkt wurde das
noch durch die Einrichtung, die französisch war, Louis XV. fast alles gefaßte
oder vergoldete Stücke, zierlich, untermischt mit kleinen italienischen Sesseln
und einer prachtvollen kleinen, gelben venezianischen Kommode. An den
bespannten Wänden hingen französische Impressionisten.
Cooper löste das Papier von dem Degas und
stellte ihn auf einen Stuhl. »Das war doch Schwindel mit dem Bild, wie?« fragte
er. »Silvers behauptete, er hätte es seiner Frau geschenkt und sie würde Krach
machen, wenn sie nach Hause käme! So ein Bluff!«
»Haben Sie es deshalb gekauft?« erwiderte
ich.
»Natürlich nicht. Ich habe es gekauft, weil
ich es haben wollte. Haben Sie eine Ahnung, was Silvers dafür verlangt hat?«
»Nicht die mindeste.«
»Dreißigtausend Dollar.«
Cooper sah mich forschend an. Ich wußte
sofort, daß er log und mich aushorchen wollte. »Nun?« sagte er. »Viel Geld,
nicht?«
»Für mich wäre es viel Geld.«
»Wieso? Was würden Sie dafür zahlen?«
Ich lachte. »Gar nichts!«
»Warum nicht?« fragte Cooper sehr schnell.
»Ich habe nicht das Geld dafür. Zwischen
mir und dem Nichts stehen im Augenblick etwa fünfunddreißig Dollar.«
Cooper ließ nicht nach. »Was würden Sie
zahlen, wenn Sie das Geld dafür hätten?«
Ich hatte das Gefühl, daß ich für einen
Kaffee genug ausgefragt war. »Alles, was ich besäße«, erwiderte ich. »Sie
brauchen ja nur Ihre Bilder hier schätzen zu lassen, um zu wissen, daß
Kunstbegeisterung gleichzeitig ein gutes Geschäft ist. Besser geht es doch gar
nicht. Ich glaube, Silvers würde sie Ihnen gern mit hohem Profit wieder
abkaufen.«
»Der Gauner! Um sie mir eine Woche später
mit fünfzig Prozent Aufschlag wieder anzubieten!«
Cooper kollerte wie ein Truthahn nach der
Mahlzeit – zufrieden und nicht mehr herausfordernd. »Also wo wollen wir
die Tänzerin hinhängen?«
Wir gingen durch die Wohnung. Zwischendurch
wurde Cooper ans Telefon gerufen. »Sehen Sie sich nur um«, rief er mir zu.
»Vielleicht finden Sie schon einen Platz.«
Die Wohnung war mit feinem Geschmack
eingerichtet. Cooper mußte selbst sehr viel verstehen oder ausgezeichnete
Berater haben, wahrscheinlich beides. Ein Mädchen führte mich. »Hier ist Mister
Coopers Schlafzimmer«, sagte sie, »da wäre noch Platz.«
Über einem breiten Bett im Jugendstil hing
goldgerahmt eine Waldlandschaft mit einem röhrenden Hirsch und ein paar Rehen,
mit einer Quelle im Vordergrund. Ich sah dieses scheußliche Machwerk sprachlos
an. »Hat Herr Cooper das selbst gemalt?« fragte ich dann. »Oder hat er es
geerbt von seinen Eltern?«
»Das weiß ich nicht. Er hat es, seit ich
hier bin. Herrlich, nicht wahr? So naturgetreu!«
»Das ist es. Man sieht den Dampf vor dem
Maul des Hirsches. Ist Herr Cooper Jäger?«
»Nicht daß ich wüßte.«
Ich sah mich um und entdeckte gegenüber
eine Venedig-Landschaft von Ziem. Mir wurden fast die Augen feucht vor Rührung,
Coopers Geheimnis entdeckt zu haben. Hier, in seinem Schlafzimmer, brauchte er
sich nicht in Positur zu setzen. Dies war es, was er wirklich liebte. Alles
andere war Aufmachung, Geschäft und vielleicht sogar auch laue Zuneigung, wer
konnte das wissen und wer wollte es? Aber dieser röhrende Hirsch, das war
Passion, und diese sentimentale Venedig-Studie, das war Romantik.
»Wir wollen weitergehen«, sagte ich zu dem
Mädchen. »Hier ist alles so, daß man es nur stören würde. Sind oben noch
Räume?«
»Oben ist das Dachgeschoß und ein kleiner
Salon.«
Sie führte mich eine
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