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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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soll­te. Man hei­ra­te­te oder nicht. Lowy se­ni­or be­trat, leuch­tend vom
schwe­ren ko­sche­ren Es­sen, das Lo­kal.
    Der jün­ge­re Bru­der warf mir einen
Schwei­ge­blick zu. Ich nick­te.
    »Was macht der Pa­ra­sit?« frag­te Lowy se­ni­or
leut­se­lig.
    »Sil­vers? Er hat mir so­eben frei­wil­lig ei­ne
Ge­halts­auf­bes­se­rung ge­ge­ben.«
    »Kann er auch. Wie­viel? Einen Dol­lar im
Mo­nat?«
    »Hun­dert.«
    »Was?«
    Die bei­den Lowys starr­ten mich an. Der
Äl­te­re faß­te sich zu­erst.
    »Er hät­te Ih­nen zwei­hun­dert ge­ben sol­len«,
sag­te er dann.
    Ich be­wun­der­te ihn und woll­te ihm nicht
nach­ste­hen. »Hat er ge­tan«, er­wi­der­te ich. »Aber ich ha­be es ab­ge­lehnt. Ich
fin­de, ich bin so­viel noch nicht wert. In ei­nem Jahr viel­leicht.«
    »Mit Ih­nen kann man nie ver­nünf­tig re­den«,
brumm­te Lowy se­ni­or.
    »Doch«, sag­te ich. »Wenn es um Bron­zen
geht.«
    Ich be­rich­te­te ihm von mei­ner Ent­de­ckung.
»Sie wer­den sie für mich er­stei­gern kön­nen. Je­der wird sie für falsch hal­ten.«
    »Und wenn sie falsch ist?«
    »Dann ha­ben wir uns ge­irrt. Oder möch­ten
Sie, daß ich Sie ge­gen den Ver­lust ver­si­che­re?«
    »Warum nicht?« grins­te Lowy. »Bei Ih­rem
Ein­kom­men!«
    »Ich kann sie auch sel­ber kau­fen. Das ist
ein­fa­cher«, sag­te ich er­nüch­tert. Ich hat­te et­was mehr Dank­bar­keit für den Tip
er­war­tet. Wie im­mer, ein Irr­tum. »Wie war die Lin­sen­sup­pe?« frag­te ich.
    »Lin­sen­sup­pe? Wo­her wis­sen Sie, daß ich
Lin­sen­sup­pe ge­ges­sen ha­be?«
    Ich wies auf den Auf­schlag sei­nes Jacketts,
wo ei­ne zer­drück­te hal­be Lin­se prang­te. »Viel zu schwer um die­se Jah­res­zeit,
Herr Lowy. Sie ris­kie­ren einen Schlag­an­fall. Gu­ten Tag, mei­ne Her­ren!«
    »Sie sind ein men­schen­freund­li­ches Biest,
Herr Ross«, er­wi­der­te Lowy se­ni­or sau­er­süß. »Sie ver­ste­hen einen Scherz! Wie
hoch soll man ge­hen für die Bron­ze?«
    »Ich se­he sie mir noch ein paar Mal an.«
    »Gut. Ich kann das nicht. Wenn ich sie mir
zwei­mal an­ge­se­hen ha­be, wit­tern die Brü­der drü­ben be­reits Un­rat. Sie ken­nen
mich. Sa­gen Sie mir noch Be­scheid?«
    »Selbst­ver­ständ­lich.«
    Ich war schon un­ter der Tür, als Lowy
se­ni­or mir nachrief: »Das mit Sil­vers stimmt doch nicht, wie?«
    »Doch!« sag­te ich. »Aber ich ha­be ein
bes­se­res An­ge­bot von Ro­sen­berg.«
    Ich war noch kei­ne zehn Schrit­te ge­gan­gen,
als ich das be­reu­te. Nicht aus mo­ra­li­schen Grün­den, son­dern aus Aber­glau­ben.
Ich hat­te in mei­nem Le­ben schon sehr vie­le Schwin­del­ge­schäf­te mit dem lie­ben
Gott ge­macht, an den ich im­mer zu glau­ben be­gann, wenn ich in ei­ner
ge­fähr­li­chen Si­tua­ti­on war – so ähn­lich wie die Stier­kämp­fer vor dem Kampf
in ih­rer Un­ter­kunft in der Are­na ei­ne Mut­ter­got­tes-Sta­tue auf­stel­len, sie mit
Blu­men schmücken, vor ihr be­ten und ge­wal­ti­ge Ver­spre­chen ma­chen, Ker­zen,
Mes­sen, ein from­mes Le­ben, kei­nen Te­qui­la mehr und so wei­ter. Ist dann der
Kampf vor­bei, wird die Mut­ter­got­tes acht­los in einen Kof­fer zu schmut­zi­gen
Lum­pen ge­wor­fen, die Blu­men wer­den ver­kauft, die Ver­spre­chun­gen ver­ges­sen und
die Te­quilafla­sche her­vor­ge­holt – bis zum nächs­ten Stier­kampf, wo sich
al­les wie­der­holt. Mei­ne Schwin­del­ge­schäf­te mit dem lie­ben Gott wa­ren von
glei­chem Ka­li­ber ge­we­sen. Aber au­ßer­dem gab es manch­mal noch einen sub­ti­le­ren
Aber­glau­ben, den ich lan­ge nicht ge­habt hat­te, weil er nicht dar­auf be­ruh­te,
ei­ne Ge­fahr zu ban­nen, son­dern eher dar­auf, ei­ne Er­war­tung nicht zu
ver­scheu­chen. Ich blieb ste­hen. Aus ei­nem Ge­schäft für Ang­ler blick­ten mich
aus­ge­stopf­te Hech­te an, um die im Krei­se An­gel­schnü­re ge­legt wa­ren. Um ei­ne
Er­war­tung nicht zu ver­scheu­chen, muß­te man sie erst ein­mal auch ha­ben, dach­te
ich und wuß­te plötz­lich, daß ich aus den­sel­ben Grün­den den Lowys mein klei­nes
Ge­schäft über­las­sen hat­te. Ich woll­te nicht nur Gott, der auf ein­mal wie­der
sein schläf­ri­ges Haupt über die Haus­dä­cher em­por­reck­te, son­dern auch das
Schick­sal für mich

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