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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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güns­tig stim­men, weil et­was ein­ge­tre­ten war, an das ich
nicht mehr ge­glaubt hat­te: Daß ich et­was er­war­te­te und auf et­was war­te­te, das
man eher als Wär­me be­zeich­nen konn­te, und das mir das be­glücken­de Ge­fühl gab,
noch nicht ganz ein Au­to­mat zu sein. Al­le al­ten Kli­schees von Herz­schlag,
Atem­zug und Atem­lo­sig­keit fie­len mir ein, und sie wa­ren in die­ser Mi­nu­te
rich­tig und von un­er­war­te­tem, dop­pel­tem Le­ben über­glänzt, dem mei­nen und dem
oh­ne Na­men.

XV.
    A ls ich am nächs­ten
Mor­gen Sil­vers Mrs. Whym­pers Wunsch mit­teil­te, rea­gier­te er mit
Ge­ring­schät­zig­keit. »Whym­per, Whym­per? Wann will sie kom­men? Um 5 Uhr? Ich weiß
nicht, ob ich da bin.«
    Ich wuß­te ge­nau, daß die­ses fau­le Kro­ko­dil
nichts zu tun hat­te als auf Kun­den zu war­ten und Whis­ky zu trin­ken. »Gut«,
sag­te ich, »ver­schie­ben wir es, bis Sie ein­mal Zeit ha­ben.«
    »Ach, brin­gen Sie die Da­me nur her«,
er­wi­der­te er läs­sig. »Es ist im­mer ein­fa­cher, so et­was gleich hin­ter sich zu
brin­gen.«
    Gut, dach­te ich. Das gibt mir die
Mög­lich­keit, die Bron­ze im Sa­voy am Nach­mit­tag an­zu­se­hen, wenn nicht so vie­le
Käu­fer her­um­schwir­ren wie in der Mit­tags­pau­se.
    »Hat Ih­nen die Ein­rich­tung bei Cooper
ge­fal­len?« frag­te Sil­vers.
    »Sehr. Er muß aus­ge­zeich­ne­te Be­ra­ter ge­habt
ha­ben.«
    »Das stimmt. Er selbst ver­steht nichts.«
    Ich dach­te, daß auch Sil­vers nichts
ver­stün­de, ab­ge­se­hen von dem schma­len Ge­biet fran­zö­si­scher Im­pres­sio­nis­ten. Er
hat­te kei­nen Grund, so maß­los stolz dar­auf zu sein, es war sein Ge­schäft,
eben­so wie Waf­fen und Ei­sen­schrott Coo­pers Ge­schäft wa­ren. So be­trach­tet war
Cooper so­gar im Vor­teil – er hat­te au­ßer­dem noch herr­li­che Mö­bel, wäh­rend
Sil­vers nichts als Pols­ter­so­fas, Pols­ter­ses­sel und ge­rad­li­ni­ge, nüch­ter­ne,
mo­der­ne Mas­sen­mö­bel hat­te.
    Er muß­te mei­ne Ge­dan­ken er­ra­ten ha­ben. »Es
wä­re mir leicht, mein Haus mit Mö­beln des spä­ten 18. Jahr­hun­derts
ein­zu­rich­ten«, sag­te er. »Ich tue es der Bil­der we­gen nicht. Die­ser gan­ze
Ba­rock- und Ro­ko­ko­kram lenkt nur ab. Schnick­schnack aus ab­ge­leb­ten Zei­ten! Was
sol­len mo­der­ne Men­schen da­mit?«
    »Bei Cooper ist das an­ders«, er­wi­der­te ich.
»Er braucht die Bil­der nicht zu ver­kau­fen. Er kann sie in der Um­ge­bung
ein­ord­nen.«
    Sil­vers lach­te. »Wenn er sie wirk­lich in
sei­ne ei­ge­ne Um­ge­bung ein­ord­nen woll­te, müß­te er Ma­schi­nen­ge­weh­re und leich­te
Ge­schüt­ze da­zwi­schen­stel­len. Das wä­re an­ge­mes­se­ner.«
    Ich ent­deck­te wie­der die leich­te
Ge­häs­sig­keit, die er ge­gen Cooper heg­te. Ich hat­te ähn­li­ches auch schon bei
an­de­ren Kun­den ge­merkt. Sil­vers' so of­fen­sicht­lich zur Schau ge­stell­te Bon­ho­mie
war nur ei­ne dün­ne Schicht, die stand­hielt. Wie bei bil­lig ver­gol­de­tem Kup­fer
kam durch et­was Rei­ben bald die Un­ter­schicht her­aus. Er glaub­te, in­dem er sei­ne
Kun­den ver­ächt­lich mach­te, sie zu ver­ach­ten. Was her­aus­kam, war eher, daß er sie
be­nei­de­te. Er re­de­te sich selbst ein, sein Zy­nis­mus er­hal­te ihm sei­ne Frei­heit,
aber es war ei­ne bil­li­ge Frei­heit und sie glich der Frei­heit des An­ge­stell­ten,
auf sei­nen Chef zu schimp­fen, wenn die­ser es nicht hör­te. Ob­schon er die
Ei­gen­schaft vie­ler ein­sei­tig ge­bil­de­ter Leu­te hat­te, sich über al­les, was er
nicht ver­stand, zu be­lus­ti­gen, schütz­te die­se be­que­me Ei­gen­schaft ihn nicht
ganz, wie sie auch nicht echt war. Über­ra­schend lug­te aus all­dem manch­mal ein
wüs­ter Neu­ro­ti­ker her­vor. Das mach­te ihn für mich in­ter­essant. Sei­ne an­de­ren
sü­ßen Pre­dig­ten wa­ren nur so lan­ge er­träg­lich, als sie Neu­es ent­hiel­ten, dann
wur­den sie lang­wei­lig. Prak­ti­sche Le­bens­kunst konn­te rasch zum Gäh­nen rei­zen.
    Ich ging mit­tags zum Sa­voy-Auk­ti­ons­haus und
ließ mir die Bron­ze zei­gen. Es wa­ren we­ni­ge Leu­te da, weil an die­sem Ta­ge kei­ne
Auk­ti­on statt­fand. Schläf­rig däm­mer­te der große

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