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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Kö­chin kam zu­rück.
    Ich be­gab mich wie­der auf mei­nen
Be­ob­ach­tungs­pos­ten im Bil­der­raum und sah, daß Sil­vers in­zwi­schen ein paar
klei­ne Re­noirs her­aus­ge­holt hat­te. Ich wun­der­te mich dar­über, er lieb­te es
sonst zu zei­gen, daß er einen Ge­hil­fen hat­te.
    Nach ei­ni­ger Zeit kam er her­ein. »Sie ha­ben
ja Ih­ren Cock­tail ver­ges­sen. Kom­men Sie.«
    Mrs. Whym­per hat­te ihr Glas aus­ge­trun­ken.
»Da sind Sie ja«, sag­te sie. »Schon un­treu? Oder ha­ben Sie Angst vor Ih­ren
ei­ge­nen Mar­ti­nis?«
    Sie saß auf­recht und pup­pen­haft da, nur
ih­re Hän­de wa­ren nicht weich und klein. Sie wa­ren dünn, hart und kno­chig. »Was
mei­nen Sie zu dem klei­nen Re­noir?« frag­te sie.
    Es war ein Blu­men­stil­le­ben aus der Zeit von
1880. »Er ist wun­der­bar«, er­wi­der­te ich. »Es wird schwer für uns sein, mit
ei­nem ähn­li­chen wie­der­zu­kom­men, wenn er ver­kauft ist.«
    Mrs. Whym­per nick­te. »Wol­len wir noch einen
sehr klei­nen Steig­bü­gel­trunk neh­men? An Ta­gen wie die­sem macht mir mei­ne
Mi­grä­ne im­mer sehr zu schaf­fen. Ein­sei­tig, Tri­ge­mi­nus, scheuß­lich. Der Arzt
sagt, das ein­zi­ge, was hilft, ist et­was kla­rer Al­ko­hol. Er­wei­tert die
Blut­ge­fäße. Was man nicht al­les für sei­ne Ge­sund­heit tun muß.«
    »Ich ver­ste­he das«, sag­te ich. »Ich ha­be
auch ein paar Jah­re Tri­ge­mi­nus­neur­al­gie ge­habt. Sehr schmerz­haft.«
    Mrs. Whym­per gab mir einen war­men Blick,
als hät­te ich ihr ein Kom­pli­ment ge­macht. Ich ging in die Kü­che zu­rück. »Wo ist
der Wod­ka?« frag­te ich.
    »Man könn­te ins Klos­ter ge­hen«, er­wi­der­te
die Kö­chin. »Drü­ben steht er. Die ha­ben we­nigs­tens noch kei­ne Di­ät.«
    »Doch, die Mön­che wa­ren die ers­ten. So­gar
ei­ne stren­ge.«
    »Wo­von sind sie dann so dick?«
    »Weil sie das falsche es­sen.«
    »Sie soll­ten sich schä­men, sich über ei­ne
ein­fa­che Frau in ih­rer Ver­zweif­lung lus­tig zu ma­chen. Wo­zu ha­be ich ko­chen
ge­lernt, wenn ich es dann nicht darf? Ich war Pas­te­ten­kö­chin im Jockey­klub in
Wi­en, mein Herr! Und nun pfu­sche ich hier Sa­la­te oh­ne Öl zu­sam­men, und ein
Stück But­ter wird wie Zy­an­ka­li be­han­delt! Von ei­ner an­stän­di­gen Sa­cher­tor­te gar
nicht zu re­den! Das gilt hier als Lan­des­ver­rat.«
    Ich ver­schwand mit den bei­den Mar­ti­nis.
Mrs. Whym­per war­te­te schon dar­auf. »Sie ha­ben sie zu groß ge­macht«, sag­te sie
und trank ihr Glas in ei­nem Zug aus. »Bis mor­gen dann. Um fünf. Herr Sil­vers
sag­te mir, Sie möch­ten das Bild selbst auf­hän­gen bei mir.«
    Wir ge­lei­te­ten sie hin­aus. Die Mar­ti­nis
wa­ren ihr nicht an­zu­mer­ken. Ich brach­te sie zu ih­rem Wa­gen. Der ers­te Hauch des
frü­hen Abends lag in der hei­ßen Luft. Die Wär­me stand zwi­schen den Häu­sern wie
ein Block un­sicht­ba­ren Ge­lees, aber die Blät­ter der Bäu­me be­gan­nen tro­cken zu
ra­scheln, als wä­ren es Pal­men.
    Ich ging zu­rück. »Mrs. Whym­per«, sag­te
Sil­vers nach­läs­sig. »Warum ha­ben Sie mir das nicht gleich ge­sagt? Na­tür­lich
ken­ne ich sie.«
    Ich blieb ste­hen. »Ich ha­be es Ih­nen
ge­sagt«, er­wi­der­te ich.
    Er wink­te ab: »Whym­pers gibt es vie­le. Sie
ha­ben mir nicht ge­sagt, daß es sich um Mrs. An­dré Whym­per han­delt. Ich ken­ne
sie seit lan­gem. Nun, es macht ja nichts.«
    Ich war ver­blüfft. »Hof­fent­lich neh­men Sie
es mir nicht übel«, sag­te ich sar­kas­tisch.
    »Warum soll ich es Ih­nen übel neh­men?«
er­wi­der­te Sil­vers.
    »Im­mer­hin, of­fen­sicht­lich hat sie et­was
ge­kauft.«
    Sil­vers schi­en ei­ne Mücke zu ver­scheu­chen.
»Das weiß man noch lan­ge nicht. Die­se al­ten Da­men ge­ben Bil­der ein Dut­zend Mal
zu­rück, und zum Schluß sind die Rah­men rui­niert und sie kau­fen gar nichts. Das
Ge­schäft ist nicht so ein­fach, wie Sie den­ken.« Sil­vers gähn­te. »Es ist Zeit,
daß wir Schluß ma­chen. Man wird mü­de in der Hit­ze. Auf mor­gen. Pa­cken Sie noch
die Bil­der weg.«
    Er ging. Ich starr­te ihm nach. So ein
Gau­ner, dach­te ich. Er will mich wahr­schein­lich um die Pro­vi­si­on brin­gen und
be­haup­ten, ich ha­be ihm kei­nen neu­en Kun­den ge­bracht, son­dern

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