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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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was an­hö­ren zu müs­sen?«
    »Ist es nicht wahr?«
    »Ja. Für dritt­klas­si­ge Poe­ten und Frau­en, de­nen es nicht
pas­siert.«
    »Für die, die es tun, auch.«
    »Mei­net­we­gen.«
    »Könn­test du es?«
    »Jo­an«, sag­te Ra­vic. »Laß die­ses Ge­schwätz. Ich tau­ge
nicht für sol­che Spe­ku­la­tio­nen. Ich ha­be schon zu vie­le Men­schen ge­tö­tet. Als
Ama­teur und als Pro­fes­sio­na­list. Als Sol­dat und als Arzt. Das gibt ei­nem
Ver­ach­tung, Gleich­gül­tig­keit und Re­spekt für das Le­ben. Mit Tö­ten löscht man
nicht viel aus. Wer oft ge­tö­tet hat, tö­tet nicht mehr aus Lie­be. Man macht den
Tod da­durch lä­cher­lich und klein. Und der Tod ist nie klein und lä­cher­lich. Er
geht Frau­en auch nichts an; er ist ei­ne Sa­che un­ter Män­nern.«
    Er schwieg ei­ne Zeit­lang.
    »Was re­den wir da?« sag­te er dann und beug­te sich über
sie. »Bist du nicht mein Glück oh­ne Wur­zel? Mein Wol­ken- und Schein­wer­fer­glück?
Komm, laß dich küs­sen! Nie war das Le­ben so kost­bar wie heu­te – wo es so we­nig
gilt.«

16
    16    Das
Licht. Es war im­mer wie­der das Licht. Es kam wie ein wei­ßer Schaum vom
Ho­ri­zont her­ein­ge­flo­gen, zwi­schen dem tie­fen Blau des Mee­res und dem hel­le­ren
des Him­mels; es kam her­an­ge­flo­gen, atem­los und tiefs­ter Atem zu­gleich, Leuch­ten
und Re­flex in ei­nem, ein­fa­ches ur­al­tes Glück, so hell zu sein, so zu schim­mern,
so oh­ne al­le Sub­stanz zu schwe­ben …
    Wie es hin­ter ih­rem Kopf steht, dach­te Ra­vic. Wie ei­ne
Glo­rie oh­ne Far­be! Wei­te oh­ne Per­spek­ti­ve. Wie es über die Schul­tern fließt!
Milch aus Ka­naan, Sei­de aus Strah­len ge­spon­nen! Nie­mand ist nackt in die­sem
Licht. Die Haut fängt es, strahlt es zu­rück, wie die Fel­sen das Meer drau­ßen,
Licht­schaum, durch­sich­ti­ge Ver­wir­rung, dünns­tes Kleid aus hells­tem Ne­bel …
    »Wie lan­ge sind wir jetzt hier?« frag­te Jo­an.
    »Acht Ta­ge.«
    »Es ist wie acht Jah­re, fin­dest du nicht?«
    »Nein«, sag­te Ra­vic. »Es ist wie acht Stun­den. Acht
Stun­den und drei­tau­send Jah­re. Da, wo du jetzt stehst, stand ge­nau­so, vor
drei­tau­send Jah­ren, ei­ne jun­ge Etrus­ke­rin – und der Wind kam eben­so von Afri­ka
her­über und jag­te das Licht vor sich her über das Meer.«
    Jo­an hock­te sich ne­ben ihn auf den Fel­sen. »Wann müs­sen
wir wie­der zu­rück nach Pa­ris?«
    »Das wird sich heu­te abend im Ka­si­no zei­gen.«
    »Ha­ben wir ge­won­nen?«
    »Nicht ge­nug.«
    »Du spielst, als ob du im­mer ge­spielt hät­test. Viel­leicht
hast du. Ich weiß ja nichts von dir. Wie kam es, daß der Crou­pier dich be­grüß­te
wie einen rei­chen Mu­ni­ti­ons­fa­bri­kan­ten?«
    »Er ver­wech­sel­te mich mit ei­nem Mu­ni­ti­ons­fa­bri­kan­ten.«
    »Das ist nicht wahr. Du kann­test ihn doch auch wie­der.«
    »Es war höf­li­cher, so zu tun.«
    »Wann warst du das letz­te­mal hier?«
    »Ich weiß es nicht. Ir­gend­wann vor vie­len Jah­ren. Wie
braun du schon bist! Du soll­test im­mer braun sein.«
    »Dann müß­te ich im­mer hier le­ben.«
    »Möch­test du das?«
    »Nicht im­mer. Aber ich möch­te im­mer so le­ben, wie ich
hier le­be.«
    Sie warf ihr Haar zu­rück über die Schul­tern. »Du fin­dest
das si­cher sehr ober­fläch­lich – wie?«
    »Nein«, sag­te Ra­vic.
    Sie lä­chel­te und dreh­te sich zu ihm her­um. »Ich weiß, daß
es ober­fläch­lich ist, Liebs­ter, aber, mein Gott, wir ha­ben viel zu­we­nig Ober­fläch­lich­keit
in un­se­rem ver­damm­ten Le­ben ge­habt! Krieg, Hun­ger und Um­sturz ha­ben wir ge­nug
ge­habt, und Re­vo­lu­tio­nen und In­fla­tio­nen – aber nie ein biß­chen Si­cher­heit und
Leich­tig­keit und Ru­he und Zeit. Und nun sagst du noch, daß wie­der ein Krieg
kom­men wird. Un­se­re El­tern ha­ben es wahr­haf­tig ein­fa­cher ge­habt als wir,
Ra­vic.«
    »Ja.«
    »Man hat nur das ei­ne,
kur­ze Le­ben, und es geht da­hin …« Sie leg­te die Hän­de auf den war­men Fel­sen. »Ich
bin nicht viel wert, Ra­vic. Ich ma­che mir nichts dar­aus, in ei­ner his­to­ri­schen
Zeit zu le­ben. Ich will glück­lich sein, und es soll nicht al­les so schwer und
schwie­rig sein. Wei­ter nichts.«
    »Wer möch­te das nicht, Jo­an?«
    »Du

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