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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Din­ge. Zu­viel ge­trun­ken heu­te. Komm, trink auch et­was und geh.«
    Sie setz­te sich zu ihm auf das Bett und nahm das Glas.
»Ich ha­be es ver­stan­den«, sag­te sie. Ihr Ge­sicht hat­te sich ver­än­dert. Wie ein
Spie­gel, dach­te er. Im­mer wie­der spie­gelt es zu­rück, was man da­ge­gen sprach. Es
war jetzt ge­sam­melt und schön. »Ich ha­be es ver­stan­den«, sag­te sie. »Und
manch­mal auch ge­fühlt. Aber, Ra­vic, über dei­ner Lie­be zur Lie­be und zum Le­ben
hast du mich oft ver­ges­sen. Ich war ein An­laß – und dann gingst du in dei­ne
sil­ber­nen Städ­te und wuß­test nur noch we­nig von mir.«
    Er sah sie lan­ge an. »Viel­leicht«, sag­te er.
    »Du warst so sehr mit dir be­schäf­tigt, du ent­deck­test so
viel in dir, daß ich ir­gend­wie am Ran­de dei­nes Le­bens ste­hen­blieb.«
    »Viel­leicht. Aber du bist nichts, um et­was dar­auf zu
bau­en, Jo­an. Das weißt du auch.«
    »Woll­test du das?«
    »Nein«, sag­te Ra­vic nach ei­ni­gem Nach­den­ken. Dann
lä­chel­te er. »Wenn man ein Re­fu­gié ist von al­lem, was fest war, ge­rät man
manch­mal in son­der­ba­re Si­tua­tio­nen. Und man tut son­der­ba­re Din­ge. Na­tür­lich
woll­te ich das nicht. Aber wer nur ein ein­zi­ges Lamm hat, will manch­mal so
vie­le Din­ge da­mit tun.«
    Die Nacht war plötz­lich
voll Frie­den. Sie war wie­der wie ei­ne der Näch­te, ei­ne Ewig­keit her, wenn Jo­an
ne­ben ihm ge­le­gen hat­te. Die Stadt war weit, fern, nur noch ein sanf­tes Sum­men
am Ho­ri­zont, die Ket­te der Stun­den war los­ge­hakt, und die Zeit war so laut­los,
als stän­de sie still. Das Ein­fachs­te und Un­faß­bars­te der Welt war wie­der da:
zwei Men­schen, die mit­ein­an­der spra­chen, je­der für sich – und Lau­te, Wor­te
ge­nannt, form­ten trotz­dem glei­che Bil­der und Ge­füh­le in der zu­cken­den Mas­se
hin­ter den Kno­chen der Schä­del – und aus sinn­lo­sen Stimm­band­vi­bra­tio­nen und den
un­er­klär­li­chen Re­ak­tio­nen dar­auf und den schmie­rig­grau­en Win­dun­gen wuch­sen
plötz­lich wie­der Him­mel, in de­nen sich Wol­ken, Bä­che, Ver­gan­gen­heit, Blü­hen,
Wel­ken und ge­faß­tes Wis­sen spie­gel­ten.
    »Du liebst mich, Ra­vic …«, sag­te Jo­an, und es war nur
halb ei­ne Fra­ge.
    »Ja. Aber ich tue al­les, um von dir los­zu­kom­men.«
    Er sag­te es ru­hig, wie et­was, was bei­de we­nig an­ging. Sie
be­ach­te­te es nicht. »Ich kann mir nicht den­ken, daß wir je­mals nicht mehr
zu­sam­men sind. Für ei­ne Zeit, ja. Aber nicht für im­mer. Nie für im­mer«,
wie­der­hol­te sie, und ein Schau­er lief über ih­re Haut. »Nie ist ein
ent­setz­li­ches Wort, Ra­vic. Ich kann es mir nicht den­ken, daß wir nie mehr
zu­sam­men sind.«
    Ra­vic ant­wor­te­te nicht. »Laß mich hier­blei­ben«, sag­te
sie. »Ich will nie wie­der zu­rück­ge­hen. Nie.«
    »Du wür­dest mor­gen zu­rück­ge­hen. Du weißt das.«
    »Ich kann mir nicht den­ken, wenn ich hier bin, daß ich
nicht hier­blei­be.«
    »Das ist das­sel­be. Du weißt das auch.«
    Der Hohl­raum in­mit­ten der Zeit. Die klei­ne, er­leuch­te­te
Ka­bi­ne des Zim­mers wie­der, die­sel­be wie frü­her – und da war auch der Mensch
wie­der, den man lieb­te, und er war es auf ei­ne son­der­ba­re Wei­se schon nicht
mehr, man konn­te ihn grei­fen, wenn man nur die Ar­me aus­streck­te, und man konn­te
ihn doch wie­der nicht er­rei­chen.
    Ra­vic setz­te das Glas nie­der. »Du weißt, du wür­dest
wie­der ge­hen – mor­gen, über­mor­gen, ir­gend­wann …«, sag­te er.
    Jo­an senk­te den Kopf. »Ja.«
    »Und wenn du wie­der­kämest – du weißt, du wür­dest im­mer
wie­der ge­hen?«
    »Ja.«
    Sie hob ihr Ge­sicht. Es war über­strömt von Trä­nen.
    »Was ist das nur, Ra­vic. Was ist es?«
    »Ich weiß es auch nicht.« Er lä­chel­te flüch­tig. »Lie­be
ist nicht sehr fröh­lich manch­mal, wie?«
    »Nein.« Sie sah ihn an. »Was ist das nur mit uns, Ra­vic?«
    Er hob die Schul­tern. »Ich weiß es auch nicht, Jo­an.
Viel­leicht weil wir nichts an­de­res mehr ha­ben, um uns fest­zu­hal­ten. Frü­her
hat­te man vie­les – Si­cher­heit, Hin­ter­grund, Glau­ben, Zie­le –, al­les freund­li­che
Ge­län­der, an de­nen man sich hal­ten konn­te, wenn die Lie­be einen

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