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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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oh­ne Sen­ti­men­ta­li­tät.
    »Er weiß nichts mehr da­von«, sag­te Ra­vic.
    »Das ist es nicht...«
    »Gut. Dann wer­den Sie hier et­was trin­ken. Sie brau­chen das.«
    Ra­vic war­te­te nicht auf Ant­wort. Er klin­gel­te. Der
Kell­ner er­schi­en über­ra­schend schnell. »Brin­gen Sie zwei große Ko­gnaks.«
    »Hier­her?« – »Ja. Wo­hin sonst?«
    »Sehr wohl, mein Herr.«
    Der Kell­ner brach­te zwei Glä­ser und ei­ne Fla­sche
Cour­voi­sier. Er blick­te in die Ecke, wo das Bett weiß in der Däm­me­rung
schim­mer­te. »Soll ich Licht ma­chen?« frag­te er.
    »Nein. Aber Sie kön­nen die Fla­sche hier­las­sen.«
    Der Kell­ner stell­te das Ta­blett auf den Tisch und
ver­schwand mit ei­nem zwei­ten Blick auf das Bett, so rasch er konn­te.
    Ra­vic nahm die Fla­sche und goß die Glä­ser voll. »Trin­ken
Sie das. Es wird Ih­nen gut­tun.«
    Er er­war­te­te, daß die
Frau sich wei­gern wür­de und er ihr zu­re­den müs­se. Aber sie trank das Glas oh­ne
Zö­gern aus.
    »Ist in den Kof­fern, die Ih­nen nicht ge­hö­ren, noch et­was
Wich­ti­ges?«
    »Nein.«
    »Et­was, das Sie be­hal­ten möch­ten. Das nütz­lich für Sie
ist? Wol­len Sie nicht nach­se­hen?«
    »Nein. Es ist nichts drin. Ich weiß es.«
    »Auch nicht in dem klei­nen Kof­fer?«
    »Viel­leicht. Ich weiß nicht, was er dar­in hat­te.«
    Ra­vic nahm den Kof­fer, stell­te ihn auf einen Tisch am
Fens­ter und öff­ne­te ihn. Ein paar Fla­schen; et­was Wä­sche; ein paar No­tiz­bü­cher;
ein Kas­ten mit Was­ser­far­ben; ei­ni­ge Pin­sel, ein Buch; in ei­nem Sei­ten­fach der
Se­gel­tuch­map­pe, in Sei­den­pa­pier ge­wi­ckelt, zwei Geld­schei­ne. Er hielt sie ge­gen
das Licht. »Hier sind hun­dert Dol­lar«, sag­te er. »Neh­men Sie das. Da­von kön­nen
Sie ei­ne Zeit­lang le­ben. Den Kof­fer wer­den wir zu den Ih­ren stel­len. Er kann
eben­so­gut Ih­nen ge­hört ha­ben.«
    »Dan­ke«, sag­te die Frau.
    »Es ist mög­lich, daß Sie das al­les jetzt scheuß­lich
fin­den. Aber es muß ge­tan wer­den. Es ist wich­tig für Sie. Es gibt Ih­nen ein
Stück Zeit.«
    »Ich fin­de es nicht scheuß­lich. Ich hät­te es nur nicht
selbst tun kön­nen.«
    Ra­vic schenk­te die
Glä­ser voll. »Trin­ken Sie das noch.«
    Sie trank das Glas lang­sam aus. »Bes­ser?« frag­te er.
    Sie sah ihn an. »Nicht bes­ser und nicht schlech­ter. Gar
nichts.«
    Sie saß un­deut­lich in der Däm­me­rung. Manch­mal husch­te der
ro­te Schein ei­ner Leucht­re­kla­me über ihr Ge­sicht und ih­re Hän­de. »Ich kann
nichts den­ken«, sag­te sie, »so­lan­ge er da ist.«
    Die bei­den Am­bu­lanz­ge­hil­fen schlu­gen die De­cke zu­rück
und scho­ben die Bah­re ne­ben das Bett. Dann ho­ben sie den Kör­per hin­über. Sie
ta­ten es rasch und ge­schäfts­mä­ßig. Ra­vic stand dicht ne­ben der Frau für den
Fall, daß sie ohn­mäch­tig wer­den wür­de. Be­vor die Ge­hil­fen den Kör­per zu­deck­ten,
bück­te er sich und nahm die klei­ne höl­zer­ne Ma­don­na vom Nacht­tisch. »Ich
glaub­te, das ge­hört Ih­nen«, sag­te er. »Wol­len Sie es nicht be­hal­ten?«
    »Nein.«
    Er gab ihr die Fi­gur. Sie nahm sie nicht. Er öff­ne­te den
klei­nen Kof­fer und leg­te sie hin­ein.
    Die Am­bu­lanz­ge­hil­fen deck­ten ein Tuch über den Leich­nam.
Dann ho­ben sie die Bah­re auf. Die Tür war schmal, und der Kor­ri­dor drau­ßen war
nicht breit. Sie ver­such­ten hin­durch­zu­kom­men, aber es war un­mög­lich. Die Bah­re
stieß an.
    »Wir müs­sen ihn her­un­ter­neh­men«, sag­te der äl­te­re. »Wir
kom­men nicht um die Ecke mit ihm.«
    Er sah Ra­vic an. »Kom­men Sie«, sag­te Ra­vic zu der Frau.
»Wir kön­nen un­ten war­ten.«
    Die Frau schüt­tel­te den Kopf.
    »Gut«, sag­te er zu
den Ge­hil­fen. »Tun Sie, was nö­tig ist.«
    Die bei­den ho­ben den Kör­per an den Fü­ßen und an den
Schul­tern auf und leg­ten ihn auf den Fuß­bo­den. Ra­vic woll­te et­was sa­gen. Er sah
die Frau an. Sie rühr­te sich nicht. Er schwieg. Die Ge­hil­fen tru­gen die Bah­re
hin­aus. Dann ka­men sie in die Däm­me­rung zu­rück und hol­ten den Kör­per in den
trü­be be­leuch­te­ten Kor­ri­dor. Ra­vic ging ih­nen nach. Sie muß­ten den Kör­per sehr
hoch he­ben, um die Trep­pe zu pas­sie­ren. Ih­re Köp­fe schwol­len an

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