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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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über
sei­nem Ge­stank un­ter der Er­de, Krebs und Mo­na Li­sa, Pa­ris.
    »Einen Au­gen­blick, Ka­te«, sag­te Ra­vic. »Ich will uns
et­was ho­len.« Er ging in die Knei­pe ne­ben­an. Ein war­mer Ge­ruch von fri­scher
Blut- und Le­ber­wurst schlug ihm ent­ge­gen. Nie­mand küm­mer­te sich um sein Ko­stüm.
Er be­kam ei­ne Fla­sche Ko­gnak und zwei Glä­ser. Der Wirt öff­ne­te die Fla­sche und
steck­te den Kor­ken leicht wie­der in den Hals.
    Ka­te Hegström stand drau­ßen, ge­nau wie er sie ver­las­sen
hat­te. Sie stand da in ih­rem Ko­stüm, schmal ge­gen den be­weg­ten Him­mel – als
wä­re sie ver­ges­sen wor­den aus ei­nem an­dern Jahr­hun­dert und nicht ei­ne Ame­ri­ka­ne­rin
schwe­di­scher Her­kunft aus Bo­ston.
    »Hier, Ka­te. Das Bes­te ge­gen Küh­le, Re­gen und den Auf­ruhr
all­zu großer Stil­le. Trin­ken wir das hier auf die Stadt da un­ten.«
    »Ja.« Sie nahm das Glas. »Gut, daß wir hier
her­auf­ge­fah­ren sind, Ra­vic. Bes­ser als al­le Fes­te der Welt.«
    Sie trank das Glas aus. Der Mond fiel über ih­re Schul­tern
und ihr Kleid und ihr Ge­sicht.
    »Ko­gnak«, sag­te sie. »Gu­ter so­gar.«
    »Rich­tig. So­lan­ge Sie das er­ken­nen, ist al­les in Ord­nung.«
    »Ge­ben Sie mir noch einen. Und dann las­sen Sie uns wie­der
hin­un­ter­fah­ren, und ich wer­de mich um­zie­hen und Sie auch, und wir wol­len in die
Sche­herazade ge­hen, und ich will in ei­ne Or­gie von Sen­ti­men­ta­li­tät fal­len und
mir leid tun und Ab­schied neh­men von all den herr­li­chen Ober­fläch­lich­kei­ten des
Le­bens, und von mor­gen an will ich dann Phi­lo­so­phen le­sen, Tes­ta­men­te ma­chen
und mich mei­nes Zu­stan­des wür­dig be­neh­men.«
    Auf der Trep­pe des Ho­tels traf Ra­vic die Wir­tin. Sie
hielt ihn an. »Ha­ben Sie einen Mo­ment Zeit?«
    »Na­tür­lich.«
    Sie führ­te ihn in den zwei­ten Stock und öff­ne­te mit ei­nem
Paß­schlüs­sel ein Zim­mer. Ra­vic sah, daß es noch be­wohnt war.
    »Was soll das?« frag­te
er. »Wo­zu bre­chen Sie hier ein?«
    »Ro­sen­feld wohnt hier«, sag­te sie. »Er will aus­zie­hen.«
    »Ich will mei­ne Bu­de nicht wech­seln.«
    »Er will aus­zie­hen und hat die letz­ten drei Mo­na­te nicht
be­zahlt.«
    »Er hat ja noch sei­ne Sa­chen hier. Die kön­nen Sie ja
fest­hal­ten.«
    Die Wir­tin stieß ver­ächt­lich ge­gen einen Kof­fer, der
of­fen und schä­big ne­ben dem Bett stand. »Was ist da schon dran? Nichts wert.
Vul­kan-Fie­ber. Hem­den aus­ge­franst. Den An­zug, das se­hen Sie ja von hier schon.
Er hat nur zwei. Kei­ne hun­dert Frank kriegt man für das Gan­ze.«
    Ra­vic zuck­te die Ach­seln. »Hat er ge­sagt, daß er
aus­zie­hen will?«
    »Nein. Aber man sieht so was. Ich ha­be es ihm heu­te auf
den Kopf zu­ge­sagt. Er hat es auch zu­ge­ge­ben. Ich ha­be ihm er­klärt, daß er bis
mor­gen zah­len muß. Ich kann mir das nicht dau­ernd leis­ten, Mie­ter, die nicht
zah­len.«
    »Gut. Was ha­be ich da­bei zu tun?«
    »Die Bil­der. Die ge­hö­ren ihm auch. Er hat ge­sagt, sie
wä­ren wert­voll. Er be­haup­tet, er kön­ne viel mehr als die Mie­te da­mit be­zah­len.
Nun se­hen Sie sich das doch mal an!«
    Ra­vic hat­te auf die Wän­de nicht acht­ge­ge­ben. Er blick­te
auf. Vor ihm, über dem Bett, hing ei­ne Arles-Land­schaft von Van Go­gh aus der
bes­ten Zeit. Er trat einen Schritt nä­her. Es war kein Zwei­fel, das Bild war
echt. »Schau­der­haft, was?« frag­te die Wir­tin. »Das sol­len Bäu­me sein, die­se
krum­men Din­ger da! Und nun se­hen Sie sich nur das an!«
    Das da hing über dem Wasch­tisch und war ein Gau­guin. Ein
nack­tes Süd­see­mäd­chen vor ei­ner tro­pi­schen Land­schaft. »Die Bei­ne!« sag­te die
Wir­tin. »Knö­chel wie ein Ele­fant. Und das däm­li­che Ge­sicht. Se­hen Sie nur, wie
sie da­steht! Und da hat er noch eins, das ist nicht ein­mal zu En­de ge­malt.«
    Nicht mal zu En­de ge­malt war ein Bild der Frau Ce­zan­ne
von Ce­zan­ne. »Der Mund! Schief, und auf der Ba­cke fehlt Far­be. Da­mit will er
mich nun an­schmie­ren! Sie ha­ben mei­ne Bil­der ge­se­hen – das sind doch Bil­der!
Nach der Na­tur und echt und rich­tig. Die Schnee­land­schaft mit den Hirschen im
Sal­le à man­ger. Aber die­ser Schund – der sieht aus, als wenn er ihn

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