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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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ich.«
    »Für im­mer?«
    Sie nick­te und hol­te ein Te­le­gramm aus ih­rem
Brus­taus­schnitt. »Hier.«
    Ra­vic öff­ne­te es und gab es zu­rück. »Dei­ne Tan­te? Ist sie
end­lich ge­stor­ben?«
    »Ja, ich ge­he zu­rück. Ich ha­be es Ma­da­me er­klärt. Sie ist
wü­tend, aber sie ver­steht es. Jea­net­te muß mich er­set­zen. Sie muß noch
ein­ge­ar­bei­tet wer­den.« Ro­lan­de lach­te. »Die ar­me Ma­da­me. Sie woll­te die­ses Jahr
in Can­nes glän­zen. Ih­re Vil­la ist schon voll von Gäs­ten. Sie ist vor ei­nem Jahr
Grä­fin ge­wor­den. Hat einen Pimp aus Tou­lou­se ge­hei­ra­tet. Zahlt ihm fünf­tau­send
Frank im Mo­nat, so­lan­ge er Tou­lou­se nicht ver­läßt. Jetzt muß sie hier­blei­ben.«
    »Machst du dein Café auf?«
    »Ja. Ich lau­fe schon den gan­zen Tag her­um, al­les zu
be­stel­len. In Pa­ris kann man es bil­li­ger ha­ben. Chintz für die Vor­hän­ge. Was
sagst du zu die­sem Mus­ter?«
    Sie hol­te aus ih­rem Brus­taus­schnitt einen zer­drück­ten
Fet­zen
    Stoff her­vor. Blu­men auf gel­bem Grund. »Wun­der­bar«, sag­te
Ra­vic.
    »Ich be­kom­me es mit drei­ßig Pro­zent. Zu­rück­ge­setzt vom
vo­ri­gen Jahr.« Ro­lan­des Au­gen leuch­te­ten warm und zärt­lich. »Ich spa­re drei­hun­dert­sieb­zig
Frank da­bei. Gut, wie?«
    »Fa­bel­haft. Wirst du hei­ra­ten?«
    »Ja.«
    »Warum willst du hei­ra­ten? Warum war­test du nicht noch
und er­le­digst vor­her al­les, was du willst?«
    Ro­lan­de lach­te. »Du ver­stehst das Ge­schäft nicht, Ra­vic.
Oh­ne einen Mann geht das nicht. Der Mann ge­hört da hin­ein. Ich weiß schon, was
ich tue.«
    Sie stand da, fest, si­cher, ru­hig. Sie hat­te al­les
über­legt. Der Mann ge­hör­te ins Ge­schäft. »Über­schrei­be ihm nicht gleich dein
Geld«, sag­te Ra­vic. »War­te erst, wie al­les geht.«
    Sie lach­te wie­der. »Ich weiß schon, wie es ge­hen wird.
Wir sind ver­nünf­tig. Wir brau­chen uns im Ge­schäft. Ein Mann ist kein Mann, wenn
sei­ne Frau das Geld hat. Ich will kei­nen Pimp. Ich muß Re­spekt ha­ben vor ei­nem
Mann. Das kann ich nicht, wenn er kom­men muß, mich je­den Au­gen­blick um Geld
fra­gen. Siehst du das nicht ein?«
    »Ja«, sag­te Ra­vic, oh­ne es ein­zu­se­hen.
    »Gut.« Sie nick­te
zu­frie­den. »Willst du et­was trin­ken?«
    »Nichts. Ich muß ge­hen. Ich kam nur so vor­bei. Muß mor­gen
früh ar­bei­ten.«
    Sie sah ihn an. »Du bist voll­kom­men nüch­tern. Willst du
ein Mäd­chen?«
    »Nein.«
    Ro­lan­de di­ri­gier­te zwei Mäd­chen mit ei­ner leich­ten
Hand­be­we­gung zu ei­nem Mann hin­über, der auf ei­ner Ban­quet­te saß und schlief.
Die üb­ri­gen tob­ten her­um. Nur noch we­ni­ge sa­ßen auf den Hockern, die in zwei
Rei­hen den Mit­tel­gang ent­lang­stan­den. Die an­dern schlit­ter­ten auf den glat­ten
Flie­sen des Gan­ges wie Kin­der im Win­ter auf Eis. Im­mer zwei zo­gen ei­ne drit­te,
hocken­de, im Ga­lopp den lan­gen Gang hin­ab. Die of­fe­nen Haa­re flo­gen, die Brüs­te
wipp­ten, die Schul­tern schim­mer­ten, das biß­chen Sei­de ver­hüll­te nichts mehr,
die Mäd­chen schri­en vor Ver­gnü­gen, und die »Osi­ris« war plötz­lich ei­ne
ar­ka­di­sche Sze­ne klas­si­scher Un­schuld.
    »Som­mer«, sag­te Ro­lan­de. »Man muß ih­nen ein biß­chen
Frei­heit mor­gens gön­nen.« Sie sah ihn an. »Am Don­ners­tag ist mein
Ab­schied­s­abend. Ma­da­me gibt ein Es­sen für mich. Kommst du?«
    »Don­ners­tag?«
    »Ja.«
    Don­ners­tag, dach­te Ra­vic. In sie­ben Ta­gen. Sie­ben Ta­ge.
Das sind sie­ben Jah­re. Don­ners­tag – dann ist es längst ge­sche­hen. Don­ners­tag –
wer konn­te so weit den­ken? »Na­tür­lich«, sag­te er. »Wo?«
    »Hier. Um sechs Uhr.«
    »Gut. Ich wer­de da sein. Gu­te Nacht, Ro­lan­de.«
    »Gu­te Nacht, Ra­vic.«
    Es kam, als er den Re­trak­tor ein­setz­te. Es kam rasch,
be­stür­zend, heiß. Er zö­ger­te einen Mo­ment. Die of­fe­ne, ro­te Höh­le, der dün­ne
Dampf der hei­ßen, feuch­ten Tü­cher, mit de­nen die Där­me hoch­ge­scho­ben wa­ren, das
Blut, das ne­ben den Klam­mern aus fei­nen Adern si­cker­te – er sah plötz­lich
Eu­ge­nie, die ihn fra­gend an­blick­te, er sah das Ge­sicht Ve­bers, groß, mit al­len
Po­ren und je­dem Haar des Schnurr­barts un­ter

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