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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Me­xi­ko?«
    »Über­füllt. Und auch nur mög­lich mit we­nigs­tens ir­gend
ei­nem Pa­pier.«
    »Du hast über­haupt keins?«
    »Ich hat­te ein paar Ent­las­sungs­schei­ne aus Ge­fäng­nis­sen,
in de­nen ich un­ter ver­schie­de­nen Na­men we­gen il­le­ga­len Grenz­über­tritts ge­ses­sen
ha­be. Nicht ge­ra­de das rich­ti­ge. Ich ha­be sie na­tür­lich im­mer gleich
zer­ris­sen.«
    Mo­ro­sow schwieg.
    »Die Flucht ist zu En­de, al­ter Bo­ris«, sag­te Ra­vic.
»Ir­gend­wann ist sie im­mer ein­mal zu En­de.«
    »Du weißt, was hier
ge­sche­hen wird, wenn Krieg kommt?«
    »Selbst­ver­ständ­lich. Fran­zö­si­sche
Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger. Sie wer­den schlecht sein, weil nichts vor­be­rei­tet ist.«
    »Und dann?«
    Ra­vic zuck­te die Ach­seln. »Man soll nicht zu weit vor­aus
den­ken.«
    »Gut. Aber weißt du, was ge­sche­hen kann, wenn hier al­les
drun­ter und drü­ber geht und du im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger sitzt? Die Deut­schen
kön­nen dich er­wi­schen.«
    »Mich und vie­le an­de­re. Viel­leicht. Viel­leicht wird man
uns auch recht­zei­tig ’raus­las­sen. Wer weiß das?«
    »Und dann?«
    Ra­vic nahm ei­ne Zi­ga­ret­te aus der Ta­sche. »Wir wol­len
dar­über nicht re­den, Bo­ris. Ich kann nicht aus Frank­reich her­aus. Über­all
an­ders ist es ge­fähr­lich oder un­mög­lich. Ich will auch nicht mehr wei­ter.«
    »Du willst nicht mehr wei­ter?«
    »Nein. Ich ha­be dar­über nach­ge­dacht. Ich kann es dir
nicht er­klä­ren. Es ist nicht zu er­klä­ren. Ich will nicht mehr wei­ter.«
    Mo­ro­sow schwieg. Er blick­te über die Men­ge. »Da ist
Jo­an«, sag­te er.
    Sie saß mit ei­nem Mann ziem­lich weit weg an ei­nem Tisch
nach der Ave­nue Ge­or­ge V. »Kennst du ihn?« frag­te er Ra­vic.
    Ra­vic sah hin­über. »Nein.«
    »Scheint ziem­lich schnell zu wech­seln.«
    »Sie ver­folgt das Le­ben«, sag­te Ra­vic gleich­gül­tig. »Wie
die meis­ten von uns. Atem­los, et­was zu ver­säu­men.«
    »Man kann es auch an­ders nen­nen.«
    »Das kann man. Es bleibt das­sel­be. Ru­he­lo­sig­keit, mein
Al­ter. Die Krank­heit der letz­ten fünf­und­zwan­zig Jah­re. Kei­ner glaubt mehr, daß
er fried­lich mit sei­nem Er­spar­ten al­tern wird. Je­der riecht den Brand­ge­ruch und
ver­sucht zu schnap­pen, was er kann. Du nicht. Du bist ein Phi­lo­soph ein­fa­cher
Ver­gnü­gun­gen.«
    Mo­ro­sow er­wi­der­te nichts. »Sie ver­steht nichts von
Hü­ten«, sag­te Ra­vic. »Sieh dir an, was sie da auf hat! Sie hat über­haupt we­nig
Ge­schmack. Das ist ih­re Stär­ke. Kul­tur schwächt. Zum Schluß kommt es im­mer wie­der
nur auf den nack­ten Le­ben­strieb an. Du selbst bist ein herr­li­ches Bei­spiel
da­für.«
    Mo­ro­sow grins­te. »Laß
mir mei­ne nied­ri­gen Freu­den, du Hö­hen­wan­de­rer. Wer einen ein­fa­chen Ge­schmack
hat, dem ge­fällt viel. Er sitzt nie mit lee­ren Hän­den da. Wer sech­zig ist und
hin­ter der Lie­be her­rennt, ist ein Idi­ot, der ge­win­nen will, wenn die an­de­ren
mit ge­zink­ten Kar­ten spie­len. Ein gu­tes Bor­dell gibt Frie­den des Ge­mü­tes. Das
Haus, das ich fre­quen­tie­re, hat sech­zehn jun­ge Frau­en. Für we­nig Geld bin ich
dort ein Pa­scha. Die Zärt­lich­kei­ten, die ich emp­fan­ge, sind ech­ter als die, die
man­cher Knecht der Lie­be be­schluchzt. Knecht der Lie­be, sag­te ich.«
    »Ich ha­be es ver­stan­den, Bo­ris.«
    »Gut. Dann laß uns dies hier aus­trin­ken. Küh­ler, leich­ter
Pouil­ly. Und laß uns die sil­ber­ne Luft von Pa­ris at­men, so­lan­ge sie noch nicht
ver­pes­tet ist.«
    »Das wol­len wir. Hast du ge­se­hen, daß die Kas­ta­ni­en in
die­sem Jahr zum zwei­ten­mal blü­hen?«
    Mo­ro­sow nick­te. Er zeig­te zum Him­mel, an dem röt­lich und
groß über den dunklen Dä­chern der Mars fun­kel­te. »Ja. Und der dort soll der
Er­de nä­her ste­hen als seit vie­len Jah­ren.« Er lach­te. »Bald wer­den wir le­sen,
daß ir­gend­wo ein Kind mit ei­nem Mut­ter­mal wie ein Schwert ge­bo­ren wur­de. Und
daß ir­gend­wo an­ders blu­ti­ger Re­gen ge­fal­len ist. Es fehlt nur noch der
rät­sel­haf­te Ko­met des Mit­tel­al­ters, um die Vor­zei­chen voll zu ma­chen.«
    »Der Ko­met ist da.« Ra­vic zeig­te auf die lau­fen­den
Leucht­schrif­ten über dem

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