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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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noch ei­ne Wei­le her­um.
Merk­wür­dig, was ihn da an­ge­flo­gen war aus dem Nir­gend­wo. Ein Schat­ten, ein
Nichts. Viel­leicht war es ge­kom­men, weil er bei Ka­te Hegström ge­we­sen war. Oder
durch das, was Jo­an vor­her im Ta­xi ge­sagt hat­te. Viel zu schnell und viel zu
leicht. Oder ein­fach nur, weil je­mand war­te­te – statt daß er war­te­te. Er ver­zog
die Lip­pen und öff­ne­te die Tür.
    »Ra­vic«, sag­te Jo­an aus dem Dun­kel. »Der Cal­va­dos steht
auf dem Tisch am Fens­ter.«
    Er blieb ste­hen. Er merk­te, daß er in ei­ner Span­nung
ge­we­sen war. Er hät­te vie­les nicht er­tra­gen kön­nen, was sie ge­sagt hät­te.
Die­ses war rich­tig. Die Span­nung lös­te sich zu lo­ser, lei­ser Si­cher­heit. »Hast
du die Fla­sche ge­fun­den?« frag­te er.
    »Das war ein­fach. Sie stand ja da. Aber ich ha­be sie
ge­öff­net. Ich ha­be einen Kor­ken­zie­her ent­deckt, ir­gend­wo un­ter dei­nen Sa­chen.
Gib mir noch ein Glas.«
    Er schenk­te zwei Glä­ser ein und brach­te ihr ei­nes »Hier
…« Es war gut, den kla­ren Ap­fel­geist zu spü­ren. Es war gut, daß Jo­an das
rich­ti­ge Wort ge­fun­den hat­te.
    Sie lehn­te den Kopf zu­rück und trank. Das Haar fiel auf
die Schul­tern, und sie schi­en nichts zu sein als Trin­ken in die­sem Au­gen­blick.
Ra­vic hat­te das schon vor­her an ihr be­merkt. Sie gab sich ganz hin an das, was
sie ge­ra­de tat. Es streif­te ihn va­ge, daß dar­in nicht nur ein Reiz, son­dern
auch ei­ne Ge­fahr lag. Sie war nichts als Trin­ken, wenn sie trank; nichts als
Lie­be, wenn sie lieb­te; nichts als Ver­zweif­lung, wenn sie ver­zwei­fel­te; und
nichts als Ver­ges­sen, wenn sie ver­gaß.
    Jo­an setz­te das Glas ab und lach­te plötz­lich. »Ra­vic«,
sag­te sie. »Ich weiß, was du ge­dacht hast.«
    »Wirk­lich?«
    »Ja. Du fühl­test dich schon halb ver­hei­ra­tet vor­hin. Ich
mich auch. Vor der Tür ver­las­sen zu wer­den, ist kein be­son­de­res Er­leb­nis. Noch
da­zu mit Ro­sen im Arm. Gott­lob war der Cal­va­dos da. Sei nicht so vor­sich­tig mit
der Fla­sche.«
    Ra­vic goß ein. »Du bist ei­ne groß­ar­ti­ge Per­son«, sag­te
er. »Es ist wahr. Drü­ben im Ba­de­zim­mer konn­te ich dich nicht be­son­ders
aus­ste­hen. Jetzt fin­de ich dich wun­der­bar. Sa­lu­te!«
    »Sa­lu­te!«
    Er trank sei­nen Cal­va­dos aus. »Es ist die zwei­te Nacht«,
sag­te er. »Sie ist ge­fähr­lich. Der Reiz des Un­be­kann­ten ist vor­bei, und der
Reiz des Ver­trau­ens ist noch nicht da. Wir wer­den sie über­ste­hen.«
    Jo­an setz­te ihr Glas nie­der. »Du scheinst ja ei­ne gan­ze
Men­ge dar­über zu wis­sen.«
    »Ich weiß gar nichts. Ich re­de nur. Man weiß nie et­was.
Al­les ist im­mer an­ders. Jetzt auch. Es ist nie die zwei­te Nacht. Es ist im­mer
die ers­te. Die zwei­te wä­re das En­de.«
    »Gott­lob! Wo­hin käme man sonst. In ir­gend et­was wie
Arith­me­tik. Und nun komm. Ich will noch nicht schla­fen. Ich will mit dir
trin­ken. Die Ster­ne ste­hen nackt da oben in der Käl­te. Wie leicht man friert,
wenn man al­lein ist! Auch wenn es heiß ist. Zu zwei­en nie.«
    »Zu zwei­en kann man so­gar er­frie­ren.«
    »Wir nicht.«
    »Na­tür­lich nicht«, sag­te Ra­vic, und sie sah im Dun­keln
den Aus­druck nicht, der über sein Ge­sicht flog. »Wir nicht.«

10
    10    »Was
war los mit mir, Ra­vic?« frag­te Ka­te Hegström.
    Sie lag in ih­rem Bett, et­was hoch­ge­scho­ben, mit zwei
Kis­sen un­ter dem Kopf. Das Zim­mer roch nach Eau de San­te und Par­füm. Das obe­re
Fens­ter war einen Spalt ge­öff­net. Die kla­re, et­was fros­ti­ge Luft von drau­ßen
kam her­ein und misch­te sich mit der Zim­mer­wär­me, als wä­re es nicht Ja­nu­ar,
son­dern schon April.
    »Sie ha­ben Fie­ber ge­habt, Ka­te. Ein paar Ta­ge. Dann ha­ben
Sie ge­schla­fen. Fast vier­und­zwan­zig Stun­den. Jetzt ist das Fie­ber vor­bei, und
al­les ist in Ord­nung. Wie füh­len Sie sich?«
    »Mü­de. Im­mer noch. Aber an­ders als vor­her. Nicht so
ver­krampft. Ich ha­be kaum Schmer­zen.«
    »Sie wer­den noch wel­che ha­ben. Nicht sehr viel, und wir
wer­den schon da­für sor­gen, daß Sie es aus­hal­ten kön­nen. Aber ganz so wie jetzt
wird es nicht blei­ben. Das wis­sen Sie ja selbst ...«
    Sie nick­te. »Ihr habt mich

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